Kosaken Liebe
Karten, die ihnen die Stroganows mitgegeben hatten. Sie waren von den besten Kartographen gezeichnet und doch so unvollkommen, wie eben die Kenntnis von diesem Land war. Man wußte nur eins: Hier gab es den alten Sibirischen Weg, den die Mönche und Jäger schon gegangen waren, die ›Serebrjanka‹. Es war ein Pfad, der sich um Felsnasen herumwand, durch kleine Schluchten führte, unter überhängenden Felsen, an Abgründen vorbei … der Weg nach Norden, wo irgendwo ein Felsentor in die Weite Sibiriens führen sollte. Und das alles mußte man überwinden, mit den Booten auf dem Rücken!
An diesem Abend, als Jermaks Truppen ein neues Lager bauten, und sie bauten es so aus, daß es schon fast eine kleine Festung war, trafen sich Iwan Matwejewitsch Muschkow und Alexander Grigorjewitsch Lupin beim Schleppen von dicken Felsbrocken. Sie gingen nebeneinander, jeder einen riesigen Stein auf der Schulter, und ächzten unter der Last.
»Sag mal, Alterchen!« keuchte Muschkow und schielte Lupin an. »Bist du nicht der Vater unseres Adjutanten Boris Stepanowitsch?«
»Der bin ich«, erwiderte Lupin.
»Dachte ich mir's doch! Steht immer bei dir, und einmal bin ich euch nachgeschlichen und habe euch belauscht. Die Eifersucht hat mich zerfressen. Und was höre ich da? ›Väterchen‹, sagt sie zu dir. Das will zwar nichts bedeuten, denn mich nennt sie Alterchen – mich, einen Mann von dreißig Jahren … Aber es beruhigt mich, daß du ihr Vater bist.«
»Und du bist ihr Geliebter«, sagte Lupin. Es kam ihm schwer über die Lippen, man kann's glauben.
»Wäre ich das!« seufzte Muschkow sehnsuchtsvoll, warf den Felsstein weg und ging zur Seite. »Laß uns miteinander reden, Väterchen. Du hast ein Töchterchen, das zwischen den Beinen wie mit Eisenplatten beschlagen ist! Ich bin verzweifelt!«
Sie setzten sich auf einen Hügel aus Geröll, wischten sich den Schweiß von den Stirnen und atmeten rasselnd.
»Wir sollten zusammenhalten, Alter«, sagte Muschkow nach einer Weile. »Ich liebe Marinuschka, und deshalb muß etwas geschehen, bevor wir den Ural hinter uns haben. Ich habe Angst, daß sie in Sibirien getötet wird.«
Es war ein dunkler Abend, der Himmel hing wolkenschwer über dem Ural, das steinige Land war in der dumpfen Schwärze versunken. Fernab, dort, wo das Lager der Kosaken war, loderten zwar die Flammen und breitete sich der Widerschein der Feuer über die Felsen aus, aber hier, wo Muschkow und Lupin hockten, war es still. Man sah die beiden nicht, weil sie sich hinter eine kleine Felsnase gesetzt hatten. Es war ein Plätzchen so richtig zum Schwatzen und Überlegen.
Marina Alexandrowna, die Muschkow vermißte, denn jede Bootsmannschaft bildete auch eine Lagerfeuergruppe, war unterdessen auf der Suche nach ihm, fragte vergeblich bei den Steineschleppern nach ihm und fand ihn auch nicht bei den Bautrupps, die auf Befehl Jermaks einen steinernen Ringwall auftürmten, einen befestigten Platz, wie man es bei den Stroganows geplant hatte: Stationen auf dem Weg nach Sibirien, die man später zu Kolonien, Handelsplätzen und Wehrburgen ausbauen wollte. Ein genialer Plan: ein gesicherter Nachschubweg, eine Handelsstraße durch den Ural. Ruheplätze und Zufluchtsstätten zugleich!
»Ich liebe Marinuschka«, wiederholte Muschkow. »Und ich brauche nicht zu fragen, ob das Väterchen sie auch liebt. Bleib zurück, Alexander Grigorjewitsch, und halt sie fest. Das ist alles. Wir müssen sie retten.«
»Halt sie fest!« Lupin hob die Schultern. »Du sagst das so daher, als wäre es die leichteste Sache der Welt! Kannst du sie festhalten, he?«
»Du bist der Vater.«
»Und dich liebt sie!«
»Es ist wirklich alles sehr kompliziert.« Muschkow seufzte tief, holte ein Stück Fladenbrot aus der Tasche und teilte es mit dem Alten. Stumm kauten sie, vom Lager her ertönte trauriger Gitarrenklang. »Man müßte sie betäuben. Du bleibst mit ihr zurück, und wenn sie aufwacht, sind wir weg …«
»Sie wird euch nachlaufen, wie der Wolf einer Spur.« Lupin wischte sich den Mund ab. »Sie liebt dich, gut. Aber sie liebt dich mehr, als ein Mensch normalerweise einen anderen Menschen lieben kann! Warum? Ich weiß es nicht. Gibt es Erklärungen für die Seele einer Frau?«
»Dabei behandelt sie mich wie einen stinkenden Hund.« Muschkow lehnte sich gegen den Felsen und starrte in den Nachthimmel. »Väterchen, was hältst du von mir?«
»Muß ich das sagen?« fragte Lupin vorsichtig zurück.
»Ich habe Marina das Leben
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