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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Fraser
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Decke, fasst nach meinem Fuß und massiert mir die Fußsohle.
    Ich stöhne, ziehe mir die Decke bis zu den Ohren hoch und denke an Charlie, der morgens immer schlecht gelaunt ist. »ich bin keine Schlaff mütze «, knurrt er dann unter der Decke. »Ich bin eine Schlafmütze. Kapier das doch endlich, Papa.«
    Mir fällt wieder ein, wie wir ihn das erste mal zum Zelten mitgenommen hatten, als er vier war - an einem Osterwochenende in Australien. Wir fuhren an der Küste entlang nach Süden, und es goss in Strömen, ein echter Wolkenbruch, der die Dürreperiode beendete und den Warragamba-Stausee zu füllen versprach. Damals benutzten wir einen billigen Dachgepäckträger aus Gummi, der nur richtig hielt, wenn die Fenster ein Stück heruntergekurbelt blieben. In die offenen Spalten hatten wir Handtücher geklemmt, durch die uns das Wasser auf den Schoß sickerte. Jedes mal, wenn Marc zu plötzlich bremste, rutschten wir auf den nassen Sitzen nach vorn. Und er musste oft bremsen. Irgendwann blieb uns nichts anderes übrig, als anzuhalten und die Bodenplane des Zeltes aus dem Kofferraum zu holen, um Charlie auf dem Rücksitz vor den Fluten zu schützen. Wir befestigten die Ecken im Wagen an strategisch günstigen Punkten, sodass die Plane ihn von Kopf bis Fuß bedeckte. Mir geht nicht aus dem Kopf, wie sein Gesichtchen uns durch das Plastik anstrahlte - »Zelten finde ich schön!« -, bis er schließlich eindöste, geborgen in seinem kleinen Plastikparadies.
    Als ich nach meiner Jeans greife, frage ich mich, ob mich wohl die Übelkeit überfallen wird, wenn ich mich aufsetze. Ich habe es Marc noch nicht erzählt. Ich bin noch nicht so weit.
    Wir schnappen uns die Rucksäcke und das Zelt und machen uns auf den Weg zur Fähre. Das Gewicht zieht angenehm an meinen Schultern. Während wir auf dem Pier entlanggehen, bläst der Wind und pustet mir das Haar aus dem Gesicht. Der Geruch des Meeres und das Kreischen der Möwen heißen uns nach langer Zeit wieder willkommen. Ich fühle mich wohl. Als ich auf den graublauen Atlantik hinaussehe, ist da kein Horizont. Das Wasser verschwimmt übergangslos mit dem Himmel.
    Der Wind treibt die Gischt an den Fenstern der Fähre hoch, während wir gemütlich drinnen sitzen und aus Styroporbechern dampfend heißen Kaffee trinken. Unsere Croissants in der weißen Papiertüte mit den Butterflecken sind noch warm. Ich bin hungrig, und übel ist mir kein bisschen. Nicht einmal die Wellen, die uns bedrohlich schaukeln, können mich erschrecken, während wir hier auf den Vorderkanten der orangeroten Plastiksitze hocken. Vielleicht ist es jetzt tatsächlich endlich vorbei, schließlich komme ich in den vierten Monat. Marc sitzt mir gegenüber, er lächelt wie ein Kind. Ich lächle zurück und hoffe, dass er mir das dritte Croissant überlässt. Aber da wendet er sich ab und schaut bedrückt auf den Ozean hinaus.
    »J'étais fâché. J'étais bête, Annie.«
    Ich weiß nicht, wovon er spricht. Er sei verärgert gewesen, sagt er, und dumm.
    Er schüttelt den Kopf. »ich habe mich nicht von ihm verabschiedet.«
    »Von Charlie?«
    »Non.« Er spricht leise. »Mon père. Ich habe mich von Maurice nicht verabschiedet.«
    Der Kaffee verbrennt mir die Kehle, weil ich zu schnell schlucke. Mein Herz klopft heftig, als ich mir mit der Hand Luft zufächle, um das Brennen zu lindern.
    »Ich war so wütend.« Er greift nach meiner herumfuchtelnden Hand und hält sie fest. »Ich habe dir die Schuld gegeben.«
    Jetzt blicke auch ich aufs Meer hinaus, auf die weißen Strudel, die die Fähre aufwirbelt. »ich weiß, Marc. Du brauchst es mir nicht zu sagen.«
    Er beugt sich vor. »Mais si, Annie ... Je veux que tu saches. Ich war wütend, böse auf mich selbst ... weil ich es wusste, Annie - ich habe es längst gewusst.« Er atmet hörbar durch die Zähne aus und wischt sich mit der Hand über die Stirn.
    Ich streichle ihm die Wange. »Was hast du längst gewusst?«
    Er schaut mich an. »Ich wusste, dass er krank war. Schon bevor wir nach Australien gezogen sind. Ich konnte es sehen, tu sais? Ich konnte doch sehen, wie erschöpft er war.«
    Mit einem Lächeln schüttle ich den Kopf. Ich erinnere mich nämlich an den Anruf, an Rosas ersten Anruf, als sie uns benachrichtigte - und an Marcs Schock daraufhin, an den Schmerz in seinen Augen. »Nein, Marc, du hast es nicht gewusst. Wir hatten -«
    » Si, Annie, ganz bestimmt! Es gab Dinge, über die mein Vater und ich gar nicht zu reden brauchten.«
    Mir wird klar, dass er

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