KR127 - Ich bluffte den Hafenboß
zufrieden, wo ihnen fünf oder noch mehr von Rechts wegen zustanden. Mann für Mann traten sie beim Namensaufruf vor und nahmen aus Luggers gnädiger Hand einen Zehn-Dollar-Schein und ein Ein-Dollar-Stück in Empfang.
Ich wurde als letzter aufgerufen. »Na, Billy, wie war’s am ersten Tag?«
»In Ordnung, nur ein wenig hart.«
Lugger blinzelte dem Kontoführer zu. »Kannst es unter Umständen leichter haben. Was meinst du, Vincent, wollen wir dem Küken fünfzehn Dollar geben? Er ist neu. Er wird Anschaffungen machen müssen.«
Vincent Vincon, der Kassenverwalter und Buchführer der Gewerkschaft nickte gleichmütig. Lugger gab mir fünfzehn Dollar. Ich bedankte mich und steckte die Scheine weg, aber ein paar von den Arbeitern waren noch in der Nähe. Sie hatten gesehen, dass ich mehr bekam als sie.
***
Ich kann Ihnen sagen, ich fiel auf das schlechte Bett meines Zimmers wie ein Mehlsack, und ich schlief ein paar Stunden wie ein Murmeltier.
Gegen neun Uhr wurde ich wach. Ich hätte mich gern auf die andere Seite gedreht, aber das ging nicht. Schließlich war ich nicht zu meinem Vergnügen hier. Ich raffte mich auf und steckte den Kopf in die Waschschüssel. Dann machte ich mich ein wenig landfein und schob los.
Ich fuhr rüber in die Gegend des Europaquais. Der Fährschaffner von heute Morgen hatte seinen Dienst beendet, aber als ich an der Anlegestelle ausstieg, packte mich eine Hand am Ärmel und zog mich in die Dunkelheit eines Torbogens.
»Ich dachte mir, dass du noch kommen würdest«, flüsterte Phil.
»Ich habe gewartet.«
»Danke«, sagte ich, »wie war dein erster Tag als Fährschaffner?«
»Langweilig, nicht einmal ein paar nette Damen hatte ich zu bedienen. Nur Hafenjobber und Seebären benutzen diese Fähre. Und deiner?«
»Verdammt anstrengend. Weißt Du Wichtiges?«
»Wichtiges nicht, aber ich will dir Arbeit ersparen. Ich habe mich umgehört. Drüben im Wohnviertel gibt es Kneipen genug. Soviel Whisky verträgst du nicht, um sie alle abzuklappern. Pass auf! Die Hafenarbeiter verkehren viel in einem biederen Laden, der sich ›Atlantic Inn‹, nennt. Die Gewerkschaftsleitung hat ihr Hauptquartier in dem Hinterzimmer eines besseren Lokals. ›Yockey‹, heißt das Unternehmen. Der Eigentümer ist übrigens Donald Kent, der Gewerkschaftsboss, aber das wissen, glaube ich, nur seine engsten Vertrauten.«
»Vielen Dank, Phil«, sagte ich und legte ihm die Hand kurz auf die Schulter. »Wenn ich dich brauche, werde ich es dich wissen lassen.«
Ich fand die »Atlantic-Inn«, und trat ein. Der Raum war dicht geschwängert von Bierdunst und Rauch. Die Tische waren stark besetzt, aber es ging an ihnen ruhig und bedächtig zu, wie es in den Arbeiterkneipen der Fall zu sein pflegt.
Ich sah mich nach Leuten um, die ich kannte, und ich entdeckte einen großen Rundtisch, an dem der rothaarige Chris Mamun, der dunkle Al Fend, der Graubart, den Lugger heute Morgen geschlagen hatte, und noch zwei Männer saßen, die ich in unserer Gruppe gesehen hatte.
Ich ging hin und tippte an meinen Hut. Sie blickten kurz auf, sahen mich an, grüßten aber nicht zurück, sondern wandten sich wieder ihrem Bier zu.
Ich zog mir einen Stuhl heran und setzte mich. »Ist doch gestattet?«, fragte ich und winkte dem Kellner.
»Wir haben dich nicht gebeten«, sagte der Graubart.
Ich blickte ihm in die kleinen Augen. »Ich heiße William D. Gordon«, sagte ich.
Er war so verblüfft, dass auch er seinen Namen murmelte: »Jonathan Hobbiers.«
Ich sah die beiden anderen an, die ich noch nicht kannte: Der eine nannte seinen Namen sofort: »Silvestro Bacco.« Der andere, ein Klotz von einem Kerl, trank erst von seinem Glas. Dann brummte auch er: »Mike Hommer.«
Jetzt aber legte Chris Mamun los: »Hör zu, Freund«, fauchte er. »Wir wollen keine Freunde von Donald Kent und Trux Lugger an unseren Tisch. Es langt uns, dass wir mit euch Schweinen arbeiten müssen. Troll dich, sage ich dir, oder ich bring dich auf den Weg!«
Der Wirt kam heran und beschwor: »Keinen Streit, Chris!«
Auch Al Fend legte dem Iren die Hand auf den Arm: »Lass ihn, Chris! Mit Geschrei ändern wir nichts an unserer Lage!«
»Verdammt«, schrie Mamun, »müssen wir uns denn alles gefallen lassen?!«
»Halte die Luft an«, sagte ich. »Ich will verdammt sein, wenn ich weiß, was ihr gegen mich habt. Schön, ich bin ein Neuer, aber behandelt ihr alle Neuen so? Ich arbeite so ehrlich wie ihr, und ihr solltet mich in euren Kreis aufnehmen. Gut,
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