Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
bestätigt. Doch diesmal bin ich aus dienstlichen Gründen zu einem Ausweichmanöver gezwungen.
»Wir sagen ja nicht, dass es sich um einen Terroranschlag handelt. Wir sagen nur, wir können die Möglichkeit nicht ausschließen. Es gibt zwei Mordopfer und kein einziges weiteres Indiz. Im Moment müssen wir uns eben alle Möglichkeiten offenhalten, das ist wie Blindekuh spielen.«
»Okay, akzeptiert. Aber haben Sie schon jemals von Terroristen gehört, die mit Schwertern töten? Von den Tschetschenen bis zur al-Qaida verüben alle Sprengstoffattentate an öffentlichen Orten.«
Da ich mich weiterhin dumm stellen möchte, muss ich auf Gikas’ Argumentation zurückgreifen. »Vergessen Sie nicht, dass die griechischen Terroristen nicht mit blinden Anschlägen agieren, sondern immer ganz gezielte Attentate machen.«
»Ja, aber sie verwenden Pistolen, und sogar immer dieselbe Marke. Mit dem Schwert hingegen schlachtet man Menschen ab, als seien es Hühner - mehr nicht.« Da Gikas das angeheftete Blatt mit dem »D« anscheinend nicht erwähnt hat, behalte ich dieses Detail für mich.
Im Grunde bin ich derselben Meinung wie Sotiropoulos, nur kann ich ihm nicht sagen, dass die Anweisung, die Terroroption offenzuhalten, von höchster Stelle stammt.
»Jedenfalls spricht nichts gegen Ermittlungen in diese Richtung. Vor allem, weil wir jetzt auch ein ausländisches Opfer haben, und noch dazu einen Bankdirektor. Und bei ermordeten Ausländern bringt man am besten den Terrorismus ins Spiel, um die diplomatischen Wogen zu glätten.«
Er zuckt mit den Schultern. »Theoretisch haben Sie vielleicht recht«, räumt er ein. »Aber ich halte mich lieber an Ihre Methode.«
»Meine Methode?«, entgegne ich überrascht.
»Sie suchen bestimmt nach anderen Motiven und nicht nach Terroristen. Mir können Sie doch nichts vormachen!«
13
Vollkommen übermüdet verlasse ich mein Büro und kann es kaum erwarten, mit meinem geliebten Dimitrakos-Lexikon im Arm im Bett zu liegen. Doch der Mensch denkt, und Gott lenkt, wie Adriani so schön sagt.
Kaum betrete ich die Wohnung, bestätigen sich Adrianis Worte: Katerina und Fanis sitzen im Wohnzimmer, was mich automatisch beunruhigt. Sie kommen uns nicht oft besuchen und schon gar nicht um diese Uhrzeit. Allein der Gesichtsausdruck der beiden reicht aus, um mich zu alarmieren.
»Ist etwas passiert?«, frage ich.
»Alles halb so schlimm«, entgegnet mir Fanis mit ärztlich-beschwichtigender Miene, was Angehörige erst recht stutzig macht.
»Könnte ich bitte erfahren, was vorgefallen ist? Alles halb so schlimm, sagt ihr? Warum seid ihr dann extra hergekommen?«
»Beruhige dich, Papa, niemand ist krank geworden«, wirft Katerina ein.
»Muss ich euch erst zum Verhör ins Präsidium schleifen, um endlich zu erfahren, was in meinem Haus vorgeht?«
»Frau Adriani hat mit ansehen müssen, wie jemand aus dem Fenster gestürzt ist«, erläutert Fanis.
»Ein Unfall?«
»Nein, es war Selbstmord. Ein Sprung aus dem Fenster.« Begütigend fügt er hinzu: »Ich habe ihr ein Beruhigungsmittel gegeben. Das hat ihr gutgetan, sie erholt sich gerade von dem Schrecken.«
Da ich annehme, dass sie sich hingelegt hat, laufe ich mit Katerina und Fanis im Schlepptau zum Schlafzimmer. Adriani liegt da und starrt an die Zimmerdecke. Als sie uns eintreten hört, wendet sie den Kopf zur Tür.
»Warum hast du dich nicht bei mir gemeldet?«, frage ich, während ich ihre Hand ergreife.
»Ich habe Katerina angerufen, damit du dich nicht unnötig aufregst.« Ihre Stimme klingt farblos und um einiges dumpfer als sonst.
»Und wie geht es dir jetzt?«
»Besser. Fanis hat mir eine Tablette gegeben, und jetzt fühle ich mich ruhiger.«
»Warte ab, bis das Medikament richtig wirkt«, sagt Fanis zu ihr.
Adriani hat ihren Blick auf mich geheftet. Sie ringt nach Worten, um mir den Vorfall zu erzählen. »Er ist einfach aus dem Fenster gesprungen«, flüstert sie schließlich mit erloschener Stimme. »Direkt vor meinen Augen. Ich war gerade beim Staub wischen.«
»Reg dich jetzt nicht auf, du kannst es mir später erzählen.«
»Es ist gut, wenn sie jetzt darüber redet«, meldet sich Fanis zu Wort. »Das erleichtert sie.«
»Er hat einfach keinen Ausweg mehr gesehen«, erzählt sie über den Selbstmörder. »Er hatte ein Damenmodengeschäft irgendwo in Pangrati. Durch die Krise war sein Umsatz eingebrochen. Er konnte seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, er hatte keinen Groschen mehr in der Kasse. Sein
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