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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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beibringen. Ich will nur vor acht Uhr zu Hause sein.«
      »Das wirst du«, lautet seine entschiedene Antwort, und biegt zum Obersten Gerichtshof ein.
      In den Gassen des Stadtteils Gysi bleibt er stecken, und bis zur Kyrillou-Loukareos-Straße hat er alle seine Sünden abgebüßt. Zur Abrundung des Übels hat die Polizei, welche die amerikanische Botschaft bewacht, die Kokkali-Straße abgesperrt. Glücklicherweise erkennt mich ein Polizeibeamter und winkt uns durch. Während der ganzen Fahrt zeigt der Taxifahrer allen Vorbeifahrenden den Vogel und brüllt jeden an, der uns in den Weg kommt, während das Musikprogramm im Autoradio über billigen Rembetiko, Volksweisen und langatmige Klarinetten-Soli bis zur heiligen Messe alles im Repertoire hat. Bei der Lesung aus dem heiligen Evangelium langen wir vor meiner Haustür an, und ich stürme los, um den Anfang der Nachrichtensendung nicht zu verpassen.
      Ich bin mir sicher, daß die El Greco die erste Schlagzeile bildet, doch anstelle des vor den Thodorou-Inseln ankernden Schiffes sehe ich das Bild von Stelios Ifantidis. Es muß sich um eine Archivaufnahme der AD-Hellas oder der Star Models handeln, denn ihre professionelle Qualität sticht ins Auge. Der junge Mann blickt mit einem gespielt naiven Lächeln direkt in die Kamera.
      »Sie alle werden den jungen Stelios Ifantidis aus dem beliebten Mobilfunk-Werbespot kennen, der auf allen Kanälen gesendet wird«, sagt der Moderator, und prompt taucht der Ausschnitt auf dem Bildschirm auf, in dem Ifantidis das Handy in die Kamera hält und die allseits bekannte Meldung bringt: »Wer bietet die niedrigste Grundgebühr und die preisgünstigste sms? Und wer läßt Sie vier Stunden umsonst telefonieren? Na, haben Sie's?«
      Die Werbeaufnahme wird unterbrochen, bevor der Name des Mobilfunkanbieters genannt wird, und erneut taucht der Moderator auf dem Bildschirm auf.
      »Gibt es Neuigkeiten im mysteriösen Mordfall Stelios Ifantidis, Thanos?« fragt er den Korrespondenten.
      »Zur Stunde gibt es nicht einmal eine offizielle Verlautbarung der Polizei, Andreas. Leider herrschen aufgrund der Geiselnahme der El Greco bei der griechischen Polizei chaotische Zustände. Wir konnten einzig in Erfahrung bringen, daß das Opfer heute morgen von einem Streifenwagen im Olympischen Sportkomplex Faliro aufgefunden wurde. Weder die genaue Tatzeit ist bekannt noch, ob der Mord im Olympischen Sportkomplex selbst begangen wurde oder ob das Opfer erst später dorthin gebracht wurde.«
      Und schon regnet es Aufnahmen der Sportstätten in Faliro in ihrem heutigen Zustand.
      »Diesen traurigen Anblick, verehrte Zuschauer, bietet der Olympische Sportkomplex Faliro ein Jahr nach den Spielen«, kommentiert der Moderator. »Und hier, in diesen verfallenen Umkleideräumen, wurde die Leiche des unglücklichen Stelios Ifantidis gefunden.«
      Das will ja wohl heißen, daß es keine Neuigkeiten von der Geiselnahme gibt, da sie diese sonst sofort verkündet hätten. Andererseits bin ich mir gar nicht sicher, ob die Geiselnahme der El Greco für die griechischen Fernsehsender eine wichtigere Meldung darstellt als der Mord an einem »Werbestar«.
      »Stelios Ifantidis' Familie lebt in Chalkida«, fährt der Korrespondent fort. »Seine Mutter und seine Schwester sind untröstlich und beschweren sich, daß die Polizei noch keinerlei Kontakt zu ihnen aufgenommen hat.«
      Wie sollen wir auch, wenn wir euch noch suchen, sage ich mir und rufe Vlassopoulos an. Ich sage ihm, er möge die Familie anrufen und unseren Besuch für morgen ankündigen, um weiteren Beschwerden zuvorzukommen.
      Nun ist eine junge Frau um die Dreißig auf dem Bildschirm zu sehen, die vor einem mehrstöckigen Wohnhaus mit den Reportern spricht und ihren Bruder in den höchsten Tönen lobt. Geduldig lasse ich Petrakis und die Lasaratou vorbeidefilieren, die beide dasselbe Loblied auf das Opfer anstimmen, genauso vorgefertigt und verpackt wie die Croissants in Zellophanhülle, die ich jeden Morgen in der Kantine unserer Dienststelle kaufe: Er sei ein großartiger junger Mann gewesen, talentiert, allseits beliebt, Feinde seien auszuschließen. Über seine Homosexualität verlieren sie kein Wort.
      Als nach einer halben Stunde für den Werbeblock unterbrochen wird, bin ich überzeugt, daß es absichtlich geschieht, um meine Nerven zu strapazieren. Ich schalte den Fernseher aus und rufe Adriani an.
      »Irgendwelche Neuigkeiten?« frage ich

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