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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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ich mir etwa von der Sitte eine Liste aller Athener Gay Bars kommen lassen und sie mit Vlassopoulos abklappern? Damit kommen wir keinem Schritt über das »Nichts gesehen, nichts gehört« hinaus. Im Polizeikorps haben wir eine ganze Menge Polizistinnen, die keine Probleme damit hätten, sich als Prostituierte auszugeben. Es gibt hingegen keinen einzigen Polizeibeamten, der sich als Homosexueller ausgeben würde. Selbst wenn einer homosexuell wäre, würde er wohl lieber seine Rente opfern, als den schwulen Agenten under cover zu geben.
      Dann lasse ich die Gedanken beiseite, die nur in Sackgassen enden, und fange mit den Routinefragen an, die der sicherste Weg zum Ziel sind. An der Wohnungstür treffe ich auf Vlassopoulos.
      »Wir haben seinen Wagen gefunden«, sagt er, sobald er mich erblickt. »Ein nigelnagelneuer Golf. Er kann ihn nicht länger als einen Monat gefahren haben. Ich habe den Abschleppdienst benachrichtigt, um ihn ins Labor bringen zu lassen.«
      »Schön. Knöpf dir die Hausbewohner vor, vielleicht kannst du was aus ihnen herauslocken. Ich fahre zur Werbeagentur Spot.«
      Die Spot ag hat die tv-Werbung gedreht, in der Koutsouvelos aufgetreten ist. Ihre Büros liegen auf der Chalandriou-Amaroussiou-Straße, in der Gegend hinter dem Ärztezentrum, wo die Bürotürme wie Pilze aus dem Boden schießen, so daß man sich fragt, was in Griechenland schneller wächst: die legalen Unternehmen oder die Schattenwirtschaft. Die legale Lösung wäre, über die Ermou- in die Athinas-Straße zu fahren und von dort die Stadiou-Straße zu nehmen. Da jedoch die legalen Lösungen in Griechenland nur Schneckentempo erlauben, beschließe ich, illegal vorzugehen und die Fußgängerzone der Apostolou-Pavlou-Straße im Rückwärtsgang bis zur Dionysiou-Aeropagitou-Straße hochzufahren. Das illegale Vorgehen wird, wie stets in Griechenland, belohnt, und innerhalb von zehn Minuten bin ich über den Amalias- auf den Kifissias-Boulevard gelangt.
      Ein Schild am Eingang informiert mich, daß die Spot ag Jie ganze dritte Etage des Büroturms einnimmt. An der Rezeption erwartet mich eine wie für einen Disko-Besuch geschminkte und herausgeputzte Blondine. Sie erklärt mir, Herr Andreopoulos, der Geschäftsführer, warte bereits auf meinen Besuch, und sie deutet auf die letzte Tür rechts am Ende des Flurs. Was überflüssig ist, denn es ist die einzige Tür, über die das Unternehmen verfügt. Der Rest ist ein Großraumbüro und in gleichförmig geschnittene Eisenbahncoupes unterteilt, die alle einen Schreibtisch, pc, Telefon und einen Besucherstuhl enthalten.
      Als ich die Tür öffne, empfängt mich eine seriöse, platinblonde Fünfzigjährige im Kostüm. In all den Jahren, in denen ich in Firmenbüros ein und aus gehe, hat sich bei mir der Eindruck verfestigt, daß alle demselben Schema folgen. Zunächst einmal wird man von einem taufrischen Zitronenfalter empfangen, um danach von einer seriösen Schleiereule übernommen zu werden. Als wolle man sagen, an der Oberfläche bezirzen wir dich zwar mit einem Nymphchen, doch im Kern präsentieren wir uns als ernsthaftes Unternehmen.
      Die Dame fragt mich, ob ich etwas trinken möchte, worauf ich mich höflich bedanke und in das Allerheiligste des Geschäftsführers Andreopoulos vordringe.
      Er ist ein hünenhafter, tadellos gekleideter Mann mit einem Lächeln und einem Blick von solcher Kälte, daß sie einen durch ihre aufgesetzte Höflichkeit noch mehr zum Frösteln bringen.
      »Einleitende Worte können wir uns wohl sparen«, sage ich daher förmlich und lasse alle Freundlichkeit beiseite.
      »Richtig. Sie sind gewiß gekommen, um Informationen über Koutsouvelos einzuholen«, entgegnet er mit seinem schiefen Lächeln um die Mundwinkel.
      »Wir versuchen, uns ein Bild von Koutsouvelos zu machen. Was für ein Mensch er war, wo er verkehrte, mit wem er Beziehungen hatte. Anders gesagt: Wir wollen vom Allgemeinen zum Besonderen vordringen.«
      Andreopoulos wird ernst und denkt nach. »Er war ein störrischer Mensch«, schlußfolgert er dann. »Störrisch und habgierig. Einmal verlangte er mehr Geld, dann wieder wollte er die Vertragsbedingungen zu seinen Gunsten verändern, oder er forderte Vorschußzahlungen, und wenn wir ablehnten, drohte er mit seinem Weggang.«
      »Und das haben Sie sich bieten lassen?«
      »Wir haben versucht, einen modus vivendi mit ihm zu finden«, sagt er, und zeitgleich mit dem lateinischen Ausdruck kehrt auch sein

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