Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
anspielt.
»Wie weit können Sie es unterbinden? Reicht Ihr Einfluß bis zu den Provinzzeitungen oder bis zu den lokalen Radiosendern? Es genügt, wenn der Mörder mit einem dieser Medien Kontakt aufnimmt, und eine halbe Stunde später weiß es ganz Griechenland.« Ich verstumme, um ihre Reaktion zu sehen. Sie blicken mich nur wortlos an und scheinen die Hosen voll zu haben. »Das ist jedoch nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, wenn er mit dem Morden weitermacht, um uns zu zwingen, an die Öffentlichkeit zu gehen.«
Petrakis fällt keine Entgegnung auf meine Worte ein, und er hebt die Arme in die Höhe. »Worauf haben wir uns da bloß eingelassen?« fragt er sich.
»Wann haben Sie den Anruf erhalten?«
»Gleich nach Auffindung der Leiche. Das heißt, am nächsten Morgen. Jemand wollte mich ausdrücklich persönlich am Telefon sprechen, meine Sekretärin versuchte, ihn mit jemand anderem zu verbinden, aber er ließ sich nicht abwimmeln.« Dieselbe Taktik wie bei mir. »Als ich schließlich ans Telefon ging, um meine Ruhe zu haben, forderte er, ich sollte sofort jegliche Werbung einstellen, weil es sonst noch weitere Opfer zu beklagen gäbe. Das Gespräch dauerte länger, aber das war die Kernaussage.«
»Und bei Ihnen?« frage ich Andreopoulos.
»Genauso wie bei Thanos. Am Tag nach der Auffindung von Koutsouvelos' Leiche wollte mich ein Anrufer beharrlich sprechen. Irgendwann habe ich ihn dann durchstellen lassen, und er hat fast genau dasselbe gesagt: Er würde so lange weitermorden, bis ich aufhörte, die Welt mit Werbung zu vergiften. Daraufhin habe ich mich sofort bei Thanos rückversichert, und wir haben aus den angeführten Gründen beschlossen, daß die Sache unter uns bleiben sollte.«
Eine Fortsetzung der Befragung hat keinen Sinn, weil ich weiß, daß sie mir die Wahrheit sagen. »Sie können gehen, aber in Zukunft möchte ich, daß Sie mich sofort benachrichtigen, wenn der Mörder wieder mit Ihnen Kontakt aufnimmt.«
Sie brechen auf, nachdem sie mir beide die Hand geschüttelt haben. Bevor sie bei der Tür anlangen, bleibt Petrakis kurz stehen und wendet sich nochmals zu mir.
»Da war auch noch ein anderer Grund, warum wir dem Telefonat keine besondere Bedeutung beigemessen haben«, sagt er.
»Und welcher?«
»Der Anrufer, der die Drohungen ausstieß, hörte sich an wie ein Opa. Wie ein harmloser alter Opa, der sich auf unsere Kosten amüsieren will.«
Auf dem Weg hoch in mein Büro versuche ich dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Wer den Mörder sieht, und sei es auch noch so flüchtig, spricht von einem Kleiderschrank von Mann. Wer den Mörder am Telefon reden hört, spricht von einem alten Opa. Was ist hier los? Haben wir es schließlich mit zwei Mördern zu tun? Und welche mörderische Beziehung könnte einen jungen Mann mit der Statur eines Bodybuilders und einer Harley-Davidson Sportster 1200 mit einem zahnlosen Greis verbinden, der Schwule »warme Brüder« nennt? Wer könnte dahinterstecken? Vater und Sohn? Onkel und Neffe? Schwiegervater und Schwiegersohn? Eine Beziehung dieser Art könnte zumindest erklären, wie eine Luger zur Mordwaffe werden konnte. Außer, er ahmt am Telefon die Stimme eines alten Mannes nach, um uns zu verwirren.
»Das Ende der Entführung der El Greco hat auch sein Gutes«, meint Vlassopoulos zu mir, sobald ich mein Büro betrete. »Die ganzen Polizeikräfte aus Attika kehren an ihre Basis zurück, und wir können wieder richtig arbeiten.«
»Schon, aber in der Zwischenzeit mußt du die Zähne zusammenbeißen und einige dringliche Aufgaben in Angriff nehmen.«
»Ich bin ganz Ohr.«
»Gib dem Labor Bescheid, sie sollen bei meinem Telefon sowie den Apparaten von Petrakis und Andreopoulos eine Fangschaltung installieren, um die Stimme des Anrufers aufzuzeichnen. Vor der Aktivierung sollte man die beiden darüber informieren. Und von der Verkehrspolizei hätte ich gerne eine Auflistung der gestohlenen Motorräder aus den letzten drei Monaten. Da sollst du überprüfen, ob es darunter eine Harley-Davidson Sportster 1200 gibt.«
»Soll ich nicht gleich eine Auflistung der Fahrzeughalter mit demselben Modell anfordern?«
»Kannst du machen, nur wird das Durchchecken eine Weile dauern, und es ist gar nicht sicher, daß er ein Motorrad benutzt hat, das auf seinen Namen eingetragen ist. Für so blöd halte ich ihn nicht.«
Nach Vlassopoulos' Abgang rufe ich Gikas auf seinem Handy an.
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