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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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sie.
      »Nichts. Die haben es darauf angelegt, uns fertigzumachen, damit wir bis vors Schiff schwimmen und sie anflehen, die Geiseln lebend herauszulassen.«
      »Das Schweigen ist das Schlimmste, ich weiß. Aber immerhin haben wir bislang keine Toten und Verletzten, nicht einmal irgendwelche abstrusen Forderungen.«
      »Woher willst du wissen, daß es keinen Toten gibt? Es gibt doch keinen Kontakt mit dem Schiff.«
      »Wenn Sie jemanden umbringen, werden sie ihn nicht in die Tiefkühltruhe legen. Sie werden ihn ins Meer werfen damit wir es alle sehen und in Panik geraten. Sieh zu, dass du die Fassung nicht verlierst«, ermuntere ich sie. »Ich weiß es ist schwer, wenn du allein so eine Aufgabe bewältigen mußt.«
      »Glücklicherweise bin ich nicht mehr allein. Fanis' Eltern sind hier, sie sind heute mittag gekommen. Ich habe Sevasti dein Bett überlassen. Prodromos wohnt bei einem Cousin in Mournies. Warte, Sevasti will dich sprechen.«
      »Kostas, vielen Dank für deine Hilfe mit den Flugtickets«, höre ich Sevastis Stimme.
      »Spar dir die Danksagungen lieber für den lieben Gott auf, den werden wir nämlich noch brauchen.«
      Ich lege auf und drücke nochmals auf die Fernbedienung. Diesmal erblicke ich die El Greco, die im Bildhintergrund vor den Thodorou-Inseln liegt. Im Vordergrund steht Stathakos in Dienstuniform und erklärt, die Terroristen gäben kein Lebenszeichen von sich und auf dem Schiff rühre sich nichts. Trotz allem sei die Polizei zuversichtlich...
     
     

* 11
     
    Ein Geräusch, das mir wie das Klingeln des Telefons erscheint, reißt mich aus dem Schlaf, doch als ich die Augen aufschlage, ist einzig und allein der Müllwagen zu hören. Es ist zehn nach zwölf, was bedeutet, daß ich kaum mehr als zwei Stunden geschlafen habe. Nach dem Telefonat mit Adriani beschloß ich, eine Kleinigkeit zu mir zu nehmen - weniger aus Appetit als zum Zeitvertreib. Im Kühlschrank fand ich einen Teller grüner Bohnen vor, den sie am letzten Tag vor unserer überstürzten Abreise nach Kreta zubereitet hatte. Ich kostete zwei eiskalte Bissen davon, brachte sie jedoch kaum hinunter. Die Angst fraß mich auf, und in der leeren Wohnung fiel mir die Decke auf den Kopf. So verfiel ich auf die klassische Lösung der Verdrängung: Ich legte mich schlafen.
      Ich lösche das Licht und drehe mich - in der Hoffnung auf baldigen Schlaf - auf die andere Seite. Doch nun wälze ich mich im Bett umher und zerknäuele das Laken, während ich sämtliche Geräusche, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wohnung, wahrnehme: die mit heulendem Motor anfahrenden Motorräder, die von den wummernden Bässen der Autoradios zitternden Fensterscheiben und zu guter Letzt das Klirren der Obstschale auf dem anspringenden Kühlschrank. Nach einer Viertelstunde stehe ich auf und beginne durch die Wohnung zu geistern. Ich gehe ins Wohnzimmer, schalte den Fernseher an und quäle mich durch eine Reihe von sinnlosen Schießereien, humorlosen Sitcoms und fruchtlosen Diskussionsrunden. Schon bald habe ich genug davon und trete auf den Balkon, um mir Luft zu verschaffen. Die Aristokleous-Straße liegt dunkel und verlassen unter mir. Ich nehme kurz Platz, doch die Ödnis der Straße überträgt sich auf mein Gemüt, und so stehe ich wieder auf. Ich kehre in die Küche zurück, öffne noch einmal den Kühlschrank, um - entgegen aller Hoffnungen - doch noch etwas Eßbares aufzufinden. Leider muß ich feststellen, daß mir nichts entgangen ist, und mache ihn wieder zu.
      Nach meiner Rückkehr ins Schlafzimmer greife ich zu Dimitrakos' Wörterbuch und suche nach dem Eintrag »Terrorismus«.
      Terror, der; -s [lat. >Schrecken<]: 1. Zwang; Druck [durch Gewaltanwendung]. 2. Schreckensherrschaft: [systematische] Verbreitung von Angst u. Schrecken durch Gewaltaktionen (bes. zur Erreichung politischer Ziele): Laut Lenin ist die Anwendung von Gewalt (>Roter Terror<) in der Auseinandersetzung mit dem >Klassenfeind< gerechtfertigt, bes. dann, wenn dieser auch zu gewalttätigen Mitteln (>Weißer Terror<) greift.
      Von allen durch Dimitrakos aufgezählten Bedeutungen ist nur noch die erste - Zwang und Druck durch Gewaltanwendung - aktuell. Ich frage mich, ob Katerina in ihrer Doktorarbeit den alten Terrorbegriff, wie er bei Dimitrakos gefaßt wird, und den modernen Terrorismus miteinander vergleicht. Aber ich kann es nicht sagen, da ich ihre Dissertation nie gelesen habe.
      Ich stelle das Lexikon wieder ins Regal zurück und

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