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KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes

Titel: KopfKissenKino - Hinterhaeltig Unerwartetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Scholz
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Verteidiger konnte nicht begreifen, dass ich die Zusatzkarte "nicht im Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten" nicht ausspielen wollte.
    Ich hatte sie in meinem Leben oft genug gezogen und für meine Interessen einzusetzen gewusst. In diesem Falle wäre es mir einfach nur falsch vorgekommen. Durch den Streit mit Anita abgelenkt, hatte ich bei überhöhter Geschwindigkeit die Kontrolle über den Wagen verloren und dieser war auf den Bürgersteig ausgebrochen. Es gab einige, die verletzt und schockiert mit dem Leben davon kamen. Nur der eine Siebenjährige nicht, der auf der Treppenstufe vor einem Hauseingang saß und mit seinen Autos spielte, als ich ihn mittels meines Gefährtes in einen Sack aus Knochen und Blut verwandelte.
    Am ersten Verhandlungstag sah ich die Blicke seiner Eltern.
    Und ich wäre mir wie ein Feigling vorgekommen, dieser stummen Anklage durch ihre Blicke mittels eben der "geistigen Handicap-Karte" zu entschlüpfen.
    Mein früheres Leben war mir egal. Ich war bereit, Buße zu tun. Jeder hielt mich für verrückt.
    Bis auf die Eltern des Jungen – die wohl angenehm übe rrascht schienen, dass sich da jemand freiwillig aus dem Verkehr ziehen ließ, um selbigen mit seiner Teilnahme nicht weiterhin zu gefährden.
    Ich weiß, dass die Presse sich überschlug ob dieser Entwic klung. Ich habe nie mit ihr gesprochen – die Tatsache, dass in bestimmten Blättern Interviews mit mir abgedruckt wurden, hat mich überzeugt, dass man heute nahezu alles behaupten kann. Ich verstummte und suchte in mir nach etwas, das würdig wäre zu bewahren.
    Ich fand lange Zeit nichts.
    Erst als ich nach zehn Jahren auf die Zielgerade einbog und noch rund drei Jahre abzusitzen hatte, kam man auf die Idee mir das Geschenk der Bewährung aufzuerlegen.
    Da ich mich in meiner Zeit als pflegeleichter und ei nsichtiger Einsitzpatient hervorgetan hatte, exerzierte der Bewährungsausschuss an mir ein soziales Exempel.
    Und so bin ich nun seit zwei Wochen in Freiheit.
    Was ist Freiheit?
    Wenn man sich selber nicht vergeben kann, dann nützt es auch nichts , die Gitter vor den Fenstern wegzunehmen.
    Ich verbrachte die zwei Wochen hauptsächlich damit , mir die Stadt anzusehen. Zu registrieren, wie schnell alles in den letzten 10 Jahren geworden ist.
    Ich drücke mich beiseite, schaffe es nicht durch die Menschenmassen , weil irgendwo eine Stimme in meinem Kopf allgegenwärtig ist, die mir zuraunt: Alle wissen, was du getan hast.
    Was ich sehe , ist natürlich, dass es niemanden gibt, der dies weiß. Aber zwischen registrieren und akzeptieren liegt dieser überaus schmale Grat, der sich tief nach unten klüftet.
    Und so ziehe ich meine Runden  - durch die Stadt und durch mich.
    Allein.
    Und so will ich es haben.
    Und so starre ich nun auf die dreizehn Karten.
    Den Gedanken , der Familie des toten Jungen – Carsten hieß er; heute wäre er wohl mit der Schule fertig; knapp achtzehnjährig – zu schicken, verwarf ich sofort wieder als er sich nur zeigte.
    Jeder Mensch hat das Recht auf einen sauberen A bschluss. Ich hoffe, meine Form der Demut hat ihnen einen kleinen Rest Achtung vor dem Leben erhalten dürfen, das ich so unachtsam zerstört habe.
    Und wenn sie nach all der Zeit für sich eine Form des Fri edens gefunden haben mögen, so werde ich der Letzte sein, der ihnen das nimmt, indem er sich wieder in ihr Gedächtnis ruft.
    Andere Menschen , die mir lieb und teuer waren in diesem Leben davor, das mir nun fremd geworden ist, scheint es nicht zu geben.
    Der einzige , der wohl auf mich gewartet hätte, als sich die Tore für mich öffneten, wäre wohl mein Vater gewesen.
    Hätte – würde er noch leben.
    Die gesamte Zeit des Prozesses war er derjenige, der zu mir gehalten hatte. Gegen jede Anfeindung, jedes böse Wort, jeden noch so negativen Artikel der Presse.
    Als er meine Entscheidung hörte, erhaschte ich se inen Blick.
    Und ich sah Stolz. Beinah mein ganzes Leben lang hatte ich ihn enttäuscht – aber letztendlich dann wohl doch verstanden, worauf es ankam. Als ich meinen Gang in die Haftanstalt antrat, war er da und umarmte mich. Entgegen all der Häme und den Beleidigungen der Schaulustigen. Mit hocherhobenem Kopf ging er von dannen.
    Man fand ihn drei Tage später in seinem Bett. Zu di esem Zeitpunkt war er wohl schon 48 Stunden tot.
    Er schien einfach eingeschlafen zu sein.
    Doch ich wusste es besser: ich hatte sein Herz gebrochen und das notdürftige Pflaster, das ich ihm mit meiner Entscheidung geschenkt hatte, kam

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