Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld
bescheidenen Eindruck, während er erzählt, was er vorhat.«
»Guter Einwand«, sagte Dawes. »Wenn er die Richterin in seiner Rolle als Racheengel angegriffen haben sollte, warum verschweigt er es dann? Warum sagt er nicht etwas in der Art von: ›Ich werde zu Ende bringen, was ich begonnen habe‹ oder ›Ich habe der Frau gegeben, was sie verdient.‹«
»Der Typ ist halt ziemlich durchgeknallt«, sagte Liska, »und bei solchen Leuten weiß man nie, was in ihrem Kopf vorgeht.«
»Wir sollten die Meinung eines Experten dazu einholen. Ich werde beim Chef anfragen, ob wir nicht mit dem Psychiater sprechen können, zu dem Dempsey gegangen ist.«
»Der wird doch nur irgendetwas von ärztlicher Schweigepflicht faseln.«
»Er soll faseln, was er will«, sagte Dawes. »Aber wenn Dempsey ihm von irgendwelchen Verbrechen erzählt hat, die er plant, muss er uns darüber in Kenntnis setzen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Dempsey jemandem sein Herz ausgeschüttet hat«, wandte Liska ein. »In all den Jahren, die ich nun schon im Morddezernat bin, hat der Mann nie mehr als zehn Worte am Stück gesagt.«
»Ich weiß. Er ist wirklich ein merkwürdiger Kauz«, sagte Dawes. »Er tut mir Leid. Wir sollten ihn nicht jetzt schon verurteilen. Mit wem haben Sie gestern Abend noch gesprochen?«
»Mit Wayne Haas, seinem Sohn und dessen Kumpel.«
»Und?«
»Wir glauben nicht, dass es Wayne Haas war«, sagte Liska. »Der Sohn ist schon ein wahrscheinlicherer Kandidat. Er und sein Freund haben zugegeben, dass sie gestern am späten Nachmittag in Downtown waren, und er wusste auch von der Entscheidung von Richterin Moore. Er hat eine Menge gute Gründe, sauer auf sie zu sein.«
»Und Sam hat mit dem Mann der Richterin gesprochen?«
»Ja. Er mag den Kerl nicht. Er hält ihn für einen arroganten Pinkel.«
Dawes verzog das Gesicht. »Kovac kann niemanden leiden. Selbst seine eigene Mutter würde bei ihm keinen Stich machen.«
»Er will heute David Moores Alibi überprüfen.«
Dawes warf einen Blick auf ihre Uhr und seufzte. »Wir sollten besser los«, sagte sie. »Der Chef macht mir die Hölle heiß, wenn wir zu spät kommen. Sie wissen, was Sie zu sagen haben, wenn die Pressemeute mit ihren Fragen loslegt?«
»Wir können leider nichts über den Stand der Dinge in einer laufenden Ermittlung sagen oder darüber spekulieren.«
»Sehr gut«, sagte Dawes, als sie die Tür ihres Büros öffnete. Sie nickte mit dem Kopf, als Liska an ihr vorbeiging. »Schickes Kostüm, Detective.«
»Das Kompliment kann ich zurückgegeben, Lieutenant.«
Die Pressekonferenz war die übliche Versammlung von Dummschwätzern in gehobenen Positionen, die nichts wussten, und Journalisten, die alles wissen wollten. Liska fragte sich, wie viele von jeder Sorte sich eingefunden hätten, wenn Carey Moore eine alleinerziehende Mutter gewesen wäre, die zwei Jobs annehmen musste, um die nötigen Kröten zusammenzubekommen. Carey Moore brachte jedenfalls den Bürgermeister, den Staatsanwalt, den Polizeichef, seinen Stellvertreter, den Leiter der Ermittlungsbehörde, Lieutenant Dawes und sie selbst aufs Podium.
Das Scheinwerferlicht der Fernsehleute war gleißend hell, weshalb sie die Augen zusammenkniff, was wiederum die möglichen Verlobungskandidaten unter den Zuschauern abschrecken könnte, dachte sie in dem Versuch, dem Ernst der Situation mit ein wenig Humor zu begegnen. Wahrscheinlich sah sie aus wie eine Chinesin mit blondierten Haaren. Eine chinesische Punkerin. Das reduzierte den Kreis der Kandidaten auf ausgeflippte Asiaten.
Die Journalisten waren begierig auf Neuigkeiten. Zu Karl Dahls Flucht, aber auch zum Überfall auf Richterin Moore. Der Sheriff von Hennepin County war der Prügelknabe, weil er Dahl hatte entkommen lassen. Was Liska betraf, gab es keine Erklärung für das, was geschehen war, in der nicht das Wort »Riesenscheiße« vorkam.
Er versprach, dass sich jeder verfügbare Mann auf die Suche nach Dahl machen würde. Er versprach, dass Dahl für ihn und jeden seiner Leute oberste Priorität hatte. Man hatte sich an das FBI-Büro in Minneapolis gewandt und um Unterstützung gebeten. Seine Versprechungen galten nicht viel, schließlich waren es seine Leute gewesen, die für Dahl verantwortlich gewesen waren.
Der Polizeichef konzentrierte sich darauf, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in Polizei und Gerichtsbarkeit wiederhergestellt werden musste. Die besten Detectives waren auf den Fall angesetzt, wild entschlossen,
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