Kosaken Liebe
gut ausgebildete Kosaken ihr Reich aus Handel und Geld verloren war.
»Nikita Stroganow hat recht«, sagte Jermak mit langsamer, schwerer Zunge. Es war doch sehr schwer, die Wahrheit einzusehen. »Sibirien erreichen wir nur über die Flüsse! Mit unseren Pferden kommen wir nie durchs Gebirge, nicht über den Ural … Das ist ein Felsriegel des Satans!«
»Gott wird helfen!« sagte der greise Semjon fromm. »Ihr werdet hinter gestickten Fahnen mit den Bildern der Mutter Gottes und der Heiligen ins Unbekannte ziehen.«
»Und unsere Beute?« fragte Muschkow hartnäckig.
»Alles, was ihr wegtragen könnt!« Semjon Stroganow faltete die Hände über seinem Mönchsgewand. »Eure Ausrüstung hat uns zwanzigtausend Goldrubel gekostet, die hat nicht einmal der Zar zur Verfügung für seine Truppen! Ihr seid die beste Armee der Welt!«
7
Es dauerte zwei Wochen, bis sich Jermaks Leute damit abgefunden hatten, daß sie nicht nach Sibirien reiten sollten. Sie standen am Ufer der Kama, betrachteten die breiten, flachen und leichten Boote, eine geniale Konstruktion deutscher Bootsbauer, fluchten und verwünschten die Stroganows. Und dann setzte Jermak sogar Übungen an, exerzierte das Tragen der Boote auf Rundhölzern, die man über die Schulter legte und fand dabei heraus, daß es am besten war, wenn alle Bootsträger gleich groß waren und den gleichen Schritt hatten. Es schwankte dann am wenigsten. Das Geschrei war groß, als Jermak begann, den ›deutschen Schritt‹ einzuüben.
Auch Alexander Grigorjewitsch Lupin, der Pferdearzt der Stroganows, rüstete sich zum Aufbruch. Er hatte die schwere Aufgabe, den Kosaken zu erklären, er müsse mit der Truppe ziehen, weil es nötig sei. Ein Pferdearzt, wo es keine Pferde gibt! Schließlich gelang ihm sein Vorhaben aber doch, indem er darauf hinwies, daß er auch Menschen behandeln und kurieren könne. Und auf welchem Kriegszug wurden keine Feldschere mitgenommen?
Der Mann, der am meisten beschäftigt war und dabei abnahm an Fleisch und Kraft, als zerstöre ihn die Auszehrung, war Oleg Wassiljewitsch Kulakow, der Kosakenpope. Bei ihm lieferten die fleißigen Stroganowschen Näherinnen die Fahnen mit den Heiligenbildern, der Mutter Gottes und dem Christuskopf ab. Meisterwerke der Stickkunst, unter vielen Tränen Stich für Stich entstanden … Aber man weinte nicht um die schwere Arbeit, sondern um die Kosaken, die heimlich nun auch in die Scheunen und Häuser schlichen und ihre eigenen Kunstfertigkeiten den Näherinnen beibrachten. In einundeinhalb Jahren kennt man hundert verschwiegene Wege, die zu einem Ziel führen. Und sonntags fand ja die Aussegnung statt …
Der Kosakenpope nahm die fertigen Fahnen ab, begutachtete sie und die dazugehörigen Weißnäherinnen mit strengem Blick, und gefiel ihm eine Fahne besonders gut – oder auch die Näherin –, beschloß er, sie sofort zu segnen. Das hält auch ein Pope nicht aus, und Kulakow beklagte sich bei Jermak, daß die Stroganows mehr Fahnen sticken ließen, als vielleicht Männer da waren, um sie zu tragen.
»Für jede Fünfzigschaft eine Fahne!« befahl Jermak. »Wir kämpfen im Namen der Christenheit, Väterchen.«
»O Gott!« Der Pope schlug die Hände zusammen, zerwühlte seinen Bart und verließ Jermaks Haus. Einen Tag lang segnete er keine Fahnen, sondern saß am Ufer der Kama und erholte sich. Als er am nächsten Tag die Kirchentür öffnete und sieben Fahnen mit sieben hübschen, jungen Näherinnen ehrfürchtig in den heiligen Raum traten, hob er den Blick gen Himmel. »Herr …«, sagte er. »Es muß Märtyrer geben, ich weiß es! Mache mein Herz und alles andere stark …«
Auch für Muschkow und Marina Alexandrowna gab es einige Schwierigkeiten. Obwohl – oder gerade, weil er Marina liebte, sagte Muschkow entgegen aller Vernunft: »Du bleibst hier! Du ziehst nicht mit nach Sibirien! Ich lasse es nicht zu!«
Und sie antwortete ebenso fest: »Ich bin Jermaks Adjutant. Außerdem – du gehst doch auch?«
»Ich bin ein Mann!« rief Iwan Matwejewitsch.
Das hätte er nicht sagen dürfen. Sie lachte ihn an, ihre Grübchen tanzten auf den Wangen, ihre blauen Augen blitzten. Muschkow wußte genau, warum sie lachte, und knirschte mit den Zähnen.
»Du bist gegen das Töten!« schrie er. »Aber wir ziehen aus, um zu töten!«
»Ich weiß es, Iwan Matwejewitsch. Deshalb komme ich mit. Ich will verhindern, daß du tötest!«
»Willst du mich jedesmal aus dem Sattel stoßen?«
»Wenn es keine andere Möglichkeit
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