Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
gesetzt.«
»Gibt es keinen Wachdienst?«
»Nein, nur die Alarmanlage. Es gibt auch keine Sicherheitstüren mit Überwachungskameras. Wenn das nicht der berühmte schottische Geiz ist! Wir Griechen sind durch unsere Verschwendungssucht wenigstens mit fliegenden Fahnen untergegangen. Aber wie haben diese Sparfüchse ihre Wirtschaft ruiniert?«
»Lassen Sie uns mal nachschauen.«
Wir gehen ins Erdgeschoss und durchqueren die Schalterhalle. Dimitriou lässt mich durch eine Tür hinter den beiden Schaltern in eine Art Lagerraum treten. Offenbar bewahrt man in den Regalen die Formulare und Vordrucke der Bank auf. Dimitriou öffnet eine Tür am Ende des Raumes, und wir stehen in einem schmalen Gässchen.
»Das ist die Petraki-Straße«, meint er. »Wie Sie sehen, ist hier abends bestimmt nicht viel los. Der Täter hat ungestört die Alarmanlage außer Kraft gesetzt und dann im Lagerraum bis zum Morgen gewartet.«
Die Lösung ist sonnenklar und überzeugend. »Wo ist das Bankpersonal?«
»Stathakos hat die Angestellten in der Cafeteria im Untergeschoss versammelt, um sie dort zu befragen.«
Wir kehren in das Bankgebäude zurück, und ich steige die Wendeltreppe zur Cafeteria hinunter. Das Rauchverbot, das in allen öffentlichen Gebäuden gilt, wurde aufgrund des aktuellen Notstandes aufgehoben. Alle paffen wie die Schlote und diskutieren lautstark. Sowohl ruhige Gespräche als auch heftige Kontroversen verstummen bei meinem Eintreten schlagartig.
»Ich weiß, das ist alles furchtbar beunruhigend für Sie. Daher werde ich Sie nicht lange mit meinen Fragen quälen«, sage ich unbestimmt in die Runde. »Ihre Aussagen können wir auch später zu Protokoll nehmen. Zunächst einmal würde ich gerne mit der Privatsekretärin von Richard Robinson sprechen.«
»Das bin ich, Fedra Daskalaki«, stellt sich eine Fünfzigjährige vor. Ihr Gesicht ist ungeschminkt, ihr Haar graumeliert.
»Um wie viel Uhr ist Robinson jeweils ins Büro gekommen?«
»Normalerweise gegen sieben, aber oft war er auch schon um halb sieben da. Er kam gerne als Erster, um die aktuellen Zahlen zu studieren und die Börsennachrichten zu lesen. Um diese Tageszeit gibt es weder Anrufe noch Termine, daher konnte er sich ungestört auf seine Arbeit konzentrieren.«
»Und das machte er jeden Tag so?«
»Ja, wenn er nicht gerade auswärts war.«
Demnach müssen die Bankangestellten und auch so manche Kunden von diesen Arbeitszeiten gewusst haben. Das schließt natürlich nicht aus, dass ihn sonst jemand beobachtet und seine Gewohnheiten ausgeforscht hat.
»Wann ist er abends nach Hause gegangen?«
»So gegen sechs. Da ich ihm den ganzen Nachmittag auf Abruf bereitstehen musste, sind wir meistens zusammen gegangen.«
»Wer hat die Alarmanlage aktiviert?«
»Die schaltet sich automatisch um fünf Uhr ein.«
»Wer in der Bank kannte den Zugangscode?«
»Nur Herr Robinson und ich. Und natürlich die Firma, die das Gerät installiert hat.« Trotz der verständlichen Aufregung antwortet sie präzise auf meine Fragen.
»Können Sie mir die Privatadresse von Herrn Robinson nennen?«
»Er hat in Psychiko gewohnt, in der Malakassi-Straße 5. Gleich neben dem großen Volkspark.«
»Und wer von Ihnen ist für die Kundenkonten zuständig?«
Ein korrekt gekleideter Vierzigjähriger mit kahlgeschorenem Schädel erhebt sich von einem Tisch im Hintergrund. Er blickt mich an, ohne sich vorzustellen, und zwingt mich, ihn nach seinem Namen zu fragen.
»Manos Kastanas.«
»Herr Kastanas, ich möchte, dass Sie meinen Assistenten die Liste aller Namen, die sich in Ihrer Kundenkartei befinden, übergeben.«
Er blickt mich spöttisch an. »Ihre Forderung verstößt gegen das Bankgeheimnis, Herr Kommissar.«
»Ich will ja keine konkreten Summen wissen und verlange auch keine Offenlegung von Konten. Es geht mir nur um die Namen. Vielleicht müssen wir ein paar Ihrer Kunden vernehmen. Wenn wir Kontenbewegungen überprüfen müssen, komme ich mit einem richterlichen Beschluss wieder. Meine Assistenten werden gleich hier sein.«
Da Gruppenvernehmungen nicht meine Stärke sind, lasse ich es mit den Fragen gut sein. Als ich ins Erdgeschoss hochsteige, kommen mir auch schon meine Assistenten entgegen. Vlassopoulos schicke ich in die Cafeteria, um die restlichen Befragungen durchzuführen. Er hat einen Riecher dafür, wer am ehesten etwas Brauchbares zu sagen hat.
»Und was ist mit mir?«, fragt mich Dermitsakis, der stets argwöhnt, Vlassopoulos bekäme die
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