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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Nacht.«
      »Und in der Anlage drin?«
      »Wir sind nicht reingegangen, Herr Kommissar.«
      »Warum nicht?«
      »Was sollen wir da? Nur das Gebäude selbst hat man noch nicht geklaut. Drinnen ist nichts mehr übrig. Alles ist ausgeräumt.«
      »Da ist noch etwas«, ergänzt sein Kollege mit gepreßter Stimme.
      »Was denn?«
      Der Beamte wirft seinem Kollegen einen Blick zu, doch der starrt gerade in die umliegende Natur, die aus sechsstöckigen Wohnhäusern besteht. »Nachts schlafen hier ein paar armselige Afghanen«, sagt er. »Wenn wir hineingehen, müssen wir sie festnehmen, aber da sie uns leid tun, drücken wir beide Augen zu.«
      »Was machen diese Afghanen?«
      »Was anliegt, irgendwelche Hilfsarbeiten hier im Umkreis.«
      »Macht euch auf die Socken und holt sie mir her. Vielleicht haben sie etwas gesehen. Und jemand soll heute abend hier Wache schieben. Sei's auch nur vorsichtshalber, denn wenn sie tatsächlich etwas gesehen haben, kommen sie sicherlich nicht wieder.«
      Ich ordne Vlassopoulos an, den Leiter der Polizeiwache von Paleo Faliro zu kontaktieren und um Mithilfe bei der Suche nach den Afghanen zu bitten.
      Der Krankenwagen mit der Leiche wendet gerade, um das Gelände zu verlassen. Ich steige mit Vlassopoulos in unseren Streifenwagen, und wir folgen ihm. Dahinter reihen sich die anderen beiden Streifenwagen ein. Mit den Wagenkolonnen offizieller Würdenträger während der Olympischen Spiele hat unser trauriger Zug allerdings wenig gemein.
     
     

* 10
     
    Wir benötigen nur eine knappe Stunde und drei aufeinanderfolgende Telefonate, um die Identität des Opfers festzustellen. Es handelt sich um Stelios Ifantidis. Im Auftrag der Firma ad-Hellas hat er alles mögliche, von Mobiltelefonen über Autos bis hin zu Kartoffelchips, beworben. Seine Wohnung liegt in der Plapouta-Straße, eine Querstraße am unteren Ende der Kallidromiou-Straße. Ich diskutiere mit Vlassopoulos die Frage, ob wir gleich zu Ifantidis' Wohnung fahren sollen, doch schließlich verschieben wir es auf den nächsten Tag, damit wir sie bei Tageslicht und mit Unterstützung der Spurensicherung besichtigen können.
      Da wir noch einen kleinen Rest Arbeitszeit totschlagen müssen, beschließe ich, zusammen mit Vlassopoulos dem Firmensitz der ad-Hellas einen Besuch abzustatten. So sitzen wir nun in einem Büro, das von einer Kombination aus Aluminiumröhren, Holz und Kunstleder dominiert wird, einem gewissen Thanos Petrakis, dem Geschäftsführer der Firma, gegenüber. Hinter Petrakis' Rücken kann man durch das Fenster die Gerichtsgebäude in der Evelpidon-Straße erkennen, die zu dieser Stunde dunkel und verlassen daliegen.
      »Eine doppelte Tragödie«, meint Petrakis kopfschüttelnd.
      »Wieso doppelt?« wundert sich Vlassopoulos.
      »Zunächst einmal sind wir nun gezwungen, einen übererfolgreichen Werbespot abzusetzen. Wer will schon Werbung mit einem Toten oder gar mit einem Ermordeten sehen? Und zweitens müssen wir jetzt einen neuen, genauso gelungenen Spot produzieren, wofür wir den geeigneten Darsteller suchen müssen, der die Konsumenten genauso anspricht.«
      »Wie sind Sie auf Ifantidis gekommen?« frage ich Petrakis.
      »Durch Casting.«
      An meiner Miene kann er ablesen, daß mir diese Praxis nichts sagt, und er beschließt, sie mir mit einem gelangweilten und der Aufklärung eines Uneingeweihten angemessenen Gesichtsausdruck zu erläutern.
      »Wir arbeiten mit einigen Agenturen zusammen, die uns Models vermitteln. Wenn wir ein bestimmtes Model suchen, setzen wir uns mit ihnen in Verbindung und geben ihnen die nötigen Richtlinien vor, also Geschlecht, Alter, Haut- und Haarfarbe etc. Die Agenturen schicken uns dann eine Reihe von Fotos. Daraus treffen wir eine erste Auswahl, aufgrund derer wir entscheiden, wen wir zum Casting einladen. Nach Ansicht der Videos gelangen wir zur endgültigen Entscheidung.«
      »Und welche Agentur hat Ihnen den jungen Mann empfohlen?«
      »Keine Ahnung, damit befasse ich mich nicht«, meint er kühl, als habe ihn die Frage beleidigt. »Aber bestimmt kann Ihnen Frau Kourteli weiterhelfen.«
      Und im Handumdrehen erscheint die Genannte, eine dunkelhaarige, großgewachsene, schlanke und ungeschminkte Mittdreißigerin. Sie trägt ein granatfarbenes Kostüm und hat die Haare streng im Nacken zusammengebunden. Gleich nachdem sie zwischen mir und Vlassopoulos Platz genommen hat, meint sie mit trauriger Miene: »Wie schade um

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