Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
bewimperten Augen über dem Rand ihres Weinkelchs sehr genau.
Als sie den Weinkelch wieder absetzte, hatte sich ihr Gesichtsausdruck von dem einer koketten Frau zu dem einer Frau gewandelt, die alles durchschaut hatte. „Und beim Kreuze Christi, es ist passiert, nicht wahr?“ Bevor er den Mund öffnen konnte, hatte sie ihm eine Hand auf denselben gelegt. „Erspart mir Eure Beteuerungen des Gegenteils, Dirick. Auch wenn die Höfe der Liebeskunst, an denen ich geherrscht habe, sich in einer Anbetung aus der Ferne üben, wo Ritter ihre Aufmerksamkeit in ziemlicher Weise den Damen aus diesem Reich erweisen, so glaube ich auch, dass es einen Platz gibt für eine realere, eine greifbare Liebe – so wie ich sie mit meinem Gemahl teile.“ Ein aufrichtiges Lächeln wärmte ihre Züge. „Ja, Dirick, man kann sogar Liebe finden in einer solchen Allianz wie der zwischen dem Reich von Anjou und dem Haus von Aquitanien.“
„Eure Majestät–“
„Ihr seid meinem Ehemann gegenüber schon lange stets loyal gewesen und durch ihn auch mir gegenüber. Auch wenn Heinrich oft nicht das zu erkennen vermag, was sich unter seiner Nase abspielt, und sich auch nicht eilt die zu entlohnen, die ihm treu ergeben sind, bei mir ist es anders.“ Ihr Blick wanderte da rasch zu dem Tisch ihrer Damen und langsam über diese hinweg, als wolle sie abschätzen, welche von ihnen er wohl liebte. „Ihr werdet sie bekommen, Dirick. Ich werde dafür sorgen.“
„Aber ich sagte nicht, dass ich sie liebe. Ich liebe sie nicht. Ich liebe niemanden“, stammelte er, weil er sich aus unerfindlichen Gründen von Eleonores allwissendem Betragen überrumpelt fühlte. „Und wo ich doch keiner Eurer Damen besondere Gunst erwiesen habe – wie könnt Ihr dies nur annehmen?“
Sie lachte wieder ihr tiefes Lachen. „Wenn es wahre Liebe ist, wird es Euch nicht gelingen, sie vor mir zu verbergen – oder vor jedem anderen, der sich die Mühe macht Euch zu beobachten. Ihr werdet sie bekommen, Dirick, es sei denn sie ist einem anderen versprochen.“ Und damit wandte sie sich von ihm ab, um wieder an der Unterhaltung ihres Ehemannes teilzunehmen.
KAPITEL ACHTZEHN
Leuchter an den Wänden waren die einzige Lichtquelle und sie warfen unruhige Schatten auf die rauen Steinwände.
Trotz des Mangels an natürlichem Licht war der Gang hell genug erleuchtet, dass Maris das Funkeln in Victors Augen sehen konnte. Ihre Hand lag auf seinem Unterarm, wo Maris sie trotz ihres Widerwillens hatte lassen müssen, seit er sie aus der großen Halle hinausgeführt hatte, und sie ging jetzt gesetzten Schrittes neben ihm her.
Maris konnte nicht umhin sich da an das letzte Mal zu erinnern, als sie mit Victor alleine gewesen war – als sie mit ihrem Pferd über die Felder von Langumont galoppiert war und unüberlegt seine männliche Überlegenheit in Frage gestellt hatte. Ein kleiner Schauder lief ihr da den Rücken hinab, als sie noch einmal die erniedrigenden Momente durchlebte, da sein Mund ihren brutal genommen hatte und seine Hände ihre Brüste betatscht hatten.
„Ist Euch auf einmal kühl, Mylady?“ Seine Stimme war glatt und ganz sanft vor Anteilnahme. „Nehmt meinen Umhang.“ Sie hielten unter einer der Wandleuchten an, als er sich den Umhang von den Schultern gleiten ließ.
Seine Hände, kalt und grob, streiften sie am Kinn, als er ihr den pelzgefütterten Umhang anlegte, wobei er sich viel zu viel Zeit nahm ihn an ihrem Hals festzubinden. Ein Finger streifte ihr unten an ihrem Kiefer entlang, glitt bis vor unter ihr Kinn und hob damit dann ihr Gesicht nach oben an. „Ihr habt mir heute Abend noch nicht in die Augen gesehen, meine Gemahlin.“ Mit einer kleinen Bewegung verlagerte er den Finger und der Nagel drückte sich ihr in die weiche Unterseite ihres Kinns. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich annehmen, Ihr seid enttäuscht mich hier zu haben.“
Maris schluckte und versuchte da ihre Stimme bei ihrer Antwort ruhig zu halten. „In der Tat, ich gebe zu, dass es eine Überraschung war Euch hier zu sehen. Da Ihr keine Gelegenheit wahrgenommen habt, um mit mir zu reden seit dem ... Hinscheiden meines Papas“, sagte sie, „blieb mir nichts anderes übrig als anzunehmen, dass Ihr Euch gegen unsere Vermählung entschieden habt.“
Ein Lächeln, das keineswegs beabsichtigte beruhigend zu wirken, legte sich auf seine schmalen Lippen. „Ah, das würde wohl Euch gefallen, nicht wahr, Lady Maris? Nichts wäre Euch
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