Kopfgeldjagd
erfolgreichen Großunternehmen. Wenn der Geschäftszweck dieser Unternehmen zudem etwas Nützliches darstellt, dann ist die emotionale Befriedigung umso höher. Mit diesen Aktivitäten ist ein sehr hohes Risiko verbunden. Üblicherweise ist die Zahl der Unternehmen, die scheitern oder unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielen, viel höher als die Zahl der erfolgreichen Unternehmen. Langfristig überwiegen jedoch die finanzielle und die emotionale Rendite.
JDate, das nach wie vor die größte jüdische Internetkontaktbörse weltweit ist, hat seit mehr als einem Jahrzehnt jedes Jahr viele tausend Ehen gestiftet. Als wir in das Unternehmen investierten, war es eine Million Dollar wert. Die bisher höchste Marktbewertung betrug mehr als 300 Millionen Dollar. Ich bot einem fast insolventen, aber wichtigen Impfstoffhersteller, ID Biomedical Systems, mit einem Marktwert von 17 Millionen Dollar, eine Notfinanzierung. Das Unternehmen überlebte, wurde profitabel und wurde von Glaxo für 1,7 Milliarden Dollar gekauft. Ich finanzierte und beriet NuRx Pharmaceutical und Mologen. NuRx entwickelt Retinoide zur Vorbeugung von Lungen- und Brustkrebs. Das Unternehmen ist brillant und hält eine Vielzahl an erstklassigen Patenten, wurde aber das Opfer von Missmanagement und ging fast pleite. Mologen konzentriert sich auf die Entwicklung neuer immunologischer Wirkstoffe und Therapieverfahren zur Bekämpfung von Krebs sowie auf die Entwicklung hochmoderner Impfstoffe zur Vorbeugung und Behandlung schwerer Infektionskrankheiten bei Menschen und Tieren. Das Unternehmen hat noch kein Produkt auf den Markt gebracht, aber die Aktie hat bisher gut abgeschnitten.
Zu meiner eigenen moralischen Befriedigung habe ich immer nach dem Heiligen Gral gesucht. Das sind Unternehmen, die das Leben möglichst vieler Menschen verbessern und mir gleichzeitig eine hohe Investmentrendite bieten. Das könnte Clinuvel sein, ein australisches Late-Stage-Biotechnologieunternehmen, dessen Errungenschaften in der Bekämpfung von Hautkrebs und der Weißfleckenkrankheit sich möglicherweise als revolutionär erweisen werden.
Meine Faszination für die menschliche Haut begann in Harvard. Während der Bewährungszeit, die mir in meinem ersten Studienjahr auferlegt wurde, weil ich mindestens sechs wichtige Universitätsregeln verletzt hatte, lautete eine der ernsteren Anforderungen, die ich erfüllen musste, dass ich in keinem meiner Kurse des dritten Semesters eine schlechtere Note als ein C erzielen durfte. Der Basketballvertrag, den ich mit einem professionellen Basketballklub in Deutschland hatte, verlangte, dass ich mindestens zweimal pro Monat zwischen Boston und Frankfurt pendeln musste, und das kollidierte oft mit den Halbjahres- und den Abschlussprüfungen.
Damals besuchte ich einen anspruchsvollen Kurs in Physik und Astronomie, der von einem der berühmtesten Astrophysiker unserer Zeit, Professor Eric Chaisson, Bestsellerautor und Pädagoge, gehalten wurde. Meine deutsche Mannschaft hatte soeben das Halbfinale der deutschen Basketballmeisterschaft erreicht und ich sollte exakt an dem Tag spielen, an dem die Halbjahresprüfung in Astrophysik stattfand. Nicht nur war ich vertraglich zur Teilnahme an dem Turnier verpflichtet, der Klub hatte uns zudem einen besonderen finanziellen Anreiz in Aussicht gestellt, falls wir den amtierenden deutschen Meister schlagen würden.
Ich bat um einen Sonderprüfungstermin mit der Begründung, meine Mutter sei kurz zuvor nach einem Selbstmordversuch in die Psychiatrie eingewiesen worden und habe ausdrücklich nach mir verlangt. Professor Chaisson akzeptierte diese Geschichte und meine Prüfung wurde auf den folgenden Mittwochmorgen verlegt, rund zehn Stunden nach meiner Rückkehr aus Frankfurt. Ich konnte während des Hin- und Rückflugs lernen, was vermutlich ausreichen würde. Es lief allerdings anders. Irgendwie hatte ich einen völligen Blackout, was den Mittwoch betraf, und dachte, die Prüfung fände am folgenden Tag statt. Chaissons Lehrassistent wartete im Prüfungsraum geschlagene zwei Stunden auf mich – vergeblich.
Am Freitag flehte ich Professor Chaisson an, er möge mir eine zweite Chance geben. Er war ein netter, freundlicher Mensch, aber er sagte: »Florian, du musst dein Studium und deine Termine ernst nehmen. Im echten Leben erhältst du selten eine zweite Chance. Und du bittest mich hier bereits um eine dritte. Es tut mir leid, aber für die Halbjahresprüfung gebe ich dir eine Null. Deine
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