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Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld

Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld

Titel: Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Carey einen solch starken Druck in der Brust, dass sie kaum noch Luft bekam.
    »Bitte, Karl …«, flehte sie, nicht imstande, die Angst in ihrer Stimme zu verbergen.
    Karl richtete sich abrupt auf und deutete mit dem Messer auf sie. »Du hast keine Tochter mehr«, sagte er ärgerlich. »Du gehörst jetzt zu mir.«
    Carey sackte in sich zusammen. Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann leise zu weinen. Er hatte Lucy getötet. Ihr süßes, unschuldiges Kind, das niemals in der Lage gewesen wäre, ihn zu identifizieren, selbst wenn sie ihn gesehen hätte.
    Was hatte er ihr angetan?
    Wieder blitzte in ihr das Bild von den ermordeten Haas-Kindern auf.
    Es war zu viel. Sie stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel und wiegte sich schluchzend hin und her.
    Ihre Tochter war ihretwegen tot, wegen dieses irren Mörders, der glaubte, dass sie auf seiner Seite stand. Sie wollte sterben. Sie wollte, dass Karl Dahl zu ihr trat und ihr die Kehle aufschlitzte, damit sie das alles hinter sich hatte. Sie fing an zu zittern.
    »Das hab ich nicht gemeint«, sagte Karl Dahl verwirrt. »Ich hab nicht gemeint, dass sie tot ist.«
    Er kniete sich neben sie und legte eine Hand auf ihren Arm.
    »Bitte wein doch nicht so, Carey«, sagte er sanft. »Ich wollte dich nicht zum Weinen bringen. Du bist mein Engel.«
    »O mein Gott«, murmelte Carey hinter ihren Händen.
    »Es ist nur so, dass du jetzt bei mir bist«, erklärte er. »Du bist bei mir. Du bist mein Engel.«
    »Bitte sagen Sie das nicht immer«, sagte Carey mit bebender Stimme. »Die Polizei wird nach mir suchen, wissen Sie.«
    »Das ist egal«, stellte Karl sachlich fest. »Die haben keine Ahnung, wo du bist.«
    »Wenn Sie mir etwas tun, verbringen Sie den Rest Ihres Lebens im Gefängnis. Wenn Sie mich gehen lassen …«
    »Dazu müssen sie mich erst mal kriegen«, sagte Karl schroff. »Und wenn sie mich kriegen, verbringe ich sowieso den Rest meines Lebens im Gefängnis. So, und jetzt will ich nichts mehr davon hören.«
    Er ging zu einer anderen Einkaufstüte und zog eins von Davids exotischen Bieren heraus.
    Letztes Jahr zu Weihnachten hatte Carey ihm eine Mitgliedschaft im Club des Biers des Monats geschenkt. Es war das einzige ihrer Geschenke, an dem er nicht irgendetwas auszusetzen gehabt hatte.
    Eine schönere Erinnerung war die an das Weihnachtsfest im zweiten Jahr ihrer Ehe. Sie hatten eine Party veranstaltet. Einer ihrer Freunde hatte Mistelzweige mitgebracht und verteilt. Sie sah David lachen, schlank und durchtrainiert und attraktiv, und sie selbst lachte auch, lehnte sich an ihn und legte ihm eine Hand auf die Brust. Er hielt einen Weihnachtsstern über seinen Kopf und erklärte ihr, ein Weihnachtsstern – der viel größer sei als ein Mistelzweig – bedeute, dass sie nach oben gehen und ein Baby machen müssten. Und das hatten sie auch getan, nachdem sich ihre Gäste verabschiedet hatten. Sie waren so glücklich gewesen.
    »Willst du etwas trinken?«, fragte Dahl.
    Carey starrte ihn nur an.
    Er brachte ihr eine Flasche Mineralwasser und ein paar Kräcker mit Salami. Horsd'œuvres. Sie trank einen Schluck Wasser. In ihrem rauen Hals fühlte es sich wie Kiesel an. Das Essen lehnte sie mit einem Kopfschütteln ab.
    Vielleicht hätte sie etwas essen sollen. Sie hatte seit drei Tagen nichts Richtiges mehr zu sich genommen. Sie brauchte Kraft, wenn sie das alles überstehen wollte. Aber allein bei dem Gedanken an Essen hatte sie das Gefühl, sich übergeben zu müssen.
    Zitternd und hustend wickelte sie sich fester in die Chenille-Decke.
    »Du solltest dich ein bisschen hinlegen«, sagte Dahl. »Ich weiß, dass es in dem Kofferraum nicht besonders bequem war. Tut mir leid. Und es tut mir auch leid, dass ich dich am Hals packen musste. Aber das musste ich machen, damit du nicht schreist.«
    Er saß auf einer Kiste und verzehrte sein Mittagessen, als wäre diese Situation das Normalste von der Welt. Vielleicht war es das für ihn auch.
    »Woher kommen Sie, Karl?«, fragte sie.
    »Kansas. Aber ich bin schon lange nicht mehr da gewesen.«
    »Warum?«
    Er tat so, als hätte er die Frage nicht gehört, ein kleiner Trick, um einem Thema auszuweichen.
    »Wie sind Sie nach Minneapolis gekommen?«
    »Mit dem Zug«, sagte er und konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen.
    »Ziehen Sie gern von einer Stadt zur anderen?«
    »Schon«, sagte er und nickte. »Ich kann nicht zu lange an einem Ort bleiben.«
    »Warum?«
    Sein Gesicht verfinsterte sich, als er auf das Messer blickte,

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