Kosmologie für Fußgänger
Energiezuwachses verändert sich das Erscheinungsbild der Sonne drastisch. In knapp einer Milliarde von Jahren entwickelt sie sich zu einem so genannten Unterriesen. Bei zunächst nahezu konstanter Leuchtkraft des Sterns bläht sich die Sternhülle auf etwa den doppelten Durchmesser auf.
Dieser Zustand ist jedoch nur von kurzer Dauer. Von nun an beschleunigt sich die Entwicklung rapide. Die Leuchtkraft steigt um den Faktor 1000, und die Oberflächentemperatur sinkt auf 3500 Grad. Fortan leuchtet die Sonne nicht mehr hellgelb, sondern tiefrot. Die Sternhülle bläht sich zu einem Durchmesser auf, der rund 100-mal größer ist als der ursprüngliche. In diesem Stadium ist die Sonne aus einer Entfernung von rund 1600 Lichtjahren noch mit bloßem Auge zu sehen. Sie wächst zu einem »Roten Riesen« heran, der sich weit über die Bahn des Planeten Merkur hinaus ausdehnt.
Während sich die äußere Hülle aufbläht, schrumpft jedoch die Kernzone. Verantwortlich dafür ist wie immer die Gravitation. Und wiederum erhöhen sich Temperatur und Dichte. Doch das hat schnell ein Ende. Die Kontraktion des Kerns stoppt, wenn der Druck des entarteten Elektronengases der Gravitation die Waage halten kann. Diesen Satz müssen wir erst einmal »übersetzen«. Zunächst möchte man glauben, die Elektronen im Kern ließen sich so nahe zusammenrücken, dass sie sich schließlich berühren. Die Quantenmechanik sagt uns aber, dass das nicht möglich ist. Man muss sich das so vorstellen: Der Raum, den die Elektronen einnehmen, ist in Zustände wachsender Energie unterteilt, ähnlich wie ein Konzertsaal in die aufsteigenden Reihen der Sitze. Die Gesetze der Quantenmechanik verlangen nun, dass jeder Energiezustand nur von insgesamt zwei Elektronen besetzt werden kann, die sich aber in ihrem Spin, das heißt in ihrer Drehrichtung um die eigene Achse, unterscheiden müssen. Kommt nun ein drittes Elektron hinzu, so ist dieser Energiezustand bereits völlig besetzt, und das Teilchen muss auf einen Zustand höherer Energie ausweichen. Das ist dann ungefähr so, als bestünden die Reihen im Konzertsaal nur aus je einem Doppelsitz. Nehmen wir an, der Saal sei nicht voll gefüllt, und die Zuhörer würden sich zunächst gleichmäßig auf alle Sitze verteilen. Plötzlich wird die Musik immer leiser, was der Kontraktion des Kerns im Stern entsprechen soll. Um noch etwas zu hören, rücken die weiter hinten sitzenden Besucher näher an das Orchester heran. Da sich niemand dem anderen auf den Schoß hocken kann, können die Besucher nicht beliebig eng zusammenrücken, sondern müssen mit den Doppelplätzen immer höher gelegener Reihen vorlieb nehmen. Der »Druck«, den die bereits besetzten Reihen auf die noch nach Plätzen Suchenden ausüben, verhindert, dass die Hörer sich noch mehr auf den Leib rücken. Das Gleiche geschieht bei den Elektronen des Kerns: Die Gravitation versucht zwar den Kern immer weiter zusammenzupressen, aber die Elektronen können nicht näher zusammenrücken und üben somit einen Gegendruck aus. Wenn beide Drücke einander gleich sind, kommt die Kontraktion des Kerns zum Stillstand.
Nun könnte man glauben, wenn der Kern nicht mehr weiter kollabieren kann, wird auch keine Gravitationsenergie frei, und der Zentralbereich des Sterns kann nicht weiter aufgeheizt werden. Doch dem ist nicht so! Denn da ist noch die brennende Wasserstoffschale, die den Kern umgibt. Diese liefert ausreichend Energie, um das Zentrum immer weiter aufzuheizen. Die große Wärmeleitfähigkeit der sehr dichten Kernmaterie ist dabei sehr hilfreich. Summarisch wird der Kern also doch zunehmend heißer. Ist schließlich eine Temperatur von etwa 100 Millionen Grad erreicht, so zündet eine weitere Kernreaktion. Jetzt wird sogar das Helium zu Kohlenstoff und Sauerstoff fusioniert. In dieser Phase verbrennt der Stern seinen ganzen Heliumvorrat im Kern bei gleichzeitigem Wasserstoffbrennen in einer Schale um den Kernbereich.
Schließlich ist auch das Helium verbrannt, und wie nach dem Wasserstoffbrennen kommt noch einmal die Gravitation ins Spiel. Der Kern schrumpft weiter, und die Hülle bläht sich noch mehr auf. In der Schale um die Kernzone ist es nun so heiß geworden, dass dort auch das zuvor durch Wasserstoffbrennen erzeugte Helium zündet. Wiederum heizt die frei werdende Energie benachbarte Bereiche auf, sodass sich eine weitere Schale zur Wasserstoffbrennzone entwickelt. Im Stern findet nun ein Zweischalenbrennen statt. Diese Prozesse liefern so viel
Weitere Kostenlose Bücher