Kraft des Bösen
so quälend, daß er zappelte, um sich trat und so lange mit Metall auf Metall rasselte, bis er keuchend ins Kissen zurückfiel. Barent. Kepler. Sutter. Diese elenden Dreckskerle hatten ihn an einen sicheren Ort gebracht, wo er den Rest seines Lebens weiße Wände anglotzen und ins Bett pissen konnte.
Nein, die hätten ihn getötet und damit die Sache aus der Welt geschafft.
Dann erinnerte sich Harod an Pinks, die Jugendlichen, den Lieferwagen, die schwarze Puppe. Die war es gewesen. Was hatte Colben in Philadelphia über sie gesagt? Sie dachten, daß Willi sie und den Sheriff >benützt< hatte. Aber der Sheriff war tot - Harod war selbst dabeigewesen, als Kepler und Haines Vorkehrungen trafen, daß die Leiche auf einem Busbahnhof in Baltimore gefunden wurde, damit niemand den Sheriff mit dem Fiasko in Philadelphia in Verbindung brachte.
Wer >benützte< sie jetzt? Willi? Möglich. Vielleicht war er nicht mit der Nachricht zufrieden gewesen, die Kepler weitergegeben hatte. Aber warum dann das alles?
Harod beschloß, eine Weile nicht mehr nachzudenken. Es tat zu sehr weh. Er würde auf einen Besucher warten. Wenn die schwarze Puppe wieder hereinkam, und Willi oder wer auch immer übte keine eiserne Kontrolle aus, konnte sich jemand auf eine große Überraschung gefaßt machen.
Harod verspürte den entschiedenen Drang zu urinieren und hatte schon versucht, allen Ernstes zu schreien, als die Tür schließlich aufging.
Es war ein Mann. Dieser trug einen grünen Chirurgenkittel und eine schwarze Gesichtsmaske mit Spiegelbrille anstelle der Augen. Harod dachte an Keplers Brille, dann an den Serienmörder in den Walpurgisnacht-Filmen von ihm und Willi. Da hätte er fast auf der Stelle uriniert.
Es war nicht Willi. Das sah Harod sofort. Und er hatte auch nicht die richtige Größe und das ungefähre Alter von Tom Reynolds, Willis schwulem Handlanger mit den Würgerfingern. Einerlei. Willi hatte inzwischen Zeit gehabt, ganze Legionen neuer Niemande zu rekrutieren.
Harod versuchte, den Mann zu übernehmen. Er versuchte es. Aber im letzten Augenblick überkam ihn der alte Ekel - stärker als vorher die Kopfschmerzen und Übelkeit -, und er zog sich zurück, bevor er den Verstand des anderen Mannes berührte. Es wäre für Harod leichter und nicht so intim gewesen, einem anderen Mann den Anus zu lecken oder dessen Penis in den Mund zu nehmen. Allein beim bloßen Gedanken daran erschauerte er, und kalter Schweiß brach ihm aus.
»Wer sind Sie? Wo bin ich?« Harods Worte waren fast unverständlich, sie kamen aus einem Mund, der aus billigem Holz geschnitzt zu sein schien.
Der Mann kam zum Bett und sah auf Harod herunter. Dann griff er unter den Chirurgenkittel und zog eine automatische Pistole hervor. Er zielte auf Harods Stirn. »Tony«, sagte er mit einem schwachen Akzent, »ich werde jetzt bis fünf zählen und schießen. Wenn Sie etwas unternehmen wollen, sollten Sie es besser gleich unternehmen.«
Harod zerrte so heftig an den Handschellen, daß das Bett verrutschte.
»Eins ... zwei. drei ...«
Harod streckte die geistigen Fühler aus, aber dreißig Jahre Selbstkonditionierung verhinderten, daß er den Kontakt herstellte.
»... vier ...«:
Harod machte die Augen zu.
»... fünf.« Der Hahn senkte sich mit einem Klick.
Als Harod die Augen wieder aufschlug, stand der Mann bei der Tür und hatte die Waffe weggesteckt. »Brauchen Sie etwas?« fragte er mit seiner leisen, akzentuierten Stimme.
»Bettpfanne«, flüsterte Harod.
Die Gesichtsmaske nickte. »Die Schwester bringt eine.«
Harod wartete, bis die Tür geschlossen war, dann kniff er vor Konzentration die Augen zu. Die Schwester, dachte er. Lieber Gott, bitte gib, daß es eine altmodische Schwester mit Titten oben und einem Schlitz zwischen den Beinen ist.
Er wartete.
Die Schwester entpuppte sich als die schwarze Frau. Die aus Philadelphia. Die auf ihn geschossen und ihn hierher gebracht hatte.
Er erinnerte sich an ihren Namen. Natalie. Mit der hatte er noch ein Hühnchen zu rupfen.
Sie trug keine Gesichtsmaske, schien aber weiße Flecken an den Schläfen und Drähte im Haar zu haben. Sie trug eine Bettpfanne herein und brachte sie professionell an. Trat zurück und wartete.
Harod strich behutsam über ihren Verstand, während er sich erleichterte. Niemand >benützte< sie. Er konnte nicht glauben, daß sie so dumm waren - wer immer sie sein mochten. Vielleicht handelte es sich nur um diese dumme schwarze Kuh und ihren Komplizen. Colben hatte etwas
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