Kraft des Bösen
Nachricht überbringen würden.«
Saul atmete tief die Meeresluft ein. Er konnte sich keinen Grund vorstellen, weshalb Barent und seine Gruppe ihn brauchten, um Botschaften zu übermitteln, konnte sich noch weniger vorstellen, weshalb sie ihm seinen eigenen freien Willen ließen, um das zu tun, und er sah schon gar keinen Grund, was es ihnen nützen könnte, ihn am Leben zu lassen, wenn er getan hätte, was sie von ihm verlangten. Er fühlte sich schwindlig und leicht betrunken. »Wie lautet Ihre Botschaft?«
»Sie können Willi Borden mitteilen, daß es dem Club eine große Freude wäre, wenn er die freie Stelle im leitenden Komitee übernehmen würde.«
»Das ist alles?«
»Ja«, sagte Barent. »Möchten Sie gerne etwas essen oder trinken, bevor Sie wieder aufbrechen?«
Saul machte einen Moment die Augen zu. Er konnte die Bewegungen des Schiffs unter seinen Beinen bis ins Becken spüren. Er umklammerte die Reling ganz fest und schlug die Augen auf. »Sie sind nicht anders, als die waren«, sagte er zu Barent.
»Wer sind >die«
»Die Bürokraten«, sagte Saul, »die Kommandanten, die Staatsdiener, die zu Einsatzgruppenkommandos wurden, die Bahningenieure, die Industriellen der I. G. Farben und die fetten, nach Bier stinkenden Scharführer, die ihre fetten Beine in die >Grube< baumeln ließen.«
Barent überlegte einen Augenblick. »Nein«, sagte er schließlich, »ich glaube, wir sind alle letztendlich nicht anders. Richard! Würden Sie Dr. Laski bitte zu seinem Bestimmungsort bringen?«
Sie flogen mit dem Helikopter zur großen Startbahn der Insel, dann mit einem Privatjet nach Norden und Westen, während der Himmel hinter ihnen heller wurde. Saul döste eine Stunde, bevor sie landeten. Es war sein erster drogenfreier Schlaf seit einer Woche. Haines rüttelte ihn wach. »Sehen Sie sich das an«, sagte er.
Saul betrachtete das Foto. Aaron, Deborah und die Kinder waren gefesselt, aber eindeutig am Leben. Der weiße Hintergrund lieferte keinen Anhaltspunkt, wo sie sich befanden. Das Blitzlicht fing die aufgerissenen Augen und panischen Mienen der Kinder ein. Haines hob einen kleinen Cassettenrecorder hoch. »Onkel Saul«, sagte Aarons Stimme, »bitte tu, was sie sagen. Sie werden uns nichts tun, wenn du tust, was sie sagen. Führ ihre Anweisungen aus, dann werden wir alle freigelassen. Bitte, Onkel Saul .« Die Aufzeichnung endete unvermittelt.
»Wenn Sie versuchen, mit ihnen oder der Botschaft Verbindung aufzunehmen, töten wir sie«, flüsterte Haines. Zwei der Agenten schliefen. »Wenn Sie tun, was wir verlangen, geschieht ihnen nichts. Haben Sie das verstanden?«
»Ich habe verstanden«, sagte Saul. Er preßte das Gesicht ans kalte Plastik des Fensters. Sie gingen über der Innenstadt einer größeren amerikanischen Stadt tiefer. Im Schein von Straßenlaternen sah Saul Backsteingebäude und weiße Türme zwischen Bürohochhäusern. In diesem Augenblick wußte er, daß es für keinen von ihnen noch Hoffnung gab.
25. Kapitel
Washington, D.C.: Sonntag, 28. Dezember 1980
Sheriff Bobby Joe Gentry war wütend. Der gemietete Ford Pinto verfügte über ein Automatikgetriebe, aber Gentry rammte den Wahlhebel vom zweiten in den dritten, als würde er einen Sportwagen mit Sechsgangschaltung fahren. Kaum hatte er den Beltway erreicht, der zur I-95 führte, jagte er den protestierenden Pinto auf zweiundsiebzig Stundenmeilen, zwang den grünen Chrysler, der ihn beschattete, mit ihm Schritt zu halten, und forderte die Maryland Highway Patrol förmlich heraus, ihn anzuhalten. Gentry zog seinen Koffer auf den Vordersitz, kramte einen Moment in der Außentasche, legte die geladene Ruger auf die Mittelablage und warf den Koffer wieder auf den Rücksitz. Gentry war wütend.
Die Israelis hatten ihn bis zur Dämmerung festgehalten, hatten ihn zuerst in ihrer Limousine verhört, dann in einem sicheren Haus bei Rockville, dann wieder in ihrem verdammten Auto. Er war bei seiner ursprünglichen Geschichte geblieben - Saul Laski, der nach einem alten Nazi-Kriegsverbrecher suchte, um eine offene Rechnung zu begleichen, Gentry, der versuchte, das alles mit den Morden von Charleston in Verbindung zu bringen. Die Israelis griffen nie auf Gewalt zurück - oder, nach Cohens anfänglicher Bemerkung - auf Gewaltandrohung, aber sie arbeiteten im Team, um ihn durch ständige Wiederholungen zu zermürben. Wenn sie Israelis waren. Gentry hatte den Eindruck, daß sie es waren - er hielt Jack Cohen genau für den, für den er
Weitere Kostenlose Bücher