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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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aggressive Ton von Arvanitakis' Gesprächspartner beeinflußt hat oder ob meine Kräfte kurz vor dem Zusammenbruch stehen. Meine Geduldsreserven sind jedenfalls nahezu restlos aufgebraucht.
      »Ich möchte wissen, wie es mit meiner Tochter weitergeht«, stoße ich hervor.
      Er seufzt auf und deutet auf zwei Schriftstücke auf seinem Schreibtisch. »Das hier ist der Widerruf der Antirassismus-Charta, und das hier ist meine Rücktrittserklärung als Vorsitzender des Bundes griechischer Polizeibeamter.«
      »Mich interessiert nur das erste.«
      Er greift danach und überreicht es mir wortlos. Es handelt sich um einen kurzen, gerade mal zehn Zeilen langen Text. »Der Vorstand des Panhellenischen Bundes der Polizeibeamten hat einstimmig beschlossen, die Antirassismus-Charta zu widerrufen, die kürzlich zur Diskussion gestellt wurde. Der Vorstand glaubt, daß zur Zeit die objektiven Voraussetzungen für eine solche Diskussion in Griechenland nicht gegeben sind. Er wollte dadurch keinesfalls das Leben einer griechischen Geisel gefährden, vor allem, wenn es sich dabei um die Tochter eines hervorragenden Kollegen handelt.«
      »Wann werden Sie mit dem Text an die Öffentlichkeit gehen?« frage ich Arvanitakis mit derselben Miene wie vorhin, ohne mich vom Zusatz des »hervorragenden« Kollegen beeindrucken zu lassen.
      »Der Text macht gerade bei den Vorstandsmitgliedern die Runde. Sobald die Unterschriften komplett sind, gebe ich den Text heraus.«
      »Machen Sie schnell, denn Sie können sich nicht vorstellen, wozu der hervorragende Kollege fähig ist, wenn eine Todesanzeige seiner Tochter die Runde macht.«
      Ich gehe hinaus, ohne seine Reaktion abzuwarten. Bevor ich Vlassopoulos anweise, mir die von ihm aufgetriebene Zeugin reinzuschicken, rufe ich Fanis auf seinem Handy an und berichte ihm, daß die Verlautbarung des Bundes griechischer Polizeibeamter innerhalb der nächsten Stunde veröffentlicht wird.
      »Das ist ein Hoffnungsschimmer«, meint er zurückhaltend, als bringe Zuversichtlichkeit Unglück. »Aber, stell dir vor, auf dem Schiff ging es mir tausendmal besser. Dort war ich wenigstens bei ihr, wir teilten dasselbe Los. Hier bin ich weit weg, kann keinerlei Kontakt zu ihr aufnehmen, ich weiß nicht, wie es ihr geht, was man mit ihr anstellt, ich weiß rein gar nichts.«
      An seinem Fazit, das einem Schluchzen gleichkommt, merke ich, daß er kurz vor einem Nervenzusammenbruch steht. »Du darfst jetzt nicht schlappmachen«, sage ich, und es hört sich härter an als beabsichtigt. »Wenn auch du zusammenklappst, ist alles aus. Katerina muß zwar schwere Stunden durchstehen, aber ihr Leben ist nicht gefährdet. Sie werden ihr nichts tun, weil sie wissen, daß sie über kurz oder lang zur Aufgabe gezwungen sein werden. Daher wollen sie ihre Position nicht unnötig belasten.«
      »Woher willst du wissen, daß sie nicht das ganze Schiff vermint haben, um es in die Luft zu sprengen?«
      »Weil es keine todesmutigen Araber, sondern Griechen sind, denen ihr kleines Leben lieb ist.« Ich versuche, selbst an meine Worte zu glauben.
      »Falls du es noch nicht gemerkt haben solltest: Ich kann ohne deine Tochter nicht leben«, meint er und legt auf, bevor ich etwas entgegnen kann. Unter anderen Umständen hätte mir sein Geständnis große Freude bereitet. Nun jedoch bildet es ein zusätzliches Gewicht zur ohnehin schon unerträglich schweren Last, die ich zu stemmen versuche.
      Ich fahre zu Gikas' Büro hoch und veranlasse Vlassopoulos, die Zeugin herzubringen. Kurz darauf taucht er mit einer weißhaarigen Dame an die Siebzig auf, die verloren um sich blickt.
      »Herr Kommissar: Frau Pinelopi Stylianidi, von der ich gesprochen habe. Nehmen Sie Platz, Frau Pinelopi«, meint er dann sanft zur Weißhaarigen und deutet auf den Stuhl, der dem Schreibtisch gegenübersteht. »Ich möchte, daß Sie Herrn Kommissar Charitos noch einmal schildern, was Sie mir vorhin erzählt haben.«
      Bei der Erwähnung meines Namens fährt Frau Pinelopi wieder hoch, bevor sie überhaupt Platz genommen hat. »Entschuldigung, sind Sie der Herr Charitos, dessen Tochter -«
      »Ja, aber das ist nicht der Grund, weshalb Sie hier sind«, entgegne ich kurz angebunden, um ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen, doch sie läßt sich von meinem abwehrenden Gesichtsausdruck nicht beeindrucken.
      »Gott möge Ihnen Kraft geben, mein lieber Herr Kommissar. Ihnen und Ihrer Frau.«
      »Danke, Frau Pinelopi.

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