Kosmologie für Fußgänger
entlang und verschwinden wieder im All, sie vollführen einen kleinen Schlenker und sind wieder weg. Die Sonne hat sie durch ihr Schwerkraftfeld aus ihrer ursprünglichen Bahn lediglich etwas abgelenkt. Manche Asteroiden aber werden von der Sonne regelrecht eingefangen. Wenn sie zu tief in das Schwerkraftnetz der Sonne hineingeraten, dann zwingt sie deren Schwerkraft und damit die Krümmung des Schwerkrafttrichters, für immer im Sonnensystem zu bleiben und die Sonne auf elliptischen Bahnen zu umkreisen. Selbst auf unserer Erde wird die Auswirkung dieses Trichters spürbar. Will man von der Erde weg, so muss man die Trichterwände hochklettern. Dafür ist eine Geschwindigkeit von elf Kilometern pro Sekunde nötig!
Auch Sterne verbiegen den Raum, wie alle schweren Massen den Raum verbiegen. Wenn aber nun ein Stern zum Schwarzen Loch wird, dann wird der Raum besonders krumm. Er krümmt sich zu einer geschlossenen Kugel zusammen, aus der nichts mehr entweichen kann. Und damit entsteht das Problem. Ohne den Stern wäre der Raum flach. Durch seine Gegenwart hat der Stern diesen ehemals flachen Raum mittels seiner Masse gekrümmt. Auf Grund seiner Schwerkraft ist der Stern dann im Todeskampf auf einen im Vergleich zu seiner Ausgangsgröße von einer Million Kilometern winzigen Radius von einigen Kilometern geschrumpft und hat den Raum komplett um sich geschlossen. Doch die Mathematik sagt: Das geht nicht! Eine Ebene kann nicht komplett auf einer Kugel abgebildet werden. Deshalb hat ein Globus immer einen Nord- und einen Südpol, an denen die Kugel aufgehängt ist. Diese Punkte »erwischt« man nicht, wenn man eine Weltkarte auf eine Kugel klebt, selbst wenn man noch so präzise ist. Auch bei der Bildung des Schwarzen Loches bleiben zunächst zwei Punkte, die sich durch den totalen Zusammenbruch in einem Punkt vereinigen würden – das ist mathematisch gesprochen wiederum eine Singularität. Hier grenzt die Natur an die Übernatur – doch was heißt »hier«, wenn hier kein Raum sein kann? Da scheint irgendetwas Grundlegendes versteckt zu sein. Besondere Eigenschaften hat das Material im Schwarzen Loch sicher nicht mehr, die einen solchen Zusammenfall verhindern könnten. Schließlich ist ein Schwarzes Loch ein perfekter »Gleichmacher«. Die Materie, die ein Schwarzes Loch bildet, wird sämtlicher Eigenschaften beraubt: Sie hat keine Farbe mehr und keine Form, sie besteht nicht einmal mehr aus Elementarteilchen- sie ist zur blanken Energie geworden. Und da nach Einstein Energie und Masse dasselbe sind, ist die Masse eines Schwarzen Loches seiner Ruheenergie gleich. Und mittendrin die Singularität.
Die Aussage der Allgemeinen Relativitätstheorie, dass Schwarze Löcher einen singulären Punkt enthalten müssen, ist nach übereinstimmender Meinung der Physiker ein Schwachpunkt dieser Theorie. Sie vermag eine Situation, in der sich die Effekte der Schwerkraft über eine sehr kleine Entfernung hinweg ändern, nicht zu meistern. Doch es besteht Hoffnung, dass diese Singularitätsprobleme gelöst werden können, wenn es gelingt, die klassische Theorie der Schwerkraft mit der Quantenmechanik, welche die Erscheinungen auf winzigen räumlichen Entfernungen sehr erfolgreich beschreibt, zu verknüpfen.
Blicken wir einmal kurz zurück auf unserem Weg von einem Stern zu einem Schwarzen Loch. Es ist schon eigenartig: Man beginnt bei einem großen Stern mit einem Durchmesser von vielen hunderttausend Kilometern, der sogar einen Planeten im Abstand von 150 Millionen Kilometern mit seiner Strahlung erwärmt und zum Leben erweckt, und landet bei der Welt der Elementarteilchen und Quanten. Die Leuchtkraft der Sterne beruht auf Prozessen zwischen den Atomkernen. Diese Art von Physik scheinen wir ja gut zu »verstehen«, schließlich sind wir bereits seit vielen Jahren in der Lage, schwere Atomkerne in Reaktoren zu spalten und die dabei gewonnene Kernenergie zur Stromerzeugung zu nutzen. Das ist zwar nicht die gleiche Methode, wie Sterne mit Kernen umgehen, aber allein die Tatsache, dass wir die Kernspaltung beherrschen, lässt uns hoffen, auch den Vorgang der Kernverschmelzung, so wie er in den Sternen stattfindet, eines Tages in einem Kraftwerk erfolgreich zur Energiegewinnung heranziehen zu können. Die Vorgänge in einem leuchtenden Stern sind uns also durchaus vertraut.
Wenn aber im Stern die Verschmelzung bereits erbrüteter Atomkerne zu noch schwereren Kernen sich nicht mehr fortsetzen lässt, weil dabei keine Energie mehr
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