Korsar und Kavalier
wichtig, Christian davon in Kenntnis zu setzen.
„Sie sieht viel zu jung aus, um Witwe zu sein.“
„Das Licht war nicht gut. Sie ist älter, als sie aussieht.“ „Das sind die besten“, erklärte Christian mit nachdenklichem Nicken. Tristans wachsenden Zorn schien er nicht zu bemerken. „Nicht zu jung und Witwe. Genug Erfahrung, um das ganze schüchterne Gehabe hinter sich gelassen zu haben, das ich so verabscheue. Und doch noch attraktiv genug, um einen in den Bann zu schlagen.“
„Wir sollten über etwas anderes sprechen.“
„Warum?“
„Weil ich nicht mit dir über sie sprechen möchte.“
„Hm“, meinte Christian und presste nachdenklich die Lippen aufeinander. „Interessierst du dich für sie?“
„Sie bringt mich ständig auf die Palme.“ Das zumindest entsprach der Wahrheit. Wenn sie ihn nicht dazu brachte, sich vor Lust nach ihr zu verzehren, machte sie ihn tatsächlich immer wieder schrecklich wütend. Das konnte sie überhaupt am besten. „Gestern Abend war ich mit ihr auf einer Dinnergesellschaft. Als du uns überfallen hast, waren wir auf dem Rückweg. “
„Wie entzückend. Wurde dort auch getanzt? Ich kann die Quadrille.“
„Woher solltest du die wohl können?“
Christian lächelte selbstgefällig. Dieses Lächeln erinnerte Tristan an viele gemeinsame Abenteuer: vom Frosch im Bett ihres Hauslehrers bis zum Plan, wie den wachsamen Augen ihrer Mutter zu entkommen sei, um mit den Dorfjungen zu spielen.
Doch das war lange her. Tristan fragte sich, wer sein Bruder jetzt in Wirklichkeit war. „Ich habe gestern Abend manchmal befürchtet, dass du mich ernsthaft umbringen willst.“
Christian sah ihn ernst an. „Ich bin kein Mörder.“
„Das hat Reeves mir auch erzählt.“
„Bis jetzt habe ich noch niemanden getötet.“ Ein kaum merkliches Lächeln spielte um seine Mundwinkel. „Aber der Tag wird kommen, da bin ich mir sicher.“
Tristan zuckte mit den Schultern und rückte sein Bein ein wenig zur Seite, damit der Stuhl nicht dagegendrückte. „Das kann ich von mir nicht behaupten. Ich habe in vielen Seeschlachten gekämpft und mehr Menschen getötet, als ich zählen kann. “
Christians grüne Augen wurden dunkel. „Macht dir das zu schaffen?“
„Ein bisschen. Manche von ihnen haben nur für ihr Land gekämpft, wie ich. Bei ihnen ist es mir schwergefallen.“ „Kann ich mir vorstellen.“ Christian hob die Hand, um das Schankmädchen auf seinen leeren Krug aufmerksam zu machen. Dabei zuckte er vor Schmerz zusammen.
Tristan runzelte die Stirn. „Du solltest im Bett liegen.“ „Unsinn. Ist doch nur eine Fleischwunde.“
„Es hat ausgereicht, um dich umzuwerfen.“ Tristan warf es schon um, Prudence nur zu kennen. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und fragte sich, warum er sich so leer fühlte.
Christians Augen leuchteten bewundernd auf. „Du weißt den Degen sicher zu führen, mein Bruder. Ich werde wahrlich nicht oft besiegt.“
„Ich habe dich nicht besiegt. Ich habe mich abgemüht, länger durchzuhalten als du, und es ist mir nicht gelungen. Gott sei Dank hat Prudence diese Pistole gefunden ... was, zum Teufel, gibt es da zu lachen?“
„Prudence? Die Dame heißt Prudence? Prudence wie in Prudentia? Die Umsichtige?“
„In der Tat.“
„Das ist ja köstlich!“
Das war es in der Tat. „Ja, ich kenne auch keine Frau, die noch weniger umsichtig wäre als sie ... “
„Sie hat sich nicht einmal, sondern gleich zweimal ins Getümmel geworfen, nur um dich zu retten. Und es ist ihr ja auch gelungen.“ Christian betrachtete seinen Bruder einen Augenblick. „Sie scheint zu glauben, dass du es wert bist. Aber ich ja auch. Tristan ... ich bin froh, dich zu sehen.“ Christians Stimme klang ein winziges bisschen belegt. Tristan streckte die Hand aus und packte Christian am Arm. „Ich habe dich nie vergessen. Nie. Als ich dich damals aus dem Fenster stoßen musste ... “ Er konnte den Satz nicht beenden.
Christian drückte den Arm seines Bruders so fest, dass es ihnen beiden wehtat. Dann gab er ihn mit einem verlegenen Lächeln wieder frei und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. „Sand in den Augen“, brummte er.
„Ja, ich auch.“ Tristan räusperte sich. „Hast du dich verletzt, als ich dich gestoßen habe? Deswegen habe ich mir immer Sorgen gemacht. “
„Ich dachte, dass ich mir den Arm gebrochen hätte, aber er war nur verstaucht. Tris, wir haben wirklich unglaubliches Glück. Der Earl war ein entsetzlicher Vater,
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