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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Er hört sich zu Tode betrübt an. »Wir sind regelrecht vorgeführt worden«, meint er. »Man hat alles ohne uns geplant. Sie haben die Befreiungsaktion durchgeführt, sie haben die Presseerklärungen abgegeben, und wir sind beim Alteisen gelandet.« Ich starte einen Versuch, ihn über die Wendung im Fall der beiden ermordeten Models zu unterrichten, doch er winkt ab. »Morgen früh bin ich wieder im Büro. Dann erzählen Sie mir alles persönlich.«
      Eine Frage bleibt unbeantwortet: ob ihn die Beleidigung des Polizeikorps stört oder ob er Angst davor hat, daß sein Stuhl wackeln könnte. Das Ansehen des Ministers ist zugegebenermaßen ramponiert, und demnach wird er nach einem Sündenbock Ausschau halten.
     
     

* 29
     
    Wie lange habe ich ihn nicht mehr an seinem Schreibtisch gesehen? Eine Woche? Zwei? Katerinas und Fanis' Geiselhaft hat mein Zeitgefühl aufgehoben. Manchmal wollte es mir scheinen, die Zeit sei nach meiner Rückkehr von Chania nach Athen stehengeblieben. Und dann wieder zwischen den Morden an Ifantidis und Koutsouvelos. Die Situation besserte sich nach Katerinas Freilassung und der Rückkehr meiner Familie nach Athen. Doch das betrifft nur die Gegenwart, mein Verhältnis zur jüngsten Vergangenheit ist nach wie vor gestört.
      Als mich heute morgen Koula anrief, um mir mitzuteilen, daß er mich sehen wolle, verspürte ich Erleichterung. Nicht weil ich meinen unmittelbaren Vorgesetzten sehen würde, sondern weil die Dinge wieder ihren alten Gang gingen. Und nun, da ich ihm gegenübersitze, in dem altbekannten, links vor dem Schreibtisch stehenden Sessel, scheint mein Leben wieder in die gewohnten Bahnen zurückzukehren.
      Was mir jedoch die Laune verdirbt, ist sein Gesichtsausdruck. In den Sitzungen setzt Gikas eine ganz bestimmte Miene auf. Normalerweise blickt er einen wortlos an und zwingt einen dadurch, sich kurz zu fassen, denn er vermittelt einem ständig das Gefühl, unendlich gelangweilt zu sein. Selbst seine Fragen sind kurz und im Telegrammstil gehalten und zwingen einen, auch die Antworten nicht zu sehr in die Länge zu ziehen.
      Heute jedoch, am ersten Tag nach seiner Rückkehr an die Dienststelle, ist er anders. Ich schaue ihn an, und ein Ausdruck kommt mir in den Sinn, den Adriani häufig verwendet: »Er läßt den Kopf hängen.« Wenn Katerina als Schulkind schlecht drauf war, weil sie bei einer Klassenarbeit nicht die erwartete Note eingeheimst hatte, sang ihr Adriani das Lied »Ihre Köpfchen lassen hängen Veilchen und Jasmin, Veilchen und Jasmin«, bis ihre Tochter wieder lachte.
      Gikas läßt seinen Kopf sicherlich hängen, weil man ihm die Show gestohlen hat. Dort, wo er erwartete, den Erfolg der Befreiung der ausländischen Geiseln auf seinem Konto zu verbuchen und Presseerklärungen vor einem Strauß von Mikrofonen abzugeben, haben die Minister für öffentliche Ordnung und Verteidigung einvernehmlich das Unternehmen den Kampfschwimmern der Marine übertragen. Um die Wahrheit zu sagen: Ich habe Verständnis für ihn und teile seine Enttäuschung. Es ist ungerecht, die Polizei, welche die Krise so gut gemeistert hat, in dem Moment des Erfolgs außen vor und die Marine allein zum Zuge kommen zu lassen.
      Gikas bewertet es noch schlimmer. »Es war ein Anschlag auf das Ansehen des Polizeikorps«, meint er. »Ja, wenn wir unsere Sache bis dahin nicht gut gemacht hätten, wenn wir ihnen Anlaß gegeben hätten, dann... Aber es war alles andere als das: Es war wahrscheinlich unser erfolgreichster Einsatz in den letzten Jahren. Selbst Parker hat den Hut vor uns gezogen. >Die Erfahrung der Olympiade hat euch gut getan<, sagte er zu mir.«
      »Wieso haben sie uns dann ausgebootet?«
      Er zuckt die Achseln. »Dem Minister nach war es eine Anordnung des Premiers. Weil der Einsatz auf See stattfinden sollte.«
      »Dann hätte man einen gemeinsamen Einsatz von Polizei und Hafenpolizei organisieren können.«
      Mit seinem Lächeln zeigt er mir, daß ich seine Gunst gewonnen habe. »Genau das hatte ich auch vorgeschlagen.«
      »Und?«
      »Die Antwort war, die Geiseln seien Ausländer und man solle besser nichts riskieren.« Er macht eine kurze Pause und blickt mich an. »Wissen Sie, was mir meine Erfahrung sagt?«
      »Was denn?«
      »Daß alles mit dem persönlichen Format eines jeden Ministers zu tun hat. Unserer ist eben kleinformatiger als der Verteidigungsminister.«
      »Jedenfalls möchte ich Ihnen dafür danken, daß Sie uns in bezug

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