KOR (German Edition)
Exemplar, das wir grob untersucht haben. Jeder der Steine ist mit einer Rune beschri f tet.“
Arnold kniff seine Augen zusammen. „Eine Art primitiver Abwehrzauber?“
„Wahrscheinlich dienten die meisten Runen dazu, Besitzansprüche zu ve r merken oder einfache Beziehungen auszudrücken. In den skandinavischen Ländern findet man häufig Runeninschriften, die einen magischen Zweck beinhalten. Darunter fallen auch magische Bannsprüche, die Däm o nen und böse Geister fernhalten sollen.“
„Heißt das, dass diese Steine von irgendwelchen Wikingern stammen?“, schmunzelte Arnold.
„Die Runen auf den Steinen können durchaus nordeuropäisch sein. Über die Entwicklung der Runen weiß man so gut wie nichts. Eine Theorie besagt, dass diese Schriftart ursprünglich von den Phöniziern herrührt. Diese Runen hier ähneln germanischen und skandinavischen Runen nur oberflächlich. Dennoch bleibe ich bei meiner Meinung, dass sie aus einer Zeit bis alle r höchstens fünfhundert nach Christus stammen.“
„Wikinger als auch Phönizier dienen bis heute als Beispiele klassischer Se e fahrervölker. Allerdings verwendeten die Phönizier eher eine Art Keilschrift, die mit den europäischen Runen nicht identisch ist“, nahm Chad den Faden auf.
Simon stützte sich an der Leiter ab. „Jetzt bringen Sie mich gleich wieder zum Lachen. Wikinger. Glauben Sie allen Ernstes, dass diese Leute mit ihren Segelschiffen bis zum Südpol und danach zu Fuß bis hierher gewandert sind?“
Yui runzelte die Stirn. „Die Wikinger besaßen hochseetaugliche Schiffe. Man weiß von ihnen, dass sie bis nach Amerika gesegelt sind. Wahrscheinlich besaßen sie im antiken Palästina eine Kolonie. Es gibt Annahmen darüber, dass sie entlang der afrikanischen Küste weiter nach Süden vordrangen. Mö g licherweise umrundeten sie sogar das Kap der Guten Hoffnung, durchque r ten den Pazifischen Ozean und gelangten bis nach Indien oder China. Vie l leicht aber fuhren sie auch noch weiter nach Süden und erreichten den an t arktischen Kontinent. Sie waren Entdecker. Es wäre ihnen durchaus zuzum u ten. Außerdem existierten bereits im antiken Mittelmeerraum Theorien da r über, dass es ganz im Süden eine gewaltige Landmasse geben müsse. Durch den Handel mit dieser Region könnte diese Theorie zu den Wikingern gelangt sein.“
„Und wenn es sich nun um Phönizier handelt?“, stichelte Simon.
„Dann hätten wir ein ganz ähnliches Ergebnis“, antwortete Chad . „Es ist damals durchaus möglich gewesen, gewaltige Entfernungen zurückzulegen. Manche Soziologen sind noch immer der Meinung, dass es Globalisierung erst seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts gibt. Völliger Blödsinn. Bereits in antiken Zeiten herrschte ein reges Hin und Her zwischen den Vö l kern und Kulturen.“
Simon deutete auf den Steinkreis. „Das ist alles Spekulation. Wichtig wäre es, zu wissen, was die Runen bedeuten. Und ich wette, keiner von euch kann auch nur ansatzweise die Schriftzeichen übersetzen.“
„Doch, können wir!“
Alle hoben erstaunt ihre Gesichter.
Maggie winkte ihnen vom Rand der Grube aus zu.
*
Die Ärztin führte die kleine Gruppe zurück zu den Schreibtischen. „Ich habe mir ein paar der Dateien auf den Laptops angesehen. Die Wissenschaftler haben Videodateien angelegt, auf denen sie ihre Funde beschreiben. Unter anderem referiert ein gewisser Georg Ritter über die Runen.“
„Was beinhalten die übrigen Dateien?“, fragte Chad .
„Es gibt drei Videoaufnahmen. Sagen wir einmal so, sie behandeln nicht gerade dasselbe Thema.“
Julia Whitehead saß bereits an einem der Tische. Ihre ausdruckslose Miene gab keinen Aufschluss darüber, ob sie sich gerade in einem ansprechbaren Zustand befand oder ob man sie besser in Ruhe lassen sollte.
Simon setzte sich auf dem Stuhl direkt neben sie. „Jetzt bin ich aber g e spannt.“
Julia nahm von seinem Kommunikationsversuch keine Notiz.
Nachdem sich alle um den Laptop versammelt hatten, klickte Maggie auf eine der Videodateien. „Das ist die Datei von Professor Ritter.“
Auf dem Bildschirm erschien der Kopf eines älteren Mannes, der mit m ü den, blutunterlaufenen Augen in die Kamera blickte. Er hatte schütteres, graues Haar, durch das seine Kopfhaut schimmerte. Der untere Bildrand zeigte den Kragen eines graubraunen Hemdes. Seine Stimme besaß einen zwar trockenen, dennoch klaren Klang. „Mein Name ist Georg Ritter. Ich bin Professor für Archäologie an der Universität
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