Kopf Unter Wasser
erhob Einspruch und wollte erklären, dass er nicht kündige, sondern eine Auszeit nehme, einen längeren unbezahlten Urlaub, doch sein Chef lieà ihn nicht ausreden.
Wie er ja selbst wisse, gingen seit einiger Zeit sowohl die Verkaufszahlen als auch die Anzahl der Abonnements kontinuierlich zurück, was naturgemäà einen Negativeffekt auf die Werbeerlöse habe. Auch ihre, die Berliner Redaktion habe an diesem Abwärtstrend nichts ändern können, gleichwohl sie dem Blatt enorme credibility bei der akademisch gebildeten Zielgruppe bis vierzig eingebracht habe. Das bestätige sogar die Konzernleitung, deren neuem rigiden Sparkurs man nichtsdestotrotz zum Opfer falle. Der langen Rede kurzer Sinn: Bis zum Frühjahr würden sämtliche Feste Freie gekündigt, was die faktische Auflösung der Redaktion bedeute. Lediglich er selbst, als ehemaliger Chefredakteur, behalte seinen Job, müsse sich aber ins Feuilleton des Stammhauses eingliedern lassen.
»Manchmal ist der Kapitalismus eben doch zum Kotzen«, sagte sein Chef. »Lass uns was essen gehen, Henry. â Und du weiÃt: Solange ich was zu sagen habe, werden deine Texte weiterhin bei uns erscheinen.«
11.
Toter Mann im Park â Fragen der Mordkommission
Pankow
# 1773
Nach dem Fund einer Männerleiche im Volkspark Friedrichshain vor zwei Wochen laufen die Ermittlungen von Mordkommission und Staatsanwaltschaft auf Hochtouren.
Inzwischen liegen erste Ergebnisse der Obduktion vor. Dabei haben die Rechtsmediziner eine schwere Verletzung in der Herzgegend festgestellt, die einige ungewöhnliche Merkmale aufweist, weshalb noch nicht abschlieÃend geklärt werden konnte, woher sie rührt.
AuÃerdem ist noch völlig unklar, was sich vor dem Tod des Mannes zugetragen hat. Die Ermittler hoffen, dass weitere Untersuchungen Aufschluss über die Todesursache geben.
Eine Passantin hatte den toten Jogger entdeckt. Die Umstände am Fundort lassen den Ermittlungserkenntnissen zufolge den Schluss zu, dass der Mann vor seinem Tod möglicherweise Opfer eines Ãberfalls geworden ist. So konnten nach bisherigen Feststellungen weder Papiere oder Geld noch Schlüssel bei dem Toten gefunden werden. AuÃerdem waren in seine Ohren weiÃe Kopfhörer gestöpselt, ein Gerät zum Abspielen von Musik konnte allerdings nicht entdeckt werden. Schürfwunden und eine Prellung im Gesicht deuten auf eine Auseinandersetzung im Vorfeld der Tötung hin.
Bislang ist das Opfer noch nicht identifiziert.
Der Mann ist ca. 35 Jahre alt, etwa 1 Meter 80 groà und 90 Kilogramm schwer. Er war bekleidet mit einem türkisfarbenen Jogginganzug der Firma »Adidas« sowie silberfarbenen Laufschuhen.
Im Zusammenhang mit dem Vorfall haben die Ermittler folgende Fragen:
Wer kennt den beschriebenen Mann?
Wo wird ein Mann, auf den diese Beschreibung passt, vermisst?
Der Meldung war ein kleines Foto des Toten angefügt, das auf dreifache GröÃe anwuchs, nachdem Henry es angeklickt hatte.
Der Tote hatte die Augen geöffnet und die Lippen leicht geschürzt. Sein Gesicht war von einem schwefligen Gelb, und es wirkte leicht verzogen, wie deformiert, was dem Umstand geschuldet schien, dass er liegend fotografiert worden war, vermutlich auf einer Bahre.
Henry sah es sofort: Der Tote war Peter. Und er kannte den lächerlichen Jogginganzug, von dem Peter behauptet hatte, es gebe ihn nur in einer limitierten Auflage. Er hatte ihn während eines Floridaurlaubs mit Cynthia gekauft, vor vier Jahren. Henry erinnerte sich noch sehr gut daran, wie Peter, bekleidet mit dem türkisfarbenen Ungetüm, in der Klinik aufgetaucht war, wo Birte gerade Johanna zur Welt gebracht hatte.
Es war früher Nachmittag, und Henry überlegte, ob er Cynthia anrufen sollte. Oder die Polizei. Er wog das Für und Wider so lange ab, bis es drauÃen dunkel geworden war. Er beschloss, sich am nächsten Morgen zu entscheiden. Bis dahin hätte ohnehin jemand aus der Kanzlei oder einer seiner anderen Freunde Peter identifiziert. SchlieÃlich wurde er vermisst.
Er ging runter zu dem Imbiss und fragte den Türken, ob er eine Flasche Raki anschreiben lassen könne. Der Türke musterte ihn abschätzig, obwohl Henry Stammkunde war, und verlangte schlieÃlich seine Armbanduhr als Pfand.
»Hallo, Nachbar!«, sagte Henry, reichte die Uhr über die Theke und nahm die Flasche.
In seiner Wohnung machte er den Schnaps
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