Kosakensklavin
helfen.“
„Niemand wird dir helfen, du Dummkopf“, rief sie verzweifelt. „Die Zarin wird dich hinrichten lassen. Weißt du, was das bedeutet? Ich habe von Hinrichtungen in Petersburg gehört, die Leute strömen dorthin, können sich nicht sattsehen an den Qualen, die den Verurteilten zugefügt werden. Sie werden auf das Rad geflochten, ihre Glieder werden ihnen zerschlagen, man haut sie in vier Stücke.
„Ich weiß .“
Sie starrte ihn an. Er musste verrückt geworden sein.
„Und das alles ist dir gleichgültig?“, flüsterte sie.
„Soll ich meinen Vater an meiner statt sterben lassen?“
Sie schwieg. Es gab keine Antwort darauf. Sie würde ihn verlieren, für immer, ein schrecklicher Tod stand ihm bevor. Sie lehnte sich an die Wand und weinte hemmungslos. Er zog sie wieder in seine Arme, ließ sie an seiner Schulter weinen, strich ihr zärtlich über das Haar, küsste ihre Wangen.
Sie schlang die Arme um ihn.
„Du gehörst mir, so lange ich lebe, Sonja“, sagte er leise mit seiner tiefen Stimme. „Du wirst morgen mit uns reiten, und ich werde dich meinem Vater anvertrauen. Er wird dich schützen und für dich sorgen, bis ich wieder bei dir bin.“
Sie schüttelte den Kopf und schluchzte laut auf. Was dachte er sich eigentlich? Dass man ihn begnadigen würde? Den Aufrührer? Den Anführer der aufständischen Dnjepr-Kosaken?
„Wenn ich zurückkomme, dann werde ich dich niemals wieder verlassen, das schwöre ich“, fuhr er fort und streichelte ihren Rücken. „Komme ich jedoch nicht zurück, dann sollst du wissen, dass du frei bist. Mein Vater wird dafür sorgen, dass du zu deiner Familie zurückkehren kannst.“
„Ich will nicht zurück“, schluchzte sie. „Ich werde nicht zulassen, dass sie dich töten. Ich werde zur Zarin gehen, mich ihr zu Füßen werfen und um dein Leben bitten. Ich kenne sie, ich habe ihr gedient, und sie hat mich immer liebevoll behandelt.“
„Nein“, sagte er und fasste ihre Schultern mit hartem Griff. „Das wirst du nicht tun. Ich verbiete es dir, Sonja. Niemals wird ein Kosak die Zarin um sein Leben anflehen. Du gehörst mir und bist ein Teil von mir. Ich will nicht, dass du dich vor der Zarin demütigst, denn das wäre genau so, als würde ich es selbst tun!“
„Du Verrückter!“, fuhr sie ihn an. „Du wolltest lieber sterben, als durch meine Hilfe am Leben bleiben?“
Beruhigend strich er ihr über das Haar, hob ihr Kinn an und sah ihr lächelnd in die verweinten Augen.
„Ich bin ein freier Kosak, Füchsin. Meine Ahnen haben sich vor Jahrhunderten ihre Freiheit erkämpft, viele sind dabei gestorben, doch keiner hat sich unterworfen. Soll ich mich jetzt vor der Zarin demütigen und zum Knecht werden? Würde ich zulassen, dass du für mich bittest, dann verlöre ich die Achtung vor mir selbst. Und auch du würdest mich nicht mehr achten.“ Sie machte sich von ihm los, ärgerlich über seine Sturheit.
„Das ist nicht wahr!“, schimpfte sie. „Wer dem sicheren Tod entgegenrennt, der ist ein Dummkopf. Du hast nichts als deine blödsinnige Kosakenehre im Kopf. Was aus mir wird, ist dir völlig gleich!“ „Nein, Rotschopf“, sagte er kopfschüttelnd, denn er wollte jetzt nicht mit ihr streiten. „Ich denke Tag und Nacht darüber nach, wie ich für dich sorgen könnte.“
„Danke!“, gab sie patzig zurück. „Ich sorge schon für mich selbst, Kosak.“
Er sah zu Boden und ließ die Arme, die er nach ihr ausgestreckt hatte, wieder sinken.
„Ich werde jetzt noch einiges für die Abreise regeln, Sonja. Wir sehen uns am Abend. Ich hoffe, dass du bis dahin verstehen wirst, dass ich tun muss, was ich mir vorgenommen habe.“
Als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, packte sie eine unbändige Wut. Zornig riss sie die Polster von den Schlafbänken, ballerte sie in die Ecken, stieß die Bänke mit dem Fuß um, warf einen Topf, der auf dem Fensterbrett gestanden hatte, mit Schwung an die Wand, dass er zerschellte.
„Willst du das Haus zertrümmern?“
Es war Tanjas Stimme. Sie hatte die Tür einen Spaltbreit geöffnet und schob sich jetzt grinsend in den Raum hinein. Sonja stand heftig zitternd im Raum, ein Heiligenbild in der Hand, das sie von der Wand gerissen hatte.
„Lass es heil“, meinte Tanja und nahm ihr das Bild aus der Hand. „Der heilige Nikolaus kann nichts dafür.“
Sonja sah tatenlos zu, wie Tanja das Bildchen wieder an seinen Platz hängte. Nach dem Wutanfall war eine tiefe Verzweiflung über sie gekommen.
„Jetzt
Weitere Kostenlose Bücher