Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
alle dasselbe Bild: ein Geisterschiff, das mit gelöschten Lichtern durch die Nacht gleitet, und zwei Helikopter, die es aus der Luft überwachen. Hinter den Bildschirmen und den beobachtenden Beamten hat sich eine zweite Reihe formiert, die auf das Schiff starrt. Darunter sind der Minister, Gikas, der Leiter der Militärbasis und Stathakos. Parker löst sich von mir und geht auf sie zu. Ich bleibe im Hintergrund und versuche nachzuvollziehen, welche Angst diese Reise ins Unbekannte bei den Geiseln, unter denen sich meine Tochter und Fanis befinden, auslösen muß. Ich trete näher an die Monitore heran, um meine beharrlich wiederkehrenden Gedanken in der lärmigen Geschäftigkeit des Einsatzzentrums zu ersticken.
Zwei Gesprächsleitungen sind gleichzeitig über die Freisprechanlage zu hören: Die eine Verbindung geht zu den Hubschraubern und die andere zu Panoussos.
»In diesem Augenblick hat sie Paleosouda passiert und befindet sich nun auf der Höhe des Flughafens«, höre ich die Stimme des Piloten. »Aber sie hält weder auf das Kretische Meer zu, noch folgt sie dem Kurs der Fähren in Richtung Piräus. Sie bleibt in Küstennähe und folgt fast dem Kurs der Küstenwache.«
»Panoussos, hören Sie mich?« höre ich Stathakos' Stimme.
»Ich höre, Herr Einsatzleiter.«
»Konnten Sie Kontakt aufnehmen?«
»Nein. Der Sprechfunk ist abgeschaltet.«
»Versuchen Sie es noch mal.«
»Ich versuche es ständig.« Und als wolle er dies bestätigen, wendet sich Panoussos an das Schiff: »Hafenamt ruft El Greco!« Er wiederholt es einige Male, doch er bleibt ohne Antwort.
Allgemeines Schweigen macht sich breit, niemand sagt ein Wort. Allen sind sowohl Hypothesen als auch Vorschläge ausgegangen. Nur Parker monologisiert neben mir, all dies sei sehr seltsam und ergebe keinen Sinn. »This is very curious. It doesn't make sense.« Die anderen haben ihren Blick auf das Schiff geheftet, dessen dunkler Schatten durch die Nacht gleitet. Doch nun ist es nicht mehr allein im weiten Meer, denn zu seiner Linken sind die schwarzen Umrisse der Küste zu erkennen.
»Also entweder ist der Strand krumm oder der Kurs«, ist die Stimme des Helikopterpiloten zu hören.
»Was meinen Sie? Drücken Sie sich klarer aus«, höre ich Panoussos auf der anderen Leitung.
»Die Fähre hält sich nach links, Richtung Golf von Chania -«
»Helikopter eins, geben Sie Ihre Position durch«, ist Stathakos' Stimme zu hören.
»Wir haben das Gouverneto-Kloster hinter uns gelassen und halten auf die Katholikou-Höhle zu.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie die Geiseln zum Kaffeeklatsch zum Alten Hafen fahren«, spottet jemand, aber die strenge Stimme des Ministers fährt dazwischen.
»Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Scherze.«
»Nicht auszuschließen, daß sie eine abgelegene Bucht suchen, um vor Anker zu gehen. Denn das würde uns den Zugriff erschweren«, verkündet Stathakos seine Meinung.
»Warum sollten sie eine abgelegene Bucht suchen? Löschen sie vielleicht Schmuggelware?« fahre ich dazwischen, bereue meinen Einwurf jedoch sogleich, da auch nicht der richtige Zeitpunkt ist, meine offenen Rechnungen mit Stathakos zu begleichen.
Der Minister wendet sich scharf um und durchbohrt mich mit seinem Blick. »Wer ist der Herr?« fragt er Gikas.
»Kommissar Charitos von der Mordkommission.«
Die Miene des Ministers verändert sich, und er mustert mich von Kopf bis Fuß. Daraufhin beschränkt er sich auf ein »Aha«, ohne weiteren Kommentar.
»Costas is right«, ertönt nun Parkers Stimme. »Sie spielen weder Verstecken noch Katz und Maus mit uns. Sie wollen uns unsere Ohnmacht spüren lassen und dadurch unsere Nerven strapazieren.«
Keiner entgegnet etwas, nicht einmal der Minister. In Anwesenheit des Prinzipals schweigen die Lakaien, sage ich mir. In diesem Moment ertönt heftiger Lärm auf dem Flur vor dem Raum, wo die Pressekonferenz stattfindet. Zahlreiche Schritte laufen in dieselbe Richtung.
»Was ist da draußen los? Schluß mit den Überraschungen!« ruft der Minister, als wäre er in der Lage, Überraschungen zu untersagen.
Ich gehe zur Tür und öffne sie halb. Die Journalisten verlassen gerade die Pressekonferenz und laufen zum Ausgang.
»Die Reporter gehen gerade«, verkünde ich in die Menge und gleichzeitig ins Leere.
»Souda verliert seine Anziehungskraft«, bemerkt Gikas.
»Helikopter zwei an
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