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Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld

Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld

Titel: Kovac & Liska 02 - In aller Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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kapierten, dass dieser Mann das Böse schlechthin war.
    Früher einmal war Stan Dempsey ein leidenschaftlicher Angler gewesen. Er hatte sich häufig vor der Arbeit und der stillen Enttäuschung seiner Frau an den See geflüchtet. Er genoss die Einsamkeit, die Zeit für sich, ohne Lärm, ohne Gerede, ohne den Zwang, sich mit anderen auseinandersetzen zu müssen.
    Westlich von Minneapolis und seinen Vororten befand sich ausgedehntes Sumpfland, durchsetzt mit Wäldchen und kleineren und größeren Seen, die durch schmale, kurvige Straßen miteinander verbunden waren. Der See, an dem Stan immer angelte, war zu klein für die Wochenendausflügler mit ihren Motorbooten und lag zu versteckt für die Gelegenheitsangler. Er angelte hier nun schon seit fast fünfundvierzig Jahren.
    Sein Onkel besaß am südwestlichen Ufer eine kleine Hütte.
    Nichts, mit dem man protzen konnte, nur eine kleine mit Teerpappe gedeckte Unterkunft mit einer winzigen Küche und einem noch winzigeren Bad, in dem sich eine Duschkabine aus Zink befand. Es gab einen kleinen Keller und eine mit Fliegen-gittern geschützte Veranda, auf der man an Sommerabenden sitzen konnte, ohne völlig von Mücken zerstochen zu werden. Dann war da noch eine große Scheune, wo Dempsey im Winter sein kleines Ruderboot unterbrachte und der alte Pick-up seines Onkels stand.
    Die Hütte diente ihm seit seiner Kindheit als Versteck. Sein Onkel war mittlerweile alt und schon seit Jahren kränklich. Wenn er starb, würde Dempsey die Hütte erben.
    Er hielt an einem kleinen Laden an der Landstraße und kaufte Vorräte ein – Essen, Wasser, Zigaretten, Klopapier. Ein dickes Mädchen mit einem Ring in der Nase, pechschwarzem Haar und gelben Ponyfransen saß an der Kasse. Sie achtete nicht auf Dempsey, sondern sah wie die meisten Leute geradewegs durch ihn hindurch.
    Der See glitzerte in der Sonne wie blaues Glas. Die Binsen und das Schilf waren verdorrt und hatten einen goldenen Schimmer angenommen. Am gegenüberliegenden Ufer waren die mattweißen Stämme von Birken zu sehen, die in Grüppchen zusammenstanden, die letzten Blätter von einem warmen Gelb. Der dahinterliegende Wald aus Ahornbäumen und Eichen war in Rot-, Orange- und Bronzetöne getaucht. Für Stan Dempsey war es der schönste Platz auf Erden.
    Zwei riesige alte Bäume überschatteten den Garten seines Onkels und ließen das Gras nur spärlich wachsen. An der Hütte war seit Ewigkeiten nichts mehr gemacht worden, bloß die Gitter an den Fenstern und an der Tür waren neu. Behausungen wie diese, die nur selten und wenn, dann auch nur an Wochenenden, bewohnt wurden, fielen leicht Vandalismus und Einbrüchen zum Opfer. Die Kinder und Jugendlichen aus der Gegend wussten offenbar nichts Besseres mit ihrer Zeit anzufangen.
    Dempsey schloss die Tür auf und trug seine Einkäufe hinein. Es roch immer ein wenig muffig hier drinnen. Die Feuchtigkeit schien durch die Teerpappe und die Trockenmauer zu dringen und sich in den Kissen auf dem alten Sofa, das gleichzeitig als Bett diente, festzusetzen.
    Er ging zur Scheune, schloss das schwere Vorhängeschloss auf und öffnete das Tor. Er ließ die Motorhaube des Chevy aufspringen und schloss die Batterie an das Ladegerät an, dann trat er wieder ins Freie.
    Aus dem Kofferraum seines Wagens holte er zwei schwarze Reisetaschen und trug sie in die Hütte. Er hatte Werkzeug und andere nützliche Dinge in die Taschen gepackt, alles, was er für sein Vorhaben brauchen könnte. Ein paar Pistolen. Zwei Messer. Handschellen. Isolierband.
    Ein Teil von ihm beobachtete ihn dabei, wie er diese Dinge untersuchte, mit einem seltsamen, ruhigen Grauen, aber dieser Teil war nicht stark genug, um ihn von seinem Plan abzubringen. Seine Entscheidung war gefällt! Er packte das Ganze methodisch an, als sei er auf Autopilot gestellt, als sei es das Normalste von der Welt, wenn man sich bereit machte, das Gesetz selbst in die Hände zu nehmen.
    Nachdem er mehrere Mettwurstbrote vertilgt hatte, wählte er ein paar Nahkampfwaffen aus, verstaute sie in einer Tasche, verließ die Hütte und schloss hinter sich ab.
    Die Batterie des Pick-up war mittlerweile geladen. Dempsey lud die Tasche in den Wohnmobilaufbau auf der Ladefläche. Er fuhr rückwärts aus der Scheune, stellte sein Auto hinein, machte das Tor zu und ließ das Vorhängeschloss zuschnappen.
    Einen Einbruch konnte man nie mit hundertprozentiger Sicherheit verhindern, aber Dempsey wusste aus langjähriger Erfahrung, dass Kriminelle zur Faulheit

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