KR088 - Ich fing den Fänger
Augenbrauen hoch, als ich um einen Empfang bei Mr. Crawborn bat.
»Können Sie mir nicht sagen, um welche Angelegenheit es sich handelt? Wir haben Spezialisten für alle Fragen. Mr. Crawborn befasst sich eigentlich nur mit der Leitung des Ganzen.«
»Es handelt sich um ein großes Objekt«, sagte ich unverfroren. »Ich kann nur mit dem Chef selber darüber sprechen.«
Sie zweifelte immer noch, aber dann ging sie zum Telefon, wählte eine Hausnummer und richtete mein Begehren aus.
Mr. Crawborn ließ Gnade walten. »Der Chef lässt bitten«, sagte das nette Ding und führte mich durch zwei andere Empfangsräume in das Allerheiligste.
Samuel Crawborn saß hinter einem wuchtigen Schreibtisch und nuckelte an einer schwarzen, aber nicht entzündeten Zigarre. Er war um ein geringes kleiner als ich, fünfzigjährig, dicklich und mit spärlichem rötlichen Haarwuchs auf dem wuchtigen Schädel. Er stand sofort auf, als ich eintrat, legte die Zigarre in den Aschenbecher und kam mir auf halbem Wege entgegen.
»Ich freue mich, Sie zu sehen, Mister…«, sagte er mit einer merkwürdig hellen Stimme.
»… Treed«, antwortete ich. »Guten Tag, Mr. Crawborn.«
Er bugsierte mich in den Sessel gegenüber seinem Schreibtisch und steckte die kalte Zigarre wieder in den Mund.
»Sie entschuldigen«, sagte er mit einer Handbewegung, »aber der Arzt hat mir das Rauchen verboten. Ganz kann ich es natürlich nicht lassen, und darum rauche ich fast immer kalt. Eine hässliche Angewohnheit, nicht wahr?«
Ich fand nicht nur diese Angewohnheit hässlich. Ich fand den ganzen Mann ausgesucht widerwärtig. Er verbarg hinter seiner Jovialität ein stets waches Misstrauen. Man sah es seinen Augen an.
Ich ging gleich mit einer vollen Breitseite in die Schlacht.
»Um es kurz zu machen, Mr. Crawborn«, sagte ich und lehnte mich zurück, »ich habe natürlich geschwindelt. Ich komme nicht mit einem großen Objekt zu Ihnen. Den Trick benutzte ich nur, um überhaupt bis in Ihr Büro zu gelangen. Ich bin im Gegenteil in gewisser Beziehung sogar ein Konkurrent von Ihnen. Ich bin Teilhaber des Detektivinstitutes ›Erfolg‹.«
»Nie gehört«, sagte der dicke Samuel. »Und was bezwecken Sie mit Ihrem Besuch?«
Ich blieb bei der gemütlichen Tonart… »Verstehe, dass Sie noch nichts von uns gehört haben, denn wir haben erst heute eröffnet. Ich komme hauptsächlich zu Ihnen, weil ich Sie bitten möchte, mir einige Leute zu empfehlen.«
»Ich kann Ihnen niemanden empfehlen«, antwortete er ablehnend. »Ich suche selbst Leute.«
Ich tat erstaunt. »Das wundert mich. Sie haben doch die Panne bei der Überwachung des kleinen Fips McLean erlitten, und solche Sachen wirken sich immer sehr auf das Geschäft aus, nicht wahr? Ich dachte, Sie wären daher wohl froh, wenn wir Ihnen einige Leute abnehmen, für die Sie vielleicht im Augenblick keine Arbeit haben.«
»Das Institut ›Argus‹ besteht seit fünf Jahren«, antwortete er würdevoll. »Solche Fehlschläge wie im Falle McLean sind zwar bedauerlich, aber wir können sie überwinden. Ich fürchte, ich habe keinen Mann für Sie frei.«
»Schade«, sagte ich, »aber vielleicht überlegen Sie es sich. Der Fall ist ja erst einige Tage alt, und die Nachwirkungen können noch kommen. Na, ich möchte meinen ersten Überwachungs-Misserfolg auch nicht gerade gern gegen den Fänger haben.«
Ich lehnte mich bequemer zurecht und fuhr träumerisch fort: »Überhaupt reizen mich die Entführungsfälle durch den Fänger sehr. Stellen Sie sich einmal vor, Mr. Crawborn, wenn es einem Privatdetektiv gelänge, was die Bundespolizei bisher nicht fertig gebracht hat: den Fänger zu fangen. Der Bursche wäre ein gemachter Mann. Ich komme von diesem Gedanken einfach nicht los.«
»Trauen Sie sich etwa zu, den Fänger zu bekommen?«, fragte er höhnisch.
Ich wedelte bedauernd mit den Armen. »Mir traue ich es schon zu«, erklärte ich, »aber ich verfüge nicht über den nötigen Apparat. Ja, wenn ich Ihre Organisation hinter mir stehen hätte, dann läge die Sache günstiger. Wenigstens den einen oder anderen erfahrenen Mann müsste ich haben.«
Er lachte dünn und zeigte eine Reihe von Zähnen, die viel zu weiß waren, um echt zu sein.
»Na«, sagte er gutmütig, »vielleicht kann ich Ihnen doch zwei oder drei Leute zur Verfügung stellen.«
»Ich nehme natürlich, wen immer Sie mir überlassen«, sagte ich rasch. »Ich könnte mir vorstellen, dass Ihnen daran gelegen ist, gerade die Leute loszuwerden, die
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