Kräfte der Comyn - 12
schlechten Menschen wie diesen Räubern sollte sich das Gesetz befassen, oder?”
„Du bist einfach zu klug.” Valdir lächelte freudlos. „Das ist der einzige schwache Punkt des Systems. Wir benutzen unsere eigenen Methoden, um uns an ihnen zu rächen. Sie überfallen uns, wir überfallen darauf sie, und wir sind ebenso schlecht, wie sie es sind. In Wirklichkeit steckt mehr dahinter, Larry. Darkover scheint sich in einer dieser Perioden zu befinden, in denen nicht gut zu leben ist - einer Zeit des Wandels. Und daß die Terraner herkamen, war nicht gerade eine Hilfe. Noch einmal - ohne daß ich dich persönlich beleidigen möchte - : Es macht unsere Leute unzufrieden, daß wir eine hochtechnisierte Zivilisation unter uns haben. Wir leben so, wie Menschen leben sollten, in engem Kontakt mit der Natur, nicht zusammengedrängt in Städten und Fabriken.” Er blickte über die verbrannte Feuerwache hinweg auf die hohen Berge. „Kannst du das nicht sehen, Larry?”
„Ich kann es sehen”, gab Larry zu, aber an ihm nagte der Zweifel. Als er ebenso gesprochen hatte, war er von seinem eigenen Vater beschuldigt worden, ein Romantiker zu sein. Die Darkovaner wünschten weiterzuleben, als gäbe es keinen Wandel, und ob es ihnen nun paßte oder nicht, das Zeitalter der Raumfahrt war angebrochen - und sie hatten sich bereits entschieden, das Terranische Imperium zu Handelszwecken auf ihrem Planeten Fuß fassen zu lassen.
„Ja”, sagte Valdir, seine Gedanken lesend. „Das sehe ich auch - der Wandel kommt, ob es uns paßt oder nicht. Und ich möchte, daß er sich ruhig vollzieht, ohne Aufruhr. Was bedeutet, daß ich mich bei vielen Leuten meiner eigenen Kaste verdammt unbeliebt gemacht habe. Zum Beispiel habe ich dies Verteidigungssystem von Grenzwachen und Waldhütern organisiert, damit nicht jeder Hof, jedes Gut sich allein gegen Angriffe der Räuber von jenseits des Kadarin verteidigen muß. Und es gibt Menschen, die darin eine klare Verletzung unseres Kodex der individuellen Verantwortlichkeit sehen.” Er unterbrach sich. „Was ist los?”
Larry platzte heraus: „Ihr habt meine Gedanken gelesen!”
„Das beunruhigt dich? Ich schnüffele nicht, Larry. Das tut kein Telepath. Wenn du mir allerdings deine Gedanken so deutlich entgegenschleuderst…” Er zuckte die Schultern. „Ich habe noch nie einen Terraner kennengelernt, der dem Rapport so offen ist.”
„Nein, es beunruhigt mich nicht”, wehrte Larry ab. Zu seiner eigenen Überraschung war das die Wahrheit. Er erkannte, daß ihm die Vorstellung durchaus nicht unangenehm war. „Wenn mehr Terraner und Darkovaner gegenseitig ihre Gedanken lesen könnten, würden sie sich vielleicht besser verstehen und sich nicht voreinander fürchten, so wie Ihr und ich es ja auch nicht tun.”
Valdir lächelte ihm freundlich zu und stand auf. „Es ist Zeit, daß wir uns wieder auf den Weg machen.” Sehr leise setzte er hinzu: „Aber täusche dich nicht, Larry. Wir fürchten uns vor dir. Du weißt selbst nicht, wie gefährlich du sein kannst.”
Er schritt schnell davon. Larry sah ihm nach und fragte sich, ob er richtig gehört hatte.
6
Die Straße ins Tal war steil und gewunden, und eine Weile hatte Larry genug damit zu tun, sich nur im Sattel zu halten. Doch bald wurde die Straße breiter und damit einfacher, und ihm wurde klar, daß er wieder den Rauch von der niedergebrannten Station gerochen hatte. Hatte sich der Wind gedreht? Er hob den Kopf und ließ das Pferd in langsamen Trab verfallen. Fast im gleichen Augenblick hob der vorausreitende Valdir den Arm hoch, blieb stehen, drehte den Kopf in den Wind und schnüffelte mit geblähten Nasenlöchern.
Er sagte gepreßt: „Feuer.”
„Wieder eine Station?” fragte einer der Darkovaner. Valdir, der den Kopf von einer Seite zur anderen bewegte
fast, dachte Larry, als erwartete er, das Geräusch der Flammen zu hören -, erstarrte plötzlich und verharrte so bewegungslos wie eine Statue. Gleichzeitig hörte Larry den Klang einer Glocke: einen tiefen, vollen Glockenklang, der durch das Tal hallte. Er erschallte wieder und wieder und wob ein seltsames Klangmuster. Während die kleine Gruppe der Reiter bewegungslos verharrte und aufmerksam lauschte, fiel eine weitere Glocke, weiter entfernt und leiser, aber dennoch erkennbar mit demselben langsamen Rhythmus in den Klang ein, und wenige Minuten später erklang, wiederum weiter entfernt, eine dritte Glocke, die dem Chor einen tiefen Ton hinzufügte.
Valdir sagte barsch: „Das
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