KR088 - Ich fing den Fänger
blicken ließ – geschweige denn ein Mensch.
Die Schlaglichter der Straßenlaternen erhellten in kurzen Abständen das Wageninnere. Ich schielte zu Crawborn hinüber. Soweit ich erkennen konnte, war er bleich, und seine Hängebacken zitterten, aber er sagte kein Wort.
Die Straßenbeleuchtung wurde spärlich, hörte dann ganz auf. In der Ferne tutete ein Dampfer. Die Luft bekam den fauligen Teer- und Tanggeruch aller Hafenviertel der Welt. Wir waren am Ziel, Pier 27, auf dem es einen alten, halb verfallenen Lagerschuppen gab.
»Stop!«, befahl Phil. Ich gehorchte, wie ein Gangster seinem Boss zu gehorchen hat.
»Raus!«
Dieser Befehl galt Crawborn. Er ächzte. Noch bevor er sich aufgerappelt hatte, war Frew schon draußen und zerrte ihn am Arm hoch. Er machte das ausgezeichnet. Offenbar hatte er eine Menge Gangsterfilme gesehen.
Wir erreichten den verlassenen Lagerschuppen.
In einem Nebenraum, der einmal als Büro des Lagermeisters gedient hatte, setzten wir Crawborn in die erstbeste Ecke. Wie ein Kind schrie er: »Au!« Er tat mir fast Leid, aber wenn wir den richtigen Eindruck erwecken wollten, mussten wir uns so benehmen.
Phil richtete den Schein der Taschenlampe auf das Gesicht des Mannes. Er blinzelte geblendet und bedeckte seine Augen.
»Hände runter!«, wurde er dann angeschnauzt, und jetzt sprach er zum ersten Mal, seit wir ihn geschnappt hatten.
»Was wollt ihr von mir?«, fragte er. Seine Stimme kippte über.
Phil ließ eine gehörige Pause eintreten, die dem Dicken entsprechende Angst machte.
»Verdammt«, schrie er. »Wenn ihr meine Brieftasche wollt, dann nehmt sie euch und lasst mich laufen. Was könnt ihr für ein Interesse haben, mich wie ein Stück Vieh zu behandeln oder mich umzulegen?« Er schluckte vor Angst.
»Die paar hundert Dollar, die du mit dir herumschleppst, interessieren uns kaum. Uns interessiert das große Geschäft, das augenblicklich ein Mann in New York macht, und wir sehen nicht ein, dass er den Rahm allein abschöpfen soll. Wir legen Wert darauf, mit dem Fänger in Geschäftsverbindung zu treten.«
Ich sah, wie Crawborns Augen sich zunächst weiteten und dann zu Schlitzen verengten.
»Woher soll ich wissen, wo ihr den Fänger finden könnt?«, knurrte er.
»Wir haben bestimmte Informationen«, antwortete Phil sanft, »und ich glaube, diese Informationen stimmen.« Wie ein Habicht stieß er zu. »Was ist mit Andrew Crush?«
»Was, zum Teufel, soll mit Crush sein?«, schrie Crawborn wütend zurück. »Er ist einer meiner Angestellten und weiter nichts.«
»Ist er nicht seit dem Überfall auf Fips McLean aus New York verschwunden?«
»Ja, aber ich schickte ihn selbst nach Detroit. Allerdings müsste er heute schon zurückgekommen sein. Wenn ihr was von ihm wollt, unterhaltet euch doch mit ihm selbst. Ich werde ihn ohnedies entlassen, sobald er zurück ist. Ich will keine Scherereien haben, weder mit Gangstern noch mit Behörden.«
»Wir wollen nur eine klare Antwort von dir«, fuhr Phil unbeirrt fort. »Hast du Crush freiwillig eingestellt, oder wurdest du von irgendwem gezwungen, ihn in die Organisation einzubauen?«
Crawborns Lider flatterten. Ich sah, dass er zwischen Lüge und Wahrheit schwankte, und ich stieß Phil unmerklich in die Rippen.
Immer noch zögerte Crawborn.
»Warum wollt ihr das wissen?«, fragte er hastig und stotternd.
»Es geht dich zwar einen Dreck an, aber ich will es dir erklären. Der Fänger hat in den letzten Monaten über zweihunderttausend Dollar verdient. Er hat das Kidnapping zu einem blitzsauberen Geschäft ausgebaut, und er verdient alle Achtung dafür. Wir könnten es ihm gleichtun, aber wir verfügen nicht über eine entsprechende Organisation. Außerdem ist uns der Beruf zu gefährlich. Für erpresserische Kindesentführung gibt es in allen Staaten Amerikas nur eine Strafe: den Tod. Wir haben uns nun folgendes Ding ausgeknobelt. Wir rücken dem Fänger auf die Haut und verlangen einen Teil seiner Beute, sagen wir, die Hälfte. Dann mag er, wenn er uns ein Sümmchen abgibt, seine Arbeit so lange wieder tun, bis die G-men ihn fangen. Weigert er sich, machen wir ihm die Hölle heiß. Wir haben uns schon mit anderen Burschen eingelassen, und vielleicht weißt du aus deiner Tätigkeit als Privatdetektiv, dass mit Leuten, die sich auf Kindesentführung verlegen, gewöhnlich nicht viel los ist, wenn sie mit Männern anbinden sollen, die mit einer Kanone umgehen können. Der Fänger hat einen Fehler gemacht, als er den gleichen Mann
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