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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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lag. Palmen und wildwuchernde tropische Vegetation waren mit Hunderten Papierlampions geschmückt, Fußwege mit weißen Lichtern markiert, ein langer Strandabschnitt wurde von flackernden Fackeln erhellt, während über alledem, im Licht vertikaler Strahlen von Scheinwerfern, die Saul an Filme von Versammlungen in Nürnberg in den dreißiger Jahren erinnerten, auf einer weißen Felsklippe ein Schloß aus Holz und roten Ziegeln zu schweben schien.
    »Kennen Sie mich?« fragte der Mann im Segeltuchsessel.
    Saul sah ihn blinzelnd an. »Ist das ein Werbespot für Kreditkarten?«
    Haines trat Saul in die Kniekehle, so daß dieser auf das Deck fiel.
    »Sie können jetzt gehen, Richard.«
    Haines und die anderen entfernten sich. Saul stand unter Schmerzen auf.
    »Sie sind C. Arnold Barent«, sagte Saul. Er hatte sich auf die Innenseite der Wange gebissen. Der Geschmack seines eigenen Blutes vermischte sich in Sauls Denken mit dem Duft der tropischen Vegetation. »Niemand scheint zu wissen, wofür das C. steht.«
    »Christian - Christ«, sagte Barent. »Mein Vater war ein strenggläubiger Mann. Zugegeben, mit einem Hang zur Ironie.« Er deutete auf einen Deckstuhl in der Nähe. »Bitte setzen Sie sich, Dr. Laski.«
    »Nein.« Saul ging zur Reling des Balkons, der Brücke, was auch immer. Zehn Meter tiefer strömte weiß das Wasser einer Bugwelle vorbei. Saul klammerte sich an dem Geländer fest und sah Barent an. »Gehen Sie kein Risiko ein, wenn Sie hier mit mir allein sind?«
    »Nein, Dr. Laski, keineswegs«, sagte Barent. »Ich gehe niemals Risiken ein.«
    Saul nickte zu dem fernen Schloß im Lichterschein in der Nacht. »Ihres?«
    »Das der Firma«, sagte Barent. Er trank einen großen Schluck seines kalten Drinks. »Wissen Sie, warum Sie hier sind, Dr. Laski?«
    Saul rückte die Brille zurecht. »Mr. Barent, ich weiß nicht einmal, wo >hier< ist. Oder warum ich noch lebe.«
    Barent nickte. »Ihre zweite Bemerkung ist die wichtigere«, sagte er. »Ich nehme an, die ... äh ... Medikamente sind inzwischen so weit von Ihrem Körper abgebaut worden, daß Sie selbst zu einer Schlußfolgerung kommen können.«
    Saul biß sich auf die Unterlippe. Er stellte fest, wie zittrig er tatsächlich war - halb verhungert, teilweise dehydriert. Es würde wahrscheinlich Wochen dauern, bis er die Drogen vollständig abgebaut hatte. »Ich könnte mir vorstellen, Sie halten mich für Ihre Fahrkarte zum Standartenführer«, sagte er.
    Barent lachte. »Standartenführer. Wie hübsch. Ich könnte mir denken, daß Sie ihn als das betrachten, wenn man an Ihre ... äh ... ungewöhnliche Beziehung denkt. Sagen Sie mir, Dr. Laski, waren die Lager wirklich so schlimm, wie sie in den Medien dargestellt werden? Ich habe immer vermutet, daß es Bestrebungen gab - möglicherweise unterschwellig -, die Sache ein wenig zu dramatisieren. Möglicherweise, um unterschwellige Schuldgefühle durch Übertreibung zu sühnen?«
    Saul sah den Mann an. Er prägte sich jede Einzelheit der makellosen Bräune, der Seidenjacke, der weichen Gucci- Schuhe und des Amethystrings an Barents kleinem Finger ein. Er sagte nichts.
    »Ist auch nicht so wichtig«, sagte Barent. »Sie haben selbstverständlich recht. Sie sind noch am Leben, weil Sie Mr. Bordens Bote sind und wir uns zu gerne mit dem Herrn unterhalten würden.«
    »Ich bin nicht sein Bote«, sagte Saul mürrisch.
    Barent bewegte eine manikürte Hand. »Dann eben seine Botschaft«, sagte er. »Das ist ein unbedeutender Unterschied.«
    Eine Reihe Glockenklänge ertönte, worauf die Jacht Fahrt aufnahm und sich nach Backbord neigte, als wollte sie die Insel umkreisen. Saul sah ein langes, von Quecksilberdampflampen erhelltes Dock.
    »Wir möchten, daß Sie Mr. Borden eine Nachricht überbringen«, fuhr Barent fort.
    »Dazu besteht kaum eine Möglichkeit, solange Sie mich in meiner Stahlzelle unter Drogen festhalten«, sagte Saul. Er verspürte zum erstenmal seit der Explosion ein Fünkchen Hoffnung.
    »Das ist nur zu wahr«, sagte Barent. »Wir werden uns darum kümmern, daß Sie die bestmögliche Gelegenheit bekommen, ihn wiederzusehen ... äh ... an einem Ort seiner Wahl.«
    »Sie wissen, wo sich der Standartenführer aufhält?«
    »Wir wissen, wo er . äh . sein Einsatzgebiet gewählt hat.«
    »Wenn ich ihn sehe«, sagte Saul, »werde ich ihn töten.«
    Barent lachte leise. Er hatte perfekte Zähne. »Das ist sehr unwahrscheinlich, Dr. Laski. Wir wüßten es nichtsdestotrotz zu schätzen, wenn Sie ihm unsere

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