Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
auf die Geiselhaft meiner Tochter so sehr geholfen haben.«
Gikas blickt mich an. Sollte ihn diese plötzliche Dankesbezeigung - die erste in unserer Zusammenarbeit - angenehm überrascht haben, so zeigt er es jedenfalls nicht. Er zieht es vor, die Rolle des Seriösen und Bescheidenen weiterzuspielen.
»Nichts zu danken. Katerina kenne ich von klein auf, da ist es ganz natürlich, daß ich mich um die Sache kümmere.« Er hält inne und fügt verschämt wie eine Jungfrau hinzu: »Für einen Kollegen tut man selbstverständlich mehr als nur seine Pflicht.«
Der beste Weg, das Süßholzraspeln zu beenden, ist die sachliche Berichterstattung. Also beginne ich, Gikas ein detailliertes Bild der Morde an Ifantidis und Koutsouvelos zu entwerfen, zuerst anhand einer Zusammenfassung der Fälle und dann anhand der neuesten Entwicklungen. Er hört mir schweigend und mit zusammengezogenen Brauen zu. Nichts von dem Gehörten begeistert ihn, denn er interpretiert es als das Wetterleuchten eines heraufziehenden Gewitters. Und damit liegt er nicht falsch.
»Mit anderen Worten: Entweder fassen wir ihn, oder er begeht einen Mord nach dem anderen.«
»Genau.«
»Wen hat er außer den Werbefirmen noch bedroht?«
Sobald die Frage im Raum steht, könnte ich mir an die Stirn schlagen. Logischerweise müssen die ersten, die er bedroht hat, die Fernsehsender gewesen sein, die es - höchstwahrscheinlich in Absprache mit den Werbeagenturen - vor mir geheimgehalten haben.
»Daß ich daran nicht gedacht habe!« rufe ich mit der absoluten Aufrichtigkeit aus, die unsere Beziehung seit dem heutigen Morgen kennzeichnet. »Ich hätte auch die Sender fragen müssen. Sicher hat er auch sie bedroht.« Ich springe auf, um Vlassopoulos zu kontaktieren, aber Gikas hält mich zurück.
»Überstürzen Sie nichts. Wir wollen es offizieller angehen, um uns abzusichern. Koula wird sie in mein Büro laden. Das wird es ihnen schwerer machen, Lügengeschichten aufzutischen, und uns erlauben, ihnen eine gemeinsame Taktik vorzugeben.«
Diese Idee finde ich ausgezeichnet und ziehe mich zurück, als er Koula hereinruft, um ihr Anweisungen zu geben. Wenn schon, denn schon: Schweres Geschütz muß mit schwerem Geschütz beantwortet werden und nicht mit einer Schrotflinte. Und außerdem ist es mir lieber, er ist beim Gespräch dabei, damit er mir morgen nicht vorwerfen kann, ich hätte die sogenannte vierte Gewalt angepöbelt, obwohl sie im Grunde längst die erste Gewalt im Staate ist.
Sobald ich auf den Flur trete, wo mein Büro liegt, wird mir klar, daß das Athener Polizeipräsidium zum Alltagsge-schäft zurückgekehrt ist. Ich finde sie alle wieder vor - bereit, mit ihren Kameras, Mikrofonen und Aufnahmegeräten loszustürmen. Ich habe es nicht mehr mit originalgetreuen Nachbildungen zu tun, sondern mit den Originalen selbst, die aus Kreta zurückgekehrt sind und ihre Routine wiederaufgenommen haben. Unter ihnen ist auch Sotiropoulos, der mir einen schrägen Blick zuwirft, dann jedoch gleich woandershin schaut. Ein deutliches Zeichen, daß er mir meine Attacke immer noch nachträgt. Ich bin gespannt, wann er zum Angriff übergehen wird.
»Die Presseerklärungen gibt der Sprecher des Ministeriums für öffentliche Ordnung ab«, erläutere ich, während ich die Tür zu meinem Büro öffne.
»Dort waren wir schon, aber man hat uns erklärt, das sei nur eine Ausnahmeregelung aufgrund der Geiselaffäre gewesen«, ist eine Frauenstimme aus dem Hintergrund zu vernehmen. »Von heute an sollen wir uns wieder an die Allgemeine Polizeidirektion Attika wenden.«
Ich trete in mein Büro, ohne sie einzuladen, aber auch ohne die Tür hinter mir zu schließen. Auf diese indirekte Aufforderung hin stürmen alle herein, die Techniker positionieren ihre Kameras, und die Radioredakteure plazieren ihre Aufnahmegeräte auf dem Schreibtisch. Sotiropoulos setzt sich nicht wie gewöhnlich in die erste Reihe, sondern bleibt neben der Tür stehen.
»Ich habe jedenfalls Ihre Kollegen schon zweimal über die aktuellen Entwicklungen informiert.«
»Ja, wollen Sie uns auf den Arm nehmen, Kommissar?« dringt Sotiropoulos' Stimme aus dem Hintergrund. »Zuerst schicken Sie uns zum Pressesprecher des Ministeriums für öffentliche Ordnung, und nun verweisen Sie uns auf unsere eigenen Kollegen. Informieren Sie uns endlich, damit wir aus erster Hand wissen, was gespielt wird.«
»Na schön, ich sage Ihnen, was wir bis
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