Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
von uns dahin. Im Licht der vorüberrasenden Straßenlampen konnte ich den Piloten auf der gegenüberliegenden Seite und einen Mann mit Baseballmütze erkennen, der sich dahinter zu uns herausbeugte. Der Mann stellte ein irres Grinsen zur Schau und hielt etwas im Arm.
    Ich ließ Anne nach rechts auf die Ausfahrtsrampe ausscheren. Der linke Hinterreifen des DeSoto rutschte auf der weichen Böschung, und ich war einen Moment voll und ganz damit beschäftigt zu lenken, gegenzulenken und Gas zu geben, damit wir keinen Unfall bauten.
    Der Helikopter steuerte nach links, als wir durch das endlose Kleeblatt fuhren. Ein roter Punkt tanzte einen Sekundenbruchteil auf Annes Fenster und ihrer linken Wange. Ich ließ sie das Gaspedal auf der Stelle bis zum Anschlag durchtreten, der rote Punkt verschwand, und etwas prallte mit einem hohlen Klatschen auf die hintere Stoßstange.
    Plötzlich befanden wir uns auf einer Brücke hoch über einem Fluß. Ich wollte nicht auf einer Brücke sein; ich wollte eine Schnellstraße.
    Der Helikopter flog jetzt rechts von uns in gleicher Höhe. Ein rotes Licht schien mir eine Sekunde in die Augen, dann ließ ich Anne nach links ausscheren und mit einem VW-Bus gleichziehen, den ich als Schild zwischen dem Hubschrauber und uns benützte. Der Fahrer des Volkswagen kippte plötzlich nach vorn, das Fahrzeug raste frontal gegen das Geländer. Der Helikopter kam näher und schaffte es irgendwie, bei achtzig Stundenmeilen seitwärts zu fliegen.
    Wir hatten die Brücke hinter uns gelassen. Anne schwenkte nach links, wir rasten über einen Mittelstreifen, verfehlten knapp ein Wohnmobil, das laut hupte, und nahmen die Ausfahrt bei einem großen Schild, auf dem >Presidential Apartments< stand. Vier verlassene Fahrspuren erstreckten sich vor uns, Quecksilberdampflampen erzeugten künstliches Tageslicht. Rote und grüne Blinklichter waren zu sehen, als der Helikopter nicht mehr als fünf Meter über unseren Köpfen dahinbrauste, kreiste und hundert Meter vor uns breitseits schwebte.
    Es war zu hell, zu übersichtlich, zu einfach. Die Straße war ein langer Schießstand und wir die kleinen Blechenten.
    Ich ließ Anne scharf links abbiegen. Die Reifen des DeSoto erzeugten ein gräßliches Geräusch auf dem Asphalt, dann griffen sie wieder und katapultierten uns auf eine schmale, ungekennzeichnete Zufahrtsstraße, die nicht breiter als eine Einfahrt war.
    Die Straße führte unter einer höher gelegenen Schnellstraße, die die Karte als Schuylkill Expressway auswies, in südöstliche Richtung. >Straße< war freilich zuviel gesagt. Es handelte sich um kaum mehr als einen ausgefahrenen Schotterweg. Betonpfeiler und Stützen blitzten im Licht der Scheinwerfer auf und sausten an den Fenstern vorbei. Annes Kleid und ihr Pullover waren schweißgetränkt, ihr Gesicht sehr seltsam anzusehen. Der Helikopter tauchte links von uns auf und flog über einem Bahngleis dahin, das parallel zur Schnellstraße verlief. Säulen rasten zwischen ihm und uns dahin und erhöhten den Eindruck von Geschwindigkeit nur noch. Unser alter Tachometer zeigte einhundert Stundenmeilen.
    Vor uns hörte der Schotterweg auf, ein Irrgarten von Autobahnauffahrten über uns ließ Hunderte Pfeiler, Dämme und Stützen emporwachsen, einen Wald aus Stahl und Beton.
    Wir fuhren polternd weitere fünfzig Meter in das Labyrinth, wo ich Anne neben einer Betoninsel halten, den Motor abstellen und das Licht ausmachen ließ.
    Ich schlug die Augen auf. Wir waren wie Mäuse, die in einer bizarren Kathedrale spazierengingen. Gewaltige Säulen erstreckten sich hier fünfzehn Meter bis zur Straße hinauf, dort fünfundzwanzig, und sogar noch höher bis zur Basis von drei Brücken, die sich über den dunklen Schuylkill River spannten. Es herrschte Schweigen, abgesehen vom fernen Summen des Verkehrs hoch droben und dem noch ferneren Rattern eines Zuges. Ich zählte bis dreihundert, dann wagte ich erst zu hoffen, daß uns der Helikopter verloren hatte und weitergeflogen war.
    Als das Dröhnen ertönte, war es ohrenbetäubend.
    Die teuflische Maschine schwebte zehn Meter unterhalb der höchsten Straßenüberführung, Rotorenlärm hallte von jeder Oberfläche wider, ein Suchscheinwerfer ging von ihm aus. Der Helikopter flog langsam, die Rotoren kamen nie in die Nähe von Säulen oder einer Rampe, der Rumpf kreiste wie der Kopf einer wachsamen Katze.
    Der Suchscheinwerfer fand uns schließlich und hielt uns mit seinem unbarmherzigen Gleißen fest. Da hatte ich Anne aber

Weitere Kostenlose Bücher