Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
Palästinenser«, fährt Schaljapin fort. »Glauben Sie im Ernst, daß sie die Entführung der Achille Lauro imitieren? Die Lage ist ganz anders als 1985.«
»We spoke to Mossad«, wendet Parker ein. »Der Mossad wollte es nicht ausschließen, aber nur in der Theorie. Im übrigen sind sie der Meinung, die Palästinenser hätten derzeit weder das auswärtige Personal noch die Geldmittel, noch die Infrastruktur für solche Aktionen.«
Schaljapin beeilt sich zuzustimmen. Danach lehnt er sich in seinem Stuhl zurück, stützt beide Arme auf die Tischplatte und blickt uns mit dem klassischen Gesichtsausdruck von jemandem an, der eine äußerst ernste Mitteilung zu machen hat. »Meine Herren, haben Sie an die Möglichkeit gedacht, daß die Terroristen Tschetschenen sein könnten?«
Wie ich aus den Mienen der Umsitzenden schließe, hat keiner, einschließlich Parker, auch nur im entferntesten an diese Möglichkeit gedacht. Schaljapin stellt befriedigt fest, daß die Bombe voll eingeschlagen hat.
»Darf ich Sie daran erinnern, daß die Tschetschenen immer noch Geiselnahmen durchführen? Sie haben es im Oktober 2002 im Musical-Theater in Moskau versucht, wobei es hundertneunundzwanzig Todesopfer gab. Sie haben es am 1. September 2004 in Beslan wieder versucht, diesmal mit dreihundertdreißig Toten. Weder in Moskau noch in Beslan haben sie irgendeine ernstzunehmende Forderung erteilt. Sie haben einfach mit uns gespielt, um Panik zu verbreiten und einen Nervenkrieg auszulösen. Es gab auch keine Organisation, die offiziell die Verantwortung übernommen hätte. Nach einiger Zeit hat Basajev für sich beansprucht, er hätte die beiden Anschläge geplant.« Er hält kurz inne und fährt dann fort: »Dasselbe Problem besteht auch hier. Die Terroristen enthüllen ihre Identität nicht, und sie stellen keine Forderungen. Und nun komme ich auf Ihre Anmerkung von vorhin zurück, Herr Stathakos. Wenn es Tschetschenen sind, dann haben sie das Schiff mit Sicherheit vermint.«
Mit einem Schlag spüre ich, wie mir der kalte Schweiß ausbricht. Wenn Schaljapins Einschätzung zutrifft und es sich wirklich um Tschetschenen handelt, dann können Prodromos und ich schon eine Bestattungsfirma beauftragen. Ich bin zwar kein Fachmann in Terrorismusfragen, doch mein Halbwissen sagt mir, es hat bislang keinen Angriff von Tschetschenen gegeben, bei dem die Zahl der Toten die der Überlebenden nicht bei weitem übertroffen hätte.
»Warum sollten die Tschetschenen einen Anschlag in Griechenland und sogar auf offener See riskieren?« fragt Parker, der am gefaßtesten von allen reagiert. Es sei dahingestellt, ob es darauf zurückzuführen ist, daß er der Erfahrenste oder ob er einfach der am wenigsten Betroffene von uns allen ist. »Was haben sie davon?« Und er fügt mit leichtem Spott hinzu: »Wir können nicht von uns behaupten, daß wir die USA so gut abschirmen, daß ein Terroranschlag auszuschließen wäre. Schirmen Sie Rußland so gut ab, daß die verzweifelten Tschetschenen nun mit ihren Anschlägen nach Griechenland ausweichen müssen?«
Schaljapin lächelt selbstbewußt. »Wie viele russische Passagiere befinden sich an Bord?«
Stathakos zieht seine Unterlagen zu Rate. »Sieben. Drei Männer und vier Frauen.«
»Einer von den dreien ist ein General, der in Grosny gedient hat. Und ein anderer ist Terrorismusspezialist und war zunächst in Afghanistan und danach in Tschetschenien im Einsatz.«
»Und Sie glauben, wegen dieser beiden riskieren sie einen ganzen Terroranschlag?« fragt Gikas.
»Wissen Sie, was es für sie heißt, den Russen zu zeigen, daß die höheren Militärs und Geheimdienstoffiziere nirgendwo sicher sind, daß sie überall und jederzeit einem Anschlag zum Opfer fallen können? Und wissen Sie, was für ein Trumpf die beiden im Verhandlungspoker wären?«
Gikas wirkt von Schalj apins Argumenten wenig überzeugt. »Ich weiß nicht... Sicher ist, daß sie Medikamente für die Kranken und Nahrung für die Kinder verlangt haben«, sagt er zurückhaltend.
Schaljapin hat die Antwort schon parat. »Vergessen Sie nicht, was in Beslan passiert ist. Wie viele Frauen und Kinder getötet wurden. Die sind nicht dumm, die wissen, wie viele Sympathien sie dieses Blutbad gekostet hat, und wollen denselben Fehler nicht noch einmal machen. Mich würde es daher nicht verwundern, wenn sie diesmal Alte und Kinder freilassen und dann erst mit dem Töten beginnen.«
»Was ist deine
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