Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
no Job.«
Dann liegt es also nicht an Robinsons Charakter, dass sie ihr Hierbleiben bereut. Schlagartig überkommt mich Mitgefühl mit diesem Robinson. Vor einem Monat haben ihn Frau und Kind verlassen, und nun ist der Arme tot.
Ich frage sie, ob ihr morgens oder abends irgendetwas aufgefallen sei, wenn ihr Chef zur Arbeit ging oder nach Hause kam.
Sie hebt die Schultern. »No, butyou have to ask Vassiiis.«
Auf meine Frage, wer dieser Vassiiis sei, entgegnet sie: »The security man.«
Sieh mal einer an, sage ich mir, im Privaten legte er, ganz anders als auf seiner Arbeitsstelle, Wert auf einen Wachdienst. Vielleicht hat er das Wachpersonal engagiert, weil er sich irgendwie bedroht fühlte.
Als ich aus dem Fahrstuhl trete, finde ich Vassiiis auf einem Stuhl am Eingang vor. Ich gehe auf ihn zu, und er erhebt sich.
»Vorhin waren Sie aber nicht da«, sage ich zur Begrüßung.
»Ich mache alle Stunden einen Rundgang um den Wohnblock und durch den Park.«
»Jeden Tag oder nur heute?«
»Täglich, rein routinemäßig.«
»Haben Sie in den letzten Tagen etwas Verdächtiges beobachtet? Haben sich Leute vor dem Haus aufgehalten, es vielleicht beobachtet?«
»Während meiner Schichten ist mir nichts aufgefallen. Aber ich bin nicht ständig hier, manchmal wird ein Kollege hergeschickt. Ich bin fast nur wochentags im Dienst. Aber die Gegend hier ist wie ausgestorben. Seit man den Verkehr umgeleitet hat, kommt hier höchstens ein Auto pro Stunde vorbei. Nur in den vergangenen Tagen hat sich eine Bettlerin hier herumgetrieben. Die glaubte wohl, bei den reichen Pinkeln wäre was zu holen. Ich hab sie immer wieder weggeschickt, aber sie war hartnäckig. Schließlich hat sie eingesehen, dass sie hier leer ausgeht, und ist nicht wieder aufgetaucht.«
»Bei welchem Wachdienst sind Sie beschäftigt?«
»Bei Galapanos Security Systems.«
»Hat Robinson Sie engagiert?«
»Wer? Der Ermordete? Nein, der Wachdienst ist Bestandteil des Mietvertrags.«
Ich notiere mir kurz, einen meiner Assistenten der Vollständigkeit halber mit der Vernehmung der übrigen Wachleute zu beauftragen. Da Robinson den Sicherheitsdienst nicht aus eigenem Antrieb engagiert hat, sehe ich darin keinen Anhaltspunkt für weitere Ermittlungen. Der Mörder hat vermutlich doch nur die Bank observiert, schließlich reichte das, um Robinsons Arbeitszeiten in der Bank herauszufinden. Das Herumschnüffeln im Privatleben des Bankers konnte er sich sparen.
Die Fahrt von Psychiko zum Alexandras-Boulevard verläuft zügig, und in kürzester Zeit habe ich mein Büro erreicht. Doch anstelle meiner beiden Assistenten blickt mir Sotiropoulos auf dem Flur entgegen.
Sotiropoulos sieht sich als Polizeireporter in einer Vorreiterrolle. Früher war er ein Linker, heute ist er orientierungslos. Aber immer noch setzt er die alte Revoluzzermiene auf, nur um mich spüren zu lassen: Als Lakai der Macht stehst du immer in meiner Schuld.
Mit den Jahren hat sich zwischen uns eine eigenartige Beziehung entwickelt, obwohl er mich bei jeder Gelegenheit attackiert und ich ihn heimlich »Robespierre im Armani-Anzug« nenne und zum Teufel wünsche, wenn er es zu bunt treibt. Im Grunde schätzen wir einander. Er schätzt mich, weil er weiß, dass ich ihn nicht anlüge, auch wenn ich ausweichend antworte. Und ich schätze ihn, weil er ein cleveres Bürschchen ist und mir des Öfteren schon die Augen geöffnet hat. Jedes Mal versucht er jedoch, mir seine Mithilfe so teuer wie möglich zu verkaufen.
»Ich komme gerade von der Pressekonferenz zu den beiden Mordfällen«, sagt er.
»Wer hat die abgehalten?«, frage ich, als wir in mein Büro treten.
»Gikas.« Wenigstens nicht Stathakos, das ist schon mal positiv. »Aber glaubt ihr denn im Ernst, dass es sich um einen Terroranschlag handelt?«
»Wieso? Sie etwa nicht?«, frage ich unschuldig.
»Also, kommen Sie! Wer würde nicht gerne einen Banker umbringen? Ich schließe mich da nicht aus, und ich bin kein Terrorist, wie Sie wissen. So ein Terrorakt wäre für euch eine bequeme Lösung. Damit wollt ihr den Leuten nur Sand in die Augen streuen, um davon abzulenken, dass ihr den griechischen Staat an den Rand des Ruins geführt habt.«
Sein Kommentar zur griechischen Tragödie prallt an mir ab. Warum sollte Sotiropoulos anders als die anderen denken? Es schiebt ohnehin jeder jedem die Schuld an der elenden Lage in die Schuhe. Andererseits wird er mir gerade mal wieder richtig sympathisch, da er meine Ansicht zur Terrorismusthese
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