Korsar und Kavalier
ich die Treuhänder davon überzeugen kann, dass ich ein würdiger Nachfolger des Earls bin -, dann bekomme ich Zugang zu dem ganzen Vermögen, nicht wahr?“
„Ja.“
Tristan blickte auf seine Männer. Ein spontaner Ausbruch von Gelächter am Tisch bestärkte ihn in seiner Entschlossenheit. „Dann mache ich es.“ Er verzog den Mund. „Ich hatte keine Ahnung, dass der alte Hund so reich war. Dass er wohlhabend war, wusste ich, aber die Summen, von denen im Testament die Rede ist ... ich war wirklich überrascht. Man möchte meinen, dass er ein paar Pennys hätte erübrigen können, als man ihn um Beistand bat.“ Zum Beispiel damals, als Tristans Mutter im Gefängnis schmachtete.
In Reeves’ Miene zeigte sich Verständnis. „Ihr Vater ... Verzeihung, Mylord. Der verstorbene Earl. Er war ein widersprüchlicher Mensch, merkwürdig großzügig jenen gegenüber, die für ihn arbeiteten, seinen eigenen Verwandten gegenüber jedoch ziemlich geizig.“
„Er war ein selbstsüchtiger Hund.“
„Ja, das war er. Er hat aber auch immer sehr bedauert, dass er Ihnen nicht zu Hilfe kommen konnte, als Sie ihn darum baten.“
„Nicht konnte?“
„Er war zu der Zeit außer Landes und bekam die Nachricht von der misslichen Lage Ihrer Mutter erst, als es bereits zu spät war. Der Earl war über die Ereignisse sehr bekümmert.“
Tristan biss die Zähne zusammen. „Ich werde Ihnen nicht erzählen, was ich wegen der Geschichte mit meiner Mutter durchgemacht habe. Und wie sehr Christian gelitten hat, weiß ich noch gar nicht, aber das alles hätte überhaupt nicht zu passieren brauchen.“ Tristan hasste die Bitterkeit in seiner Stimme, nur war er machtlos dagegen. „Mein Vater hat sich kein bisschen um uns gekümmert. Hätte er es getan, dann hätte er rechtzeitig erfahren, dass etwas nicht in Ordnung war.“
Glücklicherweise versuchte Reeves ihm nicht einzureden, dass dies nicht stimmte. Der Butler nickte nur. Auf seinem Gesicht zeigte sich Verständnis.
„Doch das soll meiner Bewerbung um das Vermögen nicht im Weg stehen“, erklärte Tristan schließlich. Er umfasste seinen Stock fester und stützte sich darauf, als ihm ein dumpfer Schmerz durch das Bein schoss. Er war viel zu viel auf den Beinen, morgen würde er dafür teuer bezahlen müssen. „Wo fangen wir an? Was genau muss ich tun, um die Gunst der Stutzer zu erringen, die mein Vater zu Treuhändern ernannt hat?“
Ein widerstrebendes Lächeln spielte um den Mund des Butlers. „Woher wollen Sie denn wissen, dass es Stutzer sind?“
Tristan sah Reeves an. „Nach dem wenigen, was ich über meinen Vater weiß, war ihm die Mode wichtiger als alles andere auf dieser Welt.“
„Ah, ich verstehe, wie Sie darauf kommen, und Sie haben auch recht: Die Treuhänder zeichnen sich nicht unbedingt durch ihre überragende Intelligenz aus. Ihnen wird es mehr um Ihr Benehmen als um Ihren Charakter gehen.“
„Habe ich es mir doch gedacht.“
Der Butler schürzte die Lippen. „Vielleicht könnten Sie in Erwägung ziehen, ein paar Stunden Benimmunterricht zu nehmen, und eine neue Garderobe würde sich ebenfalls anbieten. Das Übliche eben, was ein Mann braucht, wenn er einen fashionablen Haushalt gründet.“
Was für eine Zeitverschwendung. „Schade, dass ich mich nicht in diesem verfluchten Seminar anmelden kann, das Mrs. Thistlewaite gründen möchte. Vermutlich kennt sie sich mit all diesem Unsinn bestens aus!“
Reeves hob langsam die Brauen. „Was sagen Sie da, Mylord?“
„Ich sagte, schade, dass ich mich nicht ...“ Tristan entdeckte das Funkeln in den Augen des Butlers. „Nein, daran dürfen Sie nicht einmal denken! Ich habe doch nur Spaß gemacht.“
„Mylord, vielleicht verstehen Sie nicht ganz. Uns bleibt nur noch ein Monat Zeit, ehe die Treuhänder kommen, um Sie zu begutachten. Stevens hat mir bereits von Mrs. Thistlewaite und ihren Plänen erzählt. Es könnte genau das Richtige sein ... genau das Richtige.“
Die ganze Idee war grotesk. „Mrs. Thistlewaite als Benimmlehrerin zu engagieren ist ja wohl..."
„Als Benimmlehrerin! Ja, das wäre genau das Richtige. Eine hervorragende Idee!“, meinte Reeves und nickte. Seine Miene wurde immer lebhafter. „Mrs. Thistlewaite könnte Ihnen da tatsächlich eine Hilfe sein, gegen ein kleines Honorar natürlich. Für Sie wäre es genau richtig, und ich hätte dann Zeit, mich der Schulung Ihrer Männer zu widmen. Ein Mann steht und fällt mit der Qualität seiner Dienstboten.“
Tristan tat
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