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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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als mir eine Aussage des Moderators den Hörer in der Hand gefrieren läßt.
      »Die ganze Familie von Kommissar Charitos wartet angespannt auf die Rückkehr der Tochter Katerina. Wir haben versucht, Kostas Charitos in Athen zu sprechen, doch konnten wir ihn nicht für eine Stellungnahme erreichen.«
      Gleich beim ersten Satz setzt sich ein Floh in meinem Ohr fest, und beim zweiten beginnen die Alarmglocken zu schrillen. Ich bin mir sicher, daß niemand versucht hat, mit mir Verbindung aufzunehmen, und zwar aus dem einfachen Grund, weil denen klar gewesen sein muß, daß ich nichts sagen würde. Das bedeutet, daß sie es über einen anderen Zugang probiert haben. Und mein Verdacht bestätigt sich unverzüglich.
      »Unserem Korrespondenten Christos Sotiropoulos ist es jedoch gelungen, mit Katerinas Mutter, Frau Adriani Charitou, zu sprechen.«
      Die Totale ändert sich, und Sotiropoulos tritt mit einem in die Kamera gerichteten Lächeln auf. Die Einleitung des Moderators war ihm entweder unzureichend, oder sie gefiel ihm nicht, da er nun seine eigene präsentiert.
      »Guten Abend, sehr geehrte Fernsehzuschauer. Frau Adriani Charitou ist eine derjenigen Mütter, an deren angespannte Gesichter wir uns dieser Tage gewöhnt haben. Doch während die anderen Mütter seit gestern ihre Kinder in den Armen halten, harrt Frau Adriani Charitou weiterhin voller Angst auf die Freilassung ihrer Tochter. Schuld daran ist einzig und allein die Tatsache, daß Tochter Katerina einen Polizeibeamten zum Vater hat: Kommissar Kostas Charitos.«
      Die Kamera fährt zurück, um auch Adriani ins Bild zu nehmen. Soweit ich mich an das Hotel Samaria erinnern kann, wird das Interview an der Bar aufgenommen, da ich die hölzernen Tische und Sofas sowie das auf die Querstraße weisende Fenster wiedererkenne. Adriani hat nicht auf einem Sofa, sondern in einem großen roten Sessel Platz genommen. Ihr Rücken ist aufrecht, ohne die Lehne zu berühren, und Hände und Beine hält sie über Kreuz.
      Sotiropoulos behält seinen herzlichen Gesichtsausdruck bei und lächelt ihr zu. Vielleicht weil er damit rechnet, daß ich das Interview verfolge, und er mir zeigen will, daß er seine säuerliche Miene für mich aufbewahrt, während er mit meiner Frau ein Herz und eine Seele ist.
      »Nun, Frau Charitou? Sind Sie froh, daß Ihre Tochter bald wieder bei Ihnen sein wird, wie wir alle es hoffen?«
      Adriani blickt ihn nachdenklich an. »Selbstverständlich bin ich froh und kann es kaum erwarten«, entgegnet sie dann. »Andererseits hält sich meine freudige Erwartung in Grenzen.«
      Sotiropoulos blickt sie überrascht an, ich ebenso. »Wieso? Glauben Sie nicht an die baldige Freilassung? Die Bedingung der Terroristen ist erfüllt worden. Folglich gibt es keinen Grund mehr, sie weiter festzuhalten.«
      Adriani hebt unmerklich die Schultern. »Das ewige Hin und Her zwischen Hoffnung und Verzweiflung in diesen Tagen hat so viel Kraft gekostet, daß ich mich gar nicht mehr freuen kann. Was not täte, wäre ein wenig Ruhe und Erholung.«
      »Das eine schließt das andere ja nicht aus. Wenn diese Prüfung vorbei ist, werden Sie sich zusammen mit Ihrer Tochter freuen und erholen können.«
      »Meine Freude ist nicht frei von Angst, Herr Sotiropoulos.« Sie hält inne und lächelt ihm zu. »Immer wenn ich zu meinem Vater sagte: >Papa, in zwei Wochen ist Weihnachten<, antwortete er mir: >Mal sehen.< Damals sagte ich mir: Ja, ist er denn bei Trost? Kann es sein, daß Weihnachten nicht stattfindet? Nun verstehe ich, was er meinte. Wenn man sogar daran zweifeln muß, ob Weihnachten kommt, das seit mehr als zweitausend Jahren jedes Jahr gefeiert wird, wie sollte ich da nicht daran zweifeln, ob meine Tochter morgen bei mir sein wird?«
      »Vorgestern haben Sie gesagt, die Terroristen seien Landsleute und zu Unrecht verfolgt, da sie unseren orthodoxen Brüdern beigestanden hätten. Würden Sie das auch heute so formulieren, wo die Terroristen Ihre Tochter benützen, um den Bund griechischer Polizeibeamter zu erpressen?«
      »Heute würde ich genau das Gegenteil sagen, aber was will das schon heißen? Morgen oder übermorgen würde ich möglicherweise wieder anders denken.«
      »Ändern Sie so leicht Ihre Meinung?« fragt Sotiropoulos höflich, während er sich wohl fragt, ob sie wirklich so oberflächlich ist, wie es den Anschein hat.
      »Es ist bloß, weil ich die Welt nicht mehr verstehe«, seufzt Adriani auf. »Ich sitze

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