Kosmologie für Fußgänger
behindert, die Wärme also an diesen Stellen nicht mehr so einfach aus dem Sonneninneren abtransportiert werden kann, sind diese Flecken kälter und erscheinen daher gegenüber ihrer Umgebung nahezu schwarz. Trotzdem sind sie immer noch 3500 bis 4500 Grad heiß, und isoliert wären sie rund zehnmal heller als der Vollmond. Sonnenflecken sind also, was die Turbulenzen in der Photosphäre anbelangt, die Orte größerer Ruhe. An der Bewegung der Sonnenflecken konnte man übrigens erstmals erkennen, dass die Sonne rotiert: Sie drehen sich nämlich mit der Sonne.
Die Anzahl der Sonnenflecken ändert sich zyklisch. Beginnend mit einem Sonnenfleckenminimum, einem fleckenlosen Zustand der Sonnenoberfläche, wächst ihre Zahl im Laufe von durchschnittlich fünfeinhalb Jahren kontinuierlich auf einen Maximalwert, um dann im darauf folgenden gleichen Zeitraum praktisch wieder auf null zurückzugehen. Ein Fleckenzyklus dauert also rund elf Jahre. Zwischen den Flecken zweier aufeinander folgender Maxima besteht jedoch ein Unterschied. Bildet im ersten Maximum der in Rotationsrichtung der Sonne gesehene vordere Fleck eines Paares den Nordpol des Magnetfeldes, so ist im sich anschließenden Maximum ein solcher Fleck mit dem magnetischen Südpol verknüpft. Das Magnetfeld der Sonne muss sich also zwischenzeitlich umgepolt haben. Erst nach weiteren elf Jahren ist wieder der Zustand der ursprünglichen Polarität erreicht.
Übrigens bringen nicht alle Stellen auf der Sonnenkugel Flecken hervor. Generell beobachtet man zwei Fleckenzonen beiderseits des Sonnenäquators, die sich im Laufe einer Fleckenperiode in gesetzmäßiger Weise verschieben. Zu Beginn des Fleckenzyklus tauchen die Fleckenpaare in kleineren Gruppen etwa 30 bis 35 Grad nördlich und südlich des Sonnenäquators auf und verschieben sich während der folgenden Jahre immer näher zum Äquator hin. Zur Zeit des Fleckenmaximums liegen sie etwa in Breiten von 17 bis 18 Grad. Anschließend nähern sie sich noch weiter dem Äquator an, um dann zur Zeit des darauf folgenden Minimums bei einer Breite von etwa fünf Grad zu verschwinden. Einmal entstandene Sonnenflecken überdauern jedoch keinen ganzen Fleckenzyklus. Ihre Lebenserwartung ist begrenzt und schwankt zwischen Stunden und mehreren Monaten. Es sind also immer neue Flecken, die man auf ihrer Wanderung aus den Regionen höherer Breiten hin zum Sonnenäquator beobachten kann.
Auch die Anzahl der Sonnenflecken während eines Maximums ist nicht immer gleich. Einmal sind es mehr, einmal weniger. Es gab sogar Zeiten, in denen die Sonne fast gar keine Flecken hervorbrachte. Das so genannte Maunder-Minimum von 1645 bis 1715 war so eine Periode sehr geringer Sonnenaktivität. Das kann mit deutlichen Auswirkungen auf das Klima und das Wetter unseres Planeten verbunden sein. So haben astronomische und klimatische Aufzeichnungen ergeben, dass das Maunder-Minimum mit einer Zeit deutlich kälterer Witterung zusammenfiel, die auch »Kleine Eiszeit« genannt wurde. Weitgehende Untersuchungen an Baumringen haben ergeben, dass die Erde während der letzten 1000 Jahre drei solcher Minima (1450-1550, 1280-1350 und Maunder) durchlebt hat und vermutlich auch in Zukunft erleben wird. Leider lässt sich ein solches solares Minimum nicht vorhersagen. Während der langen Zeitspanne von 1500 bis 1850 waren die mittleren Temperaturen in Nordeuropa viel niedriger als heute, wobei der kälteste Abschnitt mit dem Maunder-Minimum zusammenfiel. Zu Zeiten der größten Kälte breiteten sich die Gletscher aus, es kam zu Missernten und Hungersnöten. Die Kanäle von Venedig gefroren, und die Londoner fuhren mit Kutschen über die vereiste Themse. Andererseits war es zwischen 1100 und 1250 so warm, dass Grönland von den Wikingern besiedelt werden konnte.
Doch wenden wir uns wieder der Sonne zu. In der Nachbarschaft der Flecken geht es in der Regel ziemlich unruhig zu. Hier bilden sich die so genannten Sonnenfackeln, die Flares, und die zum Teil gigantischen Protuberanzen. Sonnenfackeln entstehen in unmittelbarer Umgebung der Sonnenflecken und sind mehrere um etwa 2000 Grad gegenüber dem Umfeld überhitzte Granulen. Ihre Ausdehnung ist auf wenige 1000 Kilometer beschränkt. Beobachten kann man sie am besten am Rand der Sonnenscheibe. Häufig vereinen sich solche Gebiete spontan zu Mikroflares, die für die Dauer einer Sekunde kurz aufblitzen. Gelegentlich aber verschmelzen ganze Fleckengruppen zu einer Fläche, die sich über mehrere Tausendstel der
Weitere Kostenlose Bücher