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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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dem Gewehrkolben, der ihm auf den Hals drückte.
    Leroy verlagerte sein ganzes Gewicht mit der Schulter darauf und beugte den Mann noch weiter über das Geländer. »Hast du ‘n Streichholz, Mann?« flüsterte er. In dem Raum hinter ihm ertönten Schritte. Leroy steckte dem Agenten die linke Hand in die Anzugtasche und holte ein goldenes Feuerzeug heraus. »Danke, Jesus«, sagte Leroy und ließ den Mann samt Gewehr und allem neun Meter auf die Gasse hinabstürzen. Er betrat das Zimmer, als unten die Schüsse wieder anfingen.
    »Hast du ihn ...« begann das Käsegesicht mit der gezückten Pistole. Drei andere standen am Fenster, wo futuristisch anmutende Gewehre und Teleskope auf Stativen aufgebaut waren. Leroy sah aus den Augenwinkeln Klappstühle, Kartentische mit Lebensmitteln und Dosen und ein paar Funkgeräte an der Wand.
    »Stehenbleiben!« schrie das Käsegesicht und richtete die Pistole auf Leroys Brust.
    Leroy hob bereits die Hände. Er drehte mit dem Daumen den Feuerstein; er spürte die Hitze der Flamme am rechten Ohr. »Mein Glück. Funktioniert gleich beim erstenmal«, sagte Leroy und ließ das Feuerzeug in den offenen Rucksack mit den Flaschen voll Shell Super bleifrei fallen.
    Anne Bishop war einen halben Block von Grumblethorpe entfernt, als die Explosion erfolgte. Sie fuhr unbeirrt mit fünfzehn Stundenmeilen weiter, umklammerte das Lenkrad des DeSoto mit den Händen und sah starr und ohne zu blinzeln geradeaus. Jedes Fenster im zweiten Stock des Hauses gegenüber von Grumblethorpe flog in tausend Scherben nach außen. Glas glitzerte und funkelte, während es wie Schnee auf die Germantown Avenue regnete. Dreißig Sekunden später waren die Flammen zu sehen. Anne Bishop fuhr vor Grumblethorpe an den Bordstein und stellte das Automatikgetriebe auf Parken. Sie folgte Reflexen, die dreißig Jahre alt waren, und zog gewissenhaft die Handbremse an.
    Die Flammen des brennenden Gebäudes waren jetzt viel heller und warfen einen orangefarbenen Schein auf Grumblethorpe und den ganzen Straßenabschnitt. Das verstreute Knattern von Gewehrschüssen war zu hören. Fünfzig Meter entfernt im selben Block liefen ein halbes Dutzend langbeinige Gestalten über die Straße. Unmittelbar neben dem rechten Reifen des DeSoto lag ein Junge mit dem Gesicht nach unten im Rinnstein. Eine kleine schwarze Lache hatte sich unter seinem zerschmetterten Kopf gebildet und floß in den Gully.
    Ein lautes Prasseln ertönte aus dem Gebäude auf der anderen Straßenseite, als würden Hunderte dicke Zweige durchgebrochen werden. Ab und zu ging Munition los, was sich erstaunlicherweise anhörte, als würde Popcorn geröstet. In der Ferne schrie jemand. Dann erklang das Heulen von Sirenen. Anne Bishop saß in ihrem 1953er DeSoto, sah starr geradeaus, ließ die Hände am Lenkrad und wartete.
    Gentry war hastig und mit vorgehaltener Ruger durch die offene Küchentür gesprungen. Ein umgestürzter Tisch bot Deckung, die er nützte, indem er sich dahinter schwer auf ein Knie fallen ließ und sich umsah.
    Die Küche wurde von zwei Kerzen erhellt, eine auf dem Tresen und eine, die brennend auf dem Boden auf der Seite lag. Der Zwilling namens G. R. lag tot in dem riesigen Kamin sechs Schritte hinter Gentry, seine Steppjacke war vom Hals bis zum Unterleib zerfetzt. Daunenfedern lagen auf Gesicht, Rumpf und Beinen des Leichnams. Der Rest der Küche war leer. Eine schmale Tür zu einer Vorratskammer oder einem kleinen Zimmer beim Zugang zu einem Flur stand offen und verdeckte den Blick.
    Gentry richtete die Ruger auf die Tür der Vorratskammer, als er die Geräusche im Flur dahinter hörte. Er merkte, daß er zu schnell durch den Mund atmete und beinahe hyperventilierte. Er hielt zehn Sekunden den Atem an. Draußen hörte das Knattern des Gewehrfeuers vorübergehend auf, und in der kurzen Stille hörte Gentry ein leises Kratzen in der schattigen Ecke hinter sich. Er wirbelte herum und duckte sich, als Marvin Gayle aus dem Steinboden zu steigen schien, wobei er sich in die Höhe stemmte wie ein Mann, der aus einem Swimmingpool klettert. Selbst im spärlichen Licht konnte Gentry erkennen, daß das Gesicht des Bandenführers vollkommen ausdruckslos war, die Augen wenig mehr als kleine Schlitze, in denen man nur die Andeutung einer Iris ausmachen konnte.
    »Marvin?« sagte Gentry in dem Augenblick laut, als der Junge eine Schrotflinte aus dem Loch zog, in dem er stand, auf Gentrys Kopf zielte und abdrückte.
    Der Schlagbolzen traf mit einem

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