KOR (German Edition)
einzusehen. Bei meinen Forschungen stieß ich auf einen weiteren Bericht, der bis he u te von einer Unterabteilung des russischen FSB geheim gehalten wird. Diese Abte i lung beschäftigt sich ausschließlich mit außergewöhnlichen Phänom e nen und Artefakten. Demnach soll es während des zweiwöchigen Aufenthalts an di e sem Ort Zwischenfälle gegeben haben, bei denen zwei Menschen ums Leben kamen und einer dem Wahnsinn verfiel. Nach seiner Rückkehr beric h tete Tolstikov von einer nicht genauer zu definierenden Kraft, die ihn und seine Mannschaft heimgesucht hätte. Er sprach von unheimlichen Visionen und Ereignissen wie unerklärliche Lichter, Stimmen, die aus dem Nichts k a men, und dergleichen mehr. Während der Dauer der Expedition entdeckte er ein metallisches Glitzern mitten im Schnee. Zunächst hielt er es für Gold. Doch dann vermutete er, dass es sich um einen künstlichen Körper handelte. Die Mannschaft ließ ihre eigentlichen Forschungsaufgaben liegen und beschäfti g te sich darauf nur noch mit dem Ausgraben des Objekts. Sie legten eine Art Skulptur oder Fossil frei, deren Beschaffenheit nicht geklärt werden konnte. Genauso wenig konnte die Frage beantwortet werden, wie dieses Artefakt oder dieses Fossil hierher kam. Sie gruben mehr als vier Meter in die Tiefe, bevor sie auf eine Felsmasse stießen. Das Objekt ragte aus einer krei s runden, vier Meter tiefen Grube, die auch noch von Schnee und Eis befreit werden musste. Insgesamt also betrug die Höhe des Objekts über acht Meter. Tolstikov beschreibt, dass die Zwischenfälle und Phänomene im Laufe der Ausgrabung stärker wurden. Schließlich entschied er sich, den Ort zu verla s sen. Eine zweite Expedition wurde ins Leben gerufen. Experten der Abte i lung sahen in den beschriebenen Phänomenen die Auswirkungen von unb e kannten Stra h len. Man beschloss, um das Objekt einen Container aus Blei zu errichten. Die Forschungen sollten innerhalb des Containers stattfinden. Es gab erneut Opfer. Nach einer dritten Expedition, die ebenfalls keine brauc h baren Erkenntnisse liefern konnte, wurde der Container versiegelt und ve r sank mit den Jahren im Schnee.“
Nach einer weiteren Pause fuhr Allan fort: „Ein Freund, der früher in der Abteilung arbeitete, leitete mir den Bericht weiter. Er teilte mir mit, dass noch immer ein sehr großes Interesse daran bestehe, das Objekt zu untersuchen. Insgeheim erhoffe man sich, Informationen für neuartige Waffen zu erhalten, die Gegner nicht töten, sondern in psychische Wracks verwandeln. Dieser Gedanke ist für mich nicht nachvollziehbar. Entscheidend ist, dass mein Freund Kontakte knüpfte, die dazu führten, dass ich eine eigene Station e r richten und Forschungen durchführen kann. Aus diesem Grund existiert KOR.“
Maggie zögerte, die dritte Datei zu öffnen.
„Zeigen Sie es ihnen!“, fuhr Julia sie an. „Machen Sie schon!“
„Es ist nur so, dass …“
Julia griff nach der Maus und öffnete damit die dritte Videobotschaft.
Das Gesicht eines bleichen Mannes. Aus seinem offenen Mund dringt ein lautes, schnelles Keuchen. Kinn und Wangen bedeckt ein Dreitagebart. Seine dunkel umrandeten Augen starren unkontrolliert in die Kamera. Er versucht, Wörter zu artikulieren, bringt aber nur unverständliche Laute hervor. Plöt z lich, als würde er seinen Widerwillen präsentieren wollen , ziehen sich seine Mundwinkel übertrieben nach unten.
Mit brutaler Wucht stieß sich der Mann zwei Messer in die Augen. Ein en t setzlicher Schrei gellte aus seiner Kehle, während dunkles Blut über seine Wangen floss. Bevor die Aufnahme endete, kreischte er: „Ich kann sehen! Ich kann sehen!“
*
Jeffrey Norton fiel.
Er stürzte beinahe zwei Meter tief, bevor er mit seinem Rücken auf eine Tischplatte knallte. Eine Lampe und ein Behälter mit Kugelschreibern sche p perten zu Boden. Über ihm klaffte die rechteckige Öffnung des Lüftung s schachts.
Etwas füllte die Lücke aus.
Er hätte ihn beinahe erwischt. Wie ein kalter, klebriger Hauch hatte er seine Waden berührt, bevor Norton kopfüber durch die Öffnung geschlüpft war.
Nun lag er leicht benommen auf der Tischplatte, während sich über ihm dieser seltsame Mann befand.
Er lauerte dort oben. Wieso stieg er nicht herunter?
Der Mann dort oben bewegte sich. Norton s Augen weitete n sich erschr o cken . Doch der Mann entfernte sich von der Öffnung. Das Schleifen, das seine Bewegungen verursachte, wurde leiser.
Jeffrey Norton stieß erleichtert Luft aus.
Weitere Kostenlose Bücher