Kräuterkunde
schaden.« (
Schneebeli-Graf 1992:19
)
»Menschliche« Kräuter , etwa Ingwer, Pfingstrose und Tüpfelfarn, wirken auf die Körperfunktionen ein, wobei einige giftig, andere harmlos sind. »Sie werden eingenommen, wenn man sich von einer Krankheit befreien will, um wieder neue Kräfte zu gewinnen«.
»Irdische« Arzneimittel wirken heftig auf die Körperfunktion ein. Es sind giftige Kräuter, wie Rhabarberwurzel, Eisenhut (Aconitum) oder Pfirsichkerne, die »gegen die Hitze und Kälte des Körpers wirken«. Sie werden nur in akuten Notfällen verwendet.
In der indischen »Wissenschaft vom Leben« (Ayurveda) werden Pflanzen nach den Grundeigenschaften (
Gunas
), Sattwa, Rajas und Tamas , eingeteilt:
Eine Heilpflanze mit sattwischen Eigenschaften , wie etwa die Zitronenmelisse oder das Wassernabelkraut (
Hydrocotyl
), wirkt harmonisierend, bewußtseins- und meditations fördernd und bringt Licht in die Seele. In einer solchen Pflanze offenbart sich die lichte, reine Weiße Göttin,
Saraswati
, die Shakti des Schöpfergottes Brahma. Sattwische Pflanzen sind die Brahmanen unter den Kräutern.
Pflanzen mit rajasischen Eigenschaften aktivieren und energetisieren den Organismus, sie wühlen die Gefühle auf, reizen zur Aktivität und schüren die Leidenschaften. Zu ihnen zählen geil machende Aphrodisiaka, geistig anregende Drogen, wie Kaffee oder Coca, und scharfe Gewürze, wie der Pfeffer, welche die Verdauung anregen. In den rajasischen Pflanzen offenbart sich die Göttin in ihrer Erscheinung als die kriegerische Durga, die Dämonenjägerin. Rajasische Gewächse sind die Krieger (
Kshatriya
) des Pflanzenvolks.
Tamasische Heilkräuter wirken abbauend, sedierend, bewußtseinsdämpfend, einschläfernd. Zu ihnen zählen unter gewissen Umständen sehr nützliche Pflanzen, wie Hopfen, Baldrian, Teufelsdreck (
Asafoetida
) oder Schlafmohn. In ihnen kommt Kali, die Göttin in ihrer dunklen, zerstörerischen Gestalt, zum Ausdruck.
Weiterhin unterteilt die ayurvedische Heilkunde die Kräuter nach ihrem Bezug zu den Humoren (
Dosas
): Es herrscht
Pitta
(Feuer) vor, wenn sie erhitzend wirken oder ätzende Säfte enthalten. Pflanzen mit
Kapha
(Schleim) sind saftig, schleimig, schwer, sukkulent und kühl. Gewächse mit viel
Vata
(Luft) sind oft dürr, saftlos und in ihrer Wirkung adstringierend und trocknend. Diese Kategorien werden noch weiter unterteilt in Geschmackswirkung, energetisches Schwingungsniveau (
Prana
) und nach den Körpergeweben (
Dhatus
), auf die sie einwirken. Das Ganze ergibt also eine höchst differenzierte Taxonomie der Heilpflanzen.
Auch alteuropäische Völker differenzierten die Heilmittel. Die Germanen zum Beispiel ordneten die Kräuter nach den Eigenschaften ihrer totemischen Seelentiere:
Kräuter der Freya: Allgemein bekannte und beliebte Hausmittel, wie Kamille, Wegerich oder Holunder, deren Anwendung von Mutter zu Tochter weitertradiert wurde. Die Kräuter wurden in Bündeln zusammengefaßt und im Augustmond geweiht. Die Hausherrin, der es oblag, für die Gesundheit in Haus und Stall zu sorgen, kochte Kräutersalben und -milch, buk Kräuterwecken und braute Heilkräuterbiere. Auch die Pflanzen der Liebe, die Aphrodisiaka, standen unter der Obhut der Freya, deren Tier die Raubkatze (Luchs) ist.
Bärenpflanzen: Wenn die Hausmittel nicht ausreichten, wurde der heilkundige
Lachner
bestellt. Seine Heilpflanzen und Zaubersprüche hatten Bärenkräfte. Solche starkwirkenden Wurzeln waren dem Donar Thor, dem »Asenbär«, dem kosmischen Bären, geweiht, der, mit Blitzkeil bewaffnet, den giftigen, krankheitsbringenden Würmern den Garaus machte. Mit den Wurzeln dieser Kraftpflanzen und dem richtigen Spruch wurden die elbischen Schlangen ausgetrieben, die sich in Mark und Bein einnisten und die Lebenskraft wegsaugen.
Wolfspflanzen waren jene äußerst giftigen Gewächse wie Tollkirsche, Seidelbast oder Eisenhut, mit denen man Wölfe und Füchse vergiftete oder beim Gericht die Giftprobe durchführte. Sie waren dem Tyr, dem furchtlosen Bezwinger des Fenriswolfs und Hüter der Gesetze, geweiht. Aber auch Zauberer machten manchmal Gebrauch von Wolfskräutern, da sie, wenn richtig dosiert, die Seele vom Leib zu trennen vermögen und das »Fliegen« ermöglichen. In diesem Fall gehörten sie dem Odin,dem Schamanistischen Zaubergott.
Kräuter der Holle, wurden durch den Storch oder die Wildgans dargestellt. Im ersten Fall handelt es sich um Geburtskräuter, denn diese Göttin ist es, die die tief unter der
Weitere Kostenlose Bücher