KR088 - Ich fing den Fänger
getan, was getan werden konnte, und ich hoffte sehr, dass dem Jungen noch nichts geschehen war. Eigentlich war ich der Überzeugung, dass er noch lebte. Der Fänger würde nicht dumm genug sein, das Pfand, das das Leben des Kindes für ihn bedeutete, leichtsinnig aus der Hand zu geben, indem er es auslöschte. Freilich konnte niemand mit Sicherheit Voraussagen, wie er in der ersten Wut reagiert haben mochte.
Ich verdrückte mich still und heimlich aus dem Gebäude, nur Frew nahm ich mit. Ich verfrachtete ihn in ein Taxi, und während der Fahrt hielt ich ihm einen kurzen, aber eindringlichen Vortrag. Er nickte nur, als ich ihm androhte, er würde in der Hölle geröstet werden, wenn er nicht den Mund über meine Rolle in der Sache hielt.
An der Tür unseres Bürohauses fand ich ein schönes neues Schild, auf dem das Institut »Erfolg« seine Niederlassung in diesem Haus ankündigte. Ich ging die Treppe hinauf, und als ich die Tür öffnete, hörte ich zu meinem Erstaunen eine weibliche Stimme, die an das Tosen eines Gebirgsbaches erinnerte.
Ich spähte vorsichtig durch das Schlüsselloch der Tür zum mittleren so genannten Beratungsraum, aber ich sah nichts als eine ungeheure Fläche geblümten Kattuns. Hin und wieder hörte ich durch den Gebirgsbach die Stimme meines Freundes Phil. Es klang ganz wie der Hilferuf eines Ertrinkenden.
Das Vergnügen dauerte noch eine halbe Stunde, während der ich zwei Zigaretten rauchte und die Einrichtung unseres Büros bewunderte. Es sah wirklich nach einem Detektivbüro aus. Es gab eine Schreibmaschine, Karteikästen, Aktenregale mit Schnellheftern.
Endlich versiegte der redende Wasserfall. Der Boden dröhnte, als gingen einige Felsblöcke nieder, die Tür wurde wie von einem Sturmstoß aufgerissen, und der geblümte Kattunberg wuchtete heraus. Es handelte sich um ein weibliches Wesen, dessen Dimensionen auch einem mutigen Mann Furcht einzuflößen vermochten.
Hinter ihr erschien Phil, und nachdem sie mit einem gnädigen Kopfnicken zu mir hinausgewuchtet war, lehnte er sich schwach gegen einen Türrahmen. Er erinnerte mich an ein ausgewrungenes Handtuch.
»War das die Sekretärin, die du zu engagieren gedenkst?«, fragte ich sanft.
Er stieß einen Jammerlaut des Entsetzens aus.
»Nein«, stöhnte er, »das war unsere erste Klientin, Mrs. Summerfield. Sie will absolut, dass wir ihren Mann bei einem Seitensprung erwischen. Sie behauptet, sie wisse genau, dass er sie betrügt, aber sie könne es nicht aus ihm herausbekommen, selbst wenn sie ihm Schläge androhe. Als wenn jemand , der mir ihr verheiratet ist, überhaupt wagen könnte, sie zu betrügen! Und das ist er.«
Er zeigte mir die Fotografie eines kleinen, schmächtigen Mannes. Phil lachte schon wieder.
»Sie hat mir einen Vorschuss gegeben. Wir müssen uns über die Tarife einigen. Ich wusste nicht, was ich ihr abverlangen sollte.«
Ich drückte ihn in einen Sessel. »Lassen wir den Scherz beiseite«, sagte ich und berichtete in wenigen Worten die Ereignisse des Vormittags.
Gespannt hörte er zu. »Frew verdient eine Strafe«, äußerte er seine Meinung, »aber wichtiger ist, dass wir den Fänger fangen, sonst wiederholt sich die Geschichte, selbst wenn der kleine Fips mit heiler Haut davonkommt, morgen mit einem anderen Kind.«
»Du weißt, wie vorsichtig wir sein müssen«, gab ich zu bedenken. »Ich rufe jetzt Mr. High an und berichte ihm. Dann werde ich versuchen, diesen Andrew Crush aufzutreiben.«
Ich telefonierte mit unserem Chef. »Das hätte leicht ins Auge gehen können«, sagte er am Schluss meines Berichtes, »aber natürlich konnten Sie ja Frew nicht einfach abschießen lassen. Ich werde Holder fragen, ob er etwas gegen diesen Crush unternommen hat, aber versuchen Sie immerhin Ihr Glück.«
Ich klärte Phil über meine Pläne auf. »Ich gehe also jetzt zu dem Chef der Detektei › Argus‹, zu Mr. Samuel Crawborn. Ich werde ihn fragen, ob er mir nicht einige tüchtige Leute vermitteln kann oder sonst etwas.«
Ich fand das Gebäude der »Argus« in der 24. Straße rasch, und als ich das Büro betrat, wunderte ich mich erheblich; Dagegen war unser neu gegründetes Unternehmen wahrlich ein Wickelkind. Mr. Crawborn beschäftigte allein in seinem Büro an die zwanzig Leute, und es war anzunehmen, dass die doppelte Anzahl für ihn im Außendienst herumlief.
Es schien nicht leicht zu sein, den Chef der »Argus« persönlich sprechen zu können, denn ein durchaus hübsches Büromädchen zog zweifelnd die
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