Kopf in der Schlinge
mir zu geben. Jede Bewegung war eine Qual. Ich roch den Schweiß der Anspannung, wußte aber nicht, ob es seiner oder meiner war.
Sehen Sie? Das ist genau die Art von Augenblick, die ich gemeint habe. Da lag ich nun, mit dem Gesicht nach unten auf Cecilia Bodens schäbigem Flickenteppich, von einem Kerl, der mir mit massiver körperlicher Gewalt drohte, außer Gefecht gesetzt. Hätte ich diese bedauerliche Entwicklung an dem Tag vorausgesehen, als ich Carson City verließ, hätte ich etwas anderes gemacht: Ich hätte den Mietwagen abgegeben, wäre nach Hause geflogen und hätte keinen Gedanken mehr an einen Auftrag in Nota Lake verschwendet. Aber woher hätte ich das wissen sollen?
Unterdessen befanden sich der Eindringling und ich an einem toten Punkt, während er sich überlegte, was für eine Strafe er mir zukommen lassen sollte. Der Kerl würde mir weh tun, daran bestand kein Zweifel. Er hatte keinen Widerstand erwartet und war jetzt stocksauer, obwohl ich mich nur so jämmerlich gewehrt hatte. Er war überdreht, von Wut ganz berauscht und atmete schwer und heiser. Ich versuchte, mich zu entspannen und mich zugleich auf das Unvermeidliche einzustellen. Ich wartete auf einen Schlag auf den Kopf. Ich betete darum, daß auf der Liste seiner bevorzugten Waffen kein Taschenmesser oder eine halbautomatische Pistole stand. Wenn er mir den Kopf nach hinten riß, konnte er mir mit einem schnellen Schnitt die Kehle durchtrennen. Die Zeit stand auf eine beinahe erlösende Art still.
Ich bin kein großer Fan von Folter. Mir war schon immer klar, daß ich in einer schweren Zwangslage — vor der Wahl, sagen wir mal, einen glühenden Schürhaken ins Auge zu bekommen oder einen Freund zu verraten — meinen Kumpel hinhängen würde. Das ist ein weiterer Grund für mich, andere Menschen auf Distanz zu halten, da man mir offensichtlich kein Geheimnis anvertrauen kann. Unter den gegebenen Umständen hätte ich mit Sicherheit um Gnade gebeten, wenn ich zum Sprechen in der Lage gewesen wäre.
Feindseligkeit beflügelt. Erst einmal freigesetzt, macht Wut süchtig, und der Rausch ist zwar bitter, aber unwiderstehlich. Mein Angreifer wich halb von mir zurück und drosch mir sein Knie in den Brustkorb, so daß ich keine Luft mehr bekam. Er packte meinen rechten Zeigefinger und knickte ihn mit einer raschen Bewegung seitlich ab, so daß er mir den Finger am — wie ich später erfuhr — Interphalangealgelenk ausrenkte. Das Geräusch klang wie das hohle Knacken einer rohen Karotte, die in zwei Teile zerbrochen wird. Ich hörte mich einen hohen, rauhen Schreckenslaut ausstoßen, als er nach dem nächsten Finger griff und den Knöchel im Gelenk zur Seite klappte. Ich merkte, daß beide Finger nun in einem unnatürlichen Winkel zum Rest meiner Hand abstanden. Mein Angreifer versetzte mir erneut einen Tritt. Dann hörte ich ihn schwer atmen, während er über mir stand und auf mich herabstarrte.
Ich drückte mein Gesicht gegen den Teppich, atmete den Geruch feuchter, rußdurchtränkter Baumwollfasern ein und empfand absurde Dankbarkeit, als er mich nicht noch einmal trat. Eilig durchquerte er die Hütte. Ich hörte ihn hinter sich die Tür zuknallen und das gedämpfte Geräusch seiner Schritte, die immer leiser wurden. Ich lebte noch. Ich war verletzt. Höchste Zeit, aufzustehen, dachte ich.
Ich rollte mich auf den Rücken und umfaßte meinen rechten Arm. Ich merkte, wie meine Hände bebten und ich unwillkürlich leise stöhnte. Der Schweiß war mir ausgebrochen, und durch meinen Körper strömte so viel Hitze, daß ich fürchtete, mich übergeben zu müssen. Im gleichen Augenblick begann ich zu zittern. Ein vom Streß erzeugter Teil meiner selbst hatte sich von meinem restlichen Ich getrennt und schwebte in der Luft, so daß er die Situation kommentieren konnte, ohne meinen Schmerz und meine Erniedrigung teilen zu müssen.
Du mußt dir unbedingt Hilfe holen, riet er mir. Die Verletzungen bringen dich nicht um, aber der Schock womöglich doch. Erinnerst du dich an die Symptome? Puls und Atmung werden schneller. Der Blutdruck fällt. Schwäche, Lethargie und ein bißchen kalter Schweiß? Sagt dir das irgendwas?
Ich rang um Luft und meinen klaren Verstand, während mein Blickfeld heller und enger wurde. Ich war schon lange nicht mehr verletzt worden und hatte fast vergessen, was für ein Gefühl es war, vom Schmerz übermannt zu werden. Ich wußte, daß der Kerl mich auch hätte umbringen können, also hätte ich eigentlich froh sein
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