Korsar meiner Träume
mehr, als bloß um einen Ballabend, um Geld zu sammeln, damit das Waisenhaus reibungslos funktionieren konnte. Nicht, dass Claire nicht auch hätte alleine dafür sorgen können, aber es gab noch andere reiche Leute auf der Insel, und es war an der Zeit, dass sie den weniger Glücklichen halfen. Es war an der Zeit, dass sie zahlten.
»Vielen Dank, Marie. Es sieht alles wunderbar aus.«
Nickend ging die Frau und huschte in die Küche. Claire sah sich noch einmal um. Sie presste sich die Hand auf den Bauch. Heute Abend. Letzten Endes kam alles auf diesen Abend an.
Draußen hielt sie inne, um das Schild zu betrachten, das an einer schwarzen Eisenstange hing. Sie hatte den örtlichen Hufschmied damit beauftragt, es zu machen. Obwohl auch Alicia es hätte machen können, war es schneller und einfacher gewesen – der örtliche Hufschmied kannte Nate schließlich nicht – es hier schmieden zu lassen. Das Schild schaukelte in der Brise ein wenig hin und her.
Vincents Haus – wo alle willkommen sind
»Er hätte es geliebt.«
Claire wirbelte herum. Ihr Herz verkrampfte sich, als ihr Blick auf Nate fiel. Er war hier. Wie konnte das bloß sein?
»Nate.«
Er deutete mit seiner großen Hand auf das Schild.
»Ich hätte dir dabei geholfen, wenn ich davon gewusst hätte.«
»Ich weiß«, antwortete sie, denn daran hatte sie nie gezweifelt. »Es war etwas, was ich tun musste.« Sie zuckte die Achseln.
»Es war das Mindeste, was ich tun konnte.«
»Er hat dir nicht die Schuld gegeben. Ich habe dir nicht die Schuld gegeben. Keiner von uns hat es getan.«
Auch das war ihr erst auf dem Schiff klar geworden. Es war leichter gewesen, das Schlimmste anzunehmen, denn dann musste sich ihr Herz nicht so sehr darauf einlassen. Aber als sie nun seine sanften grünen Augen erblickte, als sie sah, wie der Wind mit seinen Haaren spielte und sie den dunklen Klang seiner Stimme hörte, da wusste sie, es war zu spät. Ihr Herz hatte sich bereits so sehr darauf eingelassen, wie es nur möglich war.
»Das musstest du gar nicht. Ich habe mich schon genug für uns alle damit herumgeplagt.«
Er legte den Kopf schief.
»Und jetzt?«
»Ich arbeite daran, endlich zu akzeptieren, dass manche Dinge ganz einfach vorbestimmt sind.«
Sie sah die Veränderung in seinen Augen sofort. Und spürte, wie ihr Herz einen Satz machte.
»Würde das auch dich und mich einschließen?«
Ihr stockte der Atem, und sie musste sich daran erinnern, wieder Luft zu holen.
»Auch daran arbeite ich.«
Sein Lächeln war das Schönste, was Claire jemals gesehen hatte. Sie hatte es vermisst. Sie hatte ihn vermisst. Genug, um zu wissen, was zu tun war. Genug, um bereit zu sein, es auch dann zu tun, wenn ihr vor Angst ein Zittern über die Haut lief.
»Bevor wir hier weitermachen, Nate, da gibt es noch etwas, was ich erledigen muss.«
Er riss sich zusammen. Sie sah es am Zusammenpressen seiner Lippen und dem enttäuschten Flackern in den Augen. Er rieb sich mit den Händen übers Gesicht und ließ diese dann sinken.
Sie nahm eine davon zwischen ihre Hände und presste sie auf ihr Herz.
»Ich könnte deine Hilfe gebrauchen. Komm mit mir mit, und ich werde es dir erklären.«
Auf den Tischen flackerten Kerzen. Sanfte Musik wehte durch den Raum. Frauen in extravaganten Kleidern wurden von ihren ebenfalls elegant gekleideten Tanzpartnern herumgewirbelt. Für eine Nacht, diese eine Nacht, waren keine Kinder anwesend. Nur Geschäftsleute. Reiche Geschäftsleute. Besonders einem, der einen dunkelbraunen Anzug trug, galt Claires Interesse. Ihrem zukünftigen Ex-Ehemann Quinn Litton. Während der Dunst von Wein und Brandy durch den Raum wehte, beobachtete Claire ihn.
Sie tanzte mit denjenigen, mit denen getanzt werden musste, damit mehr Geld für das Waisenhaus gespendet wurde. Ihr Lächeln war aufrichtig und ihr Lachen sanft. Als ihr Kleid beim Tanzen über den Fußboden wischte, da gab es keine Spur mehr von jener Claire, die im Wald gelebt und nichts besessen hatte. Aber tief in ihrem Innern, wo ihr Herz ungeduldig auf Vergeltung wartete, da lauerte jene Claire mit angehaltenem Atem.
Als Litton sich bei dem Mann entschuldigte, mit dem er gerade sprach, da lehnte Claire freundlich eine weitere Aufforderung zum Tanz ab und folgte Litton hinaus in den Garten.
Ebenso wie im Hausinneren, war auch draußen alles sauber gemacht und gepflegt worden. Rote, gelbe und rosafarbene Blumen wuchsen in Töpfen, die man um den Hof herum aufgestellt hatte. Laternen
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