Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
Führungspersonal der beiden Werbefirmen hat nun genügend lang gewartet.
Bei meinem Eintreten sitzen sie Seite an Seite auf unbequemen Stühlen und unterhalten sich. Bei meinem Anblick verstummen sie und blicken mir erwartungsvoll entgegen. Doch ich sage nichts, setze mich bloß an den kleinen Schreibtisch und blicke sie an. Nach einer Weile frage ich:
»Hat der Täter Sie vor oder nach den Morden an Stelios Ifantidis und Makis Koutsouvelos kontaktiert?«
Ihnen bleibt die Spucke weg, und sie starren einander an. Sie waren sicher, ihr gut gehütetes Geheimnis sei nicht durchgesickert, und müssen nun feststellen, daß es sogar bis zu meinem Büro vorgedrungen ist.
»Welcher Täter?« Andreopoulos flüchtet sich in eine dumme Frage, um sich aus der Verlegenheit zu helfen.
»Der Mörder hat Sie und Herrn Petrakis angerufen, Herr Andreopoulos, und hat Sie gewarnt. Sollten Sie mit den Werbesendungen nicht aufhören, würde er anfangen, blindlings Leute aus der Werbebranche umzubringen. Die Frage ist, ob er danach getötet hat, was hieße: weil Sie ihn nicht ernst genommen haben, oder ob er zunächst einmal einen Mustermord geliefert und Sie danach gewarnt hat, damit Sie seiner Drohung auch die gebührende Beachtung schenken.«
Ich mache eine kleine Pause, um ihnen die Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben, doch ich registriere nur ihr Schweigen und fahre fort: »Sicher ist jedenfalls, daß Sie seine Drohung nicht ernst genug genommen haben.«
»Aber, Herr Kommissar, wer würde denn jemanden ernst nehmen, der damit droht, die ganze Werbebranche auszurotten, wenn wir unsere Spots nicht einstellen?«
»Ich, Herr Petrakis. Ich hätte ihn von dem Zeitpunkt an sehr ernst genommen, als er begann, seine Drohung wahrzumachen, und ich hätte die Polizei informiert. Was Sie nicht getan haben.«
»Weil wir ihm keine Bedeutung beigemessen haben, wie Ihnen Herr Petrakis schon sagte«, meint Andreopoulos eisig. »Wir haben darüber beraten und beschlossen, nicht weiter darauf einzugehen.«
»Am Anfang ging das ja vielleicht. Aber warum haben Sie, als Ihnen klar wurde, daß es sich um zwei Mordopfer aus der Werbebranche handelt, mir verheimlicht, daß Sie der Mörder gewarnt hatte?« Sie blicken sich an und finden keine Antwort. »Das bewußte Verschweigen von Hinweisen in einer Mordsache bildet eine Straftat. Eigentlich müßte ich das an die Staatsanwaltschaft weiterleiten.«
»Versetzen Sie sich doch in unsere Lage, Herr Kommissar.« Petrakis spricht vornübergebeugt und mit erhobener Stimme, weil er glaubt, mich so zu überzeugen. »Wissen Sie, was für einen Schaden eine solche Drohung anrichten kann, wenn sie durchsickert? Welches Model wagt dann noch, Werbespots zu drehen, welches Unternehmen wagt dann noch, Werbung in Auftrag zu geben, welcher Fernseh- oder Radiosender wird sie bringen, und welche Zeitung wird sie drucken? Begreifen Sie, was auf dem Spiel steht?«
»Sie meinen also, Sie hätten mir die Wahrheit verschwiegen, weil Sie befürchteten, die Polizei würde nicht dichthalten?«
»Kommen Sie, Herr Kommissar. Wissen Sie nicht, daß jeder Sender bei der Polizei seine Leute hat, denen er ein monatliches Gehalt bezahlt, um an Informationen zu kommen?« Andreopoulos blickt mich mit seinem säuerlichen Lächeln an.
»Darf ich fragen, wie Sie es erfahren haben?«
Die Frage stammt von Petrakis, und die Antwort geht an ihn, obwohl sie sich an den anderen richtet. »Die Polizei hat nicht die Mittel, Angestellten Ihrer Firma ein monatliches Gehalt zu bezahlen, um an Informationen zu kommen, Herr Petrakis. Folglich ist der einzige, der uns benachrichtigt haben kann, der Mörder selbst. Als er merkte, daß Sie sich taub stellten, hat er bei mir angerufen.«
Beide blicken sich, ohne etwas zu sagen, an, doch ihr Gesichtsausdruck spricht Bände. »Haben Sie vor, die Printmedien zu informieren?«
»Nein, aber sichert Sie das ab? Was hindert den Mörder daran, morgen einen Brief an eine Zeitung zu schicken oder die Journalisten anzurufen und auf die Suche nach einem Bekennerschreiben in einer Mülltonne zu schicken? Haben Sie vergessen, wie der >17. November< vorgegangen ist?«
»Was das betrifft, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Wir haben Mittel und Wege, eine Veröffentlichung zu unterbinden.« Wiederum überzieht das säuerliche Lächeln Andreopoulos' Gesicht, diesmal angereichert mit einer Grimasse, die auf seinen Einfluß
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