Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman
C für Coca Cola.«
»Nee«, widersprach ich. »C für Charlie.«
Dann drehte ich mich wieder um, und Charlie war verschwunden - hatte sich einfach in Luft aufgelöst. Marc und ich sprangen auf und suchten verzweifelt nach ihm, wateten ins Wasser, riefen seinen Namen. »Haben Sie einen kleinen Jungen gesehen?« Kopfschüttelnd schauten die Leute uns nach. »Er hat genau hier im Wasser gespielt. Genau an dieser Stelle! Haben Sie ihn gesehen?« Ihre Mienen sagten: Wie konnten die beiden nur so unvorsichtig sein?
Aber es war doch nur ein winziger Moment gewesen.
Ich platschte durchs Wasser, blickte aufs Meer hinaus, tauchte unter den wellen hindurch, atmete Salzwasser ein, bis in die Kehle, und rief hustend und spuckend: »Charlie!«
Wie konnten wir nur so unvorsichtig sein?
Ich weiß noch, wie ich Marc am Strand auf und ab rennen sah, als ich mich wieder umdrehte. Er hielt Leute an, gestikulierte mit den Armen und rief nach Charlie. Seinen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen: pure Angst.
Ich stolperte gerade aus dem Wasser, da bemerkte ich ein Mädchen, nicht älter als acht oder neun, das am Strand entlangging und einen kleinen Jungen an der Hand hielt. Charlie! Das Mädchen redete mit ihm, und wenn die beiden sich einem Paar näherten, zeigte es auf die beiden, bis Charlie den Kopf schüttelte. Er hatte einen Finger im Mund und lächelte. das Mädchen suchte seine Eltern, und er hielt das für ein lustiges Spiel.
»Charlie!«
»Er ist rübergekommen, weil er in unserer Sandburg spielen wollte.« Das Mädchen deutete auf seine Familie ein Stückchen weiter den Strand hinunter. »Dad hat gesagt, ich soll ihn zurückbringen.«
Er war nur zehn Meter oder so entfernt gewesen. Doch wir hatten geglaubt, wir hätten ihn für immer verloren.
Ich habe die Wand erreicht. Der kleine Junge steht da, er weint immer noch, sein kleiner Körper zittert. Ich hocke mich hin und streiche ihm sanft über die heiße, von Tränen klebrige Wange.
»Alles ist gut.« Ich spreche leise, um seine tränen zum Versiegen zu bringen. »Ich bin jetzt da.«
Jemand berührt mich an der Schulter. »Annie?«
Ich schaue hoch. Marc steht neben mir, mit dem Gesicht, das Charlie immer dann macht, wenn er sich nicht sicher ist, von welchem Stern ich komme.
Ich rapple mich hoch. »Marc!«
»Was machst du denn da? C'est qui?«
»Matthew!«, ruft eine Frauenstimme hinter uns. »Oh, Matthew, du böser Junge! Wo warst du denn?«
Ihr Akzent ist eindeutig englisch, ein sehr affektiertes Englisch. Sie drängt sich an mir vorbei, packt die Hand des kleinen Jungen und zerrt ihn hinter sich her.
»Er war verloren gegangen!« Ich bleibe ihr auf den Fersen. »Er hat sich nicht von der Stelle gerührt. Er hat nur auf Sie gewartet!«
Marc hat die Hand an meinem Ellbogen, er zieht mich zurück. »Annie!«
Die Frau wirft mir über die Schulter einen kalten Blick zu. Was hat die denn? Verwirrt sehe ich ihr nach, als sie eilig davongeht.
»Er war verloren gegangen!« Ich wende mich Marc zu. »Seine Mutter muss besser aufpassen. Sie sollten besser auf ihn aufpassen, Lady!«, rufe ich ihr nach.
Leute schauen zu mir herüber.
»Annie!« Marc legt mir die Hände auf die Schultern und drückt sie. »Bitte, Annie, hör auf!«
Verwundert sehe ich ihn an. Warum regt er sich so auf? »Ehrlich, Marc, ich habe ihn da oben von der Treppe aus beobachtet. Er war ganz allein. Kein Mensch ist gekommen, um ihn zu holen. Kannst du dir das vorstellen? Ihm hätte doch alles Mögliche passieren können!«
Jetzt hört Marc mir zu, er schaut mir in die Augen und nickt, als er mir das Gesicht streichelt.
Da kapiere ich plötzlich. »Ach, Mist, Marc! Charlie hat recht. Ich hab sie wirklich nicht mehr alle, oder?«
Marc lächelt. »Charlie?«
»Ja -« Ich breche ab, denn mir wird bewusst, was ich da sage.
»Ist schon gut, Annie.« Er zieht mich an sich. »Ich höre ihn auch.«
47
W ir fahren Weg. Marc holt mich am Freitagabend nach der Arbeit ab, und wir fahren in seinem rostigen alten Kastenwagen nach Quiberon, wo wir um Mitternacht eintreffen. Wir schlafen im Laderaum, bis der Morgen dämmert. Kalte Luft auf meinem Gesicht und das Knarren der aufklappenden Hecktüren wecken mich. Marc ist schon auf und angezogen. In seinem alten blauen Schlabberpulli und den abgetragenen Jeans, die an den Knien schon ganz weiß sind, steht er draußen. Ich rieche Croissants.
»Reveille-toi, Schlaffmütze!« Er stampft mit den Füßen auf, schiebt eine kalte Hand unter die
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