Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
egal wie die Frau nun aussehen mochte. Oder vielleicht war sie zu jung. Obwohl es durchaus üblich war, Mädchen im Alter von acht oder neun Jahren einem Bräutigam zu versprechen und sie dann mit fünfzehn oder sechzehn zu verheiraten.
„Maris ist eher ungewöhnlich“, sagte Merle mit einem nachsichtigen Lächeln. „Sie zählt schon an die siebzehn Lenze und es ist mir bislang noch nicht gelungen, einen passenden Bräutigam zu finden. Aber es ist jetzt fast vollbracht – es müssen nur noch die Verträge unterzeichnet werden, sobald Victor d’Arcy eingetroffen ist.“
„Ungewöhnlich?“ War sie hässlich oder irgendwie verkrüppelt ... oder vielleicht nicht ganz bei Sinnen? Kein Wunder hatte Bernard sich bei der Frau nicht als „passend“ erwiesen. Seine Frau Joanna war der Liebreiz selbst, in Aussehen und Charakter, und sie waren nunmehr seit etwas über einem Jahr verheiratet.
Merle überging Diricks Frage zu Lady Maris und sagte stattdessen, „Ihr leistet uns doch heute Abend an meinem Tisch Gesellschaft?“
„Sehr gerne. Aber, Mylord, ich muss darum bitten, dass ich außerhalb dieses Zimmers hier lediglich Dirick de Arlande bin – unlängst von Frankreich wieder eingetroffen. Ich bin nicht ein Mann des Königs, sondern vielmehr ein Ritter auf Wanderschaft und auf der Suche nach Arbeit. Mir wurde von Seiner Majestät noch eine Aufgabe aufgetragen, bei der es um das Lehen von Breakston geht. Weder der König noch ich wünschen, dass Bon de Savrille etwas von meiner Identität erfährt, bevor ich dort anlange.“
„Der König hat ein wachsames Auge auf Bon de Savrille geworfen? Ich habe ihn schon lange im Verdacht andere Loyalitäten zu verfolgen. Er hätte mir Männer bereitstellen und in Wales an meiner Seite mitstreiten sollen. Er zeigte sich dort kaum drei Tage lang, blieb in seinem Zelt und ließ dann letztendlich seine Männer zurück, um nach Breakston zurückzukehren. Er hinterließ Nachricht, dass er Kunde aus Breakston erhalten habe, die seine Anwesenheit dort erforderte. Mich deucht, der Mann ist ein Feigling, und es würde mich aber nicht wundern, wenn er als Anhänger der walisischen Aufrührer in Erscheinung treten würde.“
„Mit Eurer Erlaubnis breche ich nicht sofort nach Breakston auf. Ich möchte erst Gewissheit haben, dass er sich an seinem Stammsitz befindet, bevor ich die Reise antrete, und es wäre von Vorteil noch eine Weile hier zu sein, falls Euch noch etwas anderes zu meinem Vater einfallen sollte.“
„Selbstverständlich – bleibt so lange Ihr wollt. Soll ich Euch etwas Arbeit geben, um Eurer Geschichte etwas Glaubwürdigkeit zu verleihen und auch um Eurem Verstand und Eurem Körper Beschäftigung zu geben?“
Dirick lächelte. „Ich bitte darum, Mylord. Ich werde heute Abend an Eurer Tafel Platz nehmen und es wird mir ein Vergnügen sein, die Bekanntschaft Eurer Tochter zu machen.“ Dirick malte sich schon aus, wie er Bernard von seinem Essen mit der Dame erzählte, die seine Werbung abgewiesen hatte.
Der Abend versprach interessant zu werden und ihm darüber hinaus reichlich Zerstreuung zu bieten.
~*~
Als Maris früh am nächsten Morgen erfuhr, dass ein Mann eingetroffen war, der ihren Vater zu sprechen wünschte, hatte sie fluchtartig den Burghof verlassen. Sie wünschte noch nicht, ihrem zukünftigen Bräutigam zu begegnen, und steckte daher zwei Äpfel und ein Stück Käse ein und ging ins Dorf. Es gab mehrere Leute, die sie besuchen musste, darunter auch den Küfer Thomas und seine Frau, und sie wollte in ihrem Garten noch verschiedene Kräuter für Wundheilung sammeln, welche in dieser kalten Jahreszeit bald nicht mehr wachsen würden. Sie beabsichtigte sich an diesem Tag möglichst wenig zu zeigen.
Und so war die Dämmerung schon fast hereingebrochen, bis sie endlich wieder im Burghof eintraf. Es gelang ihr, ihrem Vater, ihrer Mutter und dem etwaigen Bewerber aus dem Weg zu gehen, indem sie die riesigen Stufen aus Stein hochschlich, die zu den Frauengemächern über der großen Halle führten. Verna erwartete Maris bereits in der Kemenate, um sie für das Abendessen umzukleiden.
„Es ist schon spät, Herrin. Lord Merle wird sein Missvergnügen bald sehr deutlich kundtun, falls Ihr zum dritten Mal beim Abendessen fehlt“, bemerkte Verna, als sie Maris aus ihrem Arbeitsgewand half.
„Ich weiß.“ Maris’ Zähne klapperten, als sie nur mit ihrem Untergewand bekleidet in dem kühlen Raum dastand. „Ich
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