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Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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gesagt, daß die beiden hinter Melanie Fuller her gewesen wären. Sie wußten offenbar nicht, was er tun konnte.
    Harod wartete, bis sie die Bettpfanne genommen hatte und zur Tür gegangen war. Er mußte sicher sein, daß die Tür nicht verschlossen war. Es hätte bestens zu Willis Humor gepaßt, sie beide hier einzusperren - Harod jemanden zu geben, den er >benützen< konnte, ohne etwas damit anfangen zu können. Was waren bloß diese kleinen Sensoren in ihrem Haar? Harod hatte sie schon in Krankenhausfilmen gesehen, aber an Patienten, nicht Schwestern. Irgendwelche Sensoren.
    Sie machte die Tür auf.
    Er stürzte sich so brutal und schnell auf sie, daß sie die Bettflasche fallen ließ und den Urin an ihrem weißen Kittel hinunterschüttete. Scheißpech, dachte Harod, schickte sie zur Tür hinaus und sah durch ihre Augen. Hol die Schlüssel befahl er. Bring den anderen Wichser auf irgendeine Art und Weise um, hol die Schlüssel und laß mich hier raus.
    Er sah einen zwei Meter langen Flur, dann noch eine Tür. Die war abgeschlossen. Er warf Natalie dagegen, bis er spürte, wie sie sich die Schulter ausrenkte, und ließ sie an dem Holz kratzen. Es gab keinen Millimeter nach. Scheiße. Er holte sie in das Zimmer zurück. Nichts, das man als Waffe benützen konnte. Sie kam zum Bett und zog an den Handschellen. Wenn sie das Bett für ihn zerlegen, das Gestell abbauen könnte. Aber das ließ sich nicht schnell genug bewerkstelligen, solange Harod an Rahmen und Kopfteil zugleich gefesselt war. Er betrachtete sich selbst durch ihre Augen und sah schwarze Stoppeln auf seinen weißen Wangen, aufgerissene Augen, zerzaustes schwarzes Haar.
    Der Spiegel. Harod sah ihn an und wußte, es mußte sich um einen zum Durchschauen handeln. Er würde ihn Natalie mit den bloßen Händen einschlagen lassen, sollte es erforderlich sein. Wenn man nicht durch könnte, würde er sie die Glasscherben als Waffe benützen lassen, wenn der Wichser mit der Gesichtsmaske hereinkam. Wenn der Spiegel nicht zerbrach, würde er davon ausgehen, daß es sich doch um einen ganz normalen handelte, dann würde er sie ihr hübsches kleines Gesicht dagegenschlagen lassen, bis es nur noch aus Knochen bestand, die aus schwarzem Klumpatsch herausragten. Er würde denjenigen auf der anderen Seite eine tolle Vorstellung liefern. Dann, wenn sie hereinkamen, konnte sie ihnen mit den Fingernägeln und verbliebenen Zähnen die Kehlen zerfetzen, die Waffe nehmen, die Schlüssel holen ...
    Die Tür ging auf und der Mann mit der Gesichtsmaske kam herein. Natalie wirbelte herum und duckte sich zum Sprung. Ihr Fauchen klang etwa so, als sei im Zoo die Fütterungszeit längst überschritten worden.
    Der Mann mit der Gesichtsmaske schoß ihr mit der Pfeilpistole in der Hand in die Hüfte. Sie sprang mit ausgestreckten Klauen. Der Mann fing sie auf und ließ sie auf den Boden sinken. Er kniete einen Moment neben ihr, fühlte ihren Puls, zog ein Lid hoch und betrachtete ihre Pupille. Dann stand er auf und ging zu Harods Bett. Seine Stimme zitterte. »Sie Dreckskerl«, sagte er. Er drehte sich um und ging aus dem Zimmer.
    Als er zurückkam, füllte er eine Spritze aus einer Flasche, die er verkehrt herum hielt. Er drückte einige Tropfen heraus und drehte sich zu Harod um. »Das tut jetzt ein bißchen weh, Mr. Harod«, sagte er mit leiser, gepreßter Stimme.
    Harod versuchte, den linken Arm wegzuziehen, aber der Mann stieß ihm die Spritze durch das Nachthemd direkt in die Hüfte. Einen Augenblick verspürte er Taubheit, dann war Hirod, als hätte ihm jemand Scotch direkt in die Venen injiziert. Flammen breiteten sich von seinem Unterleib in die Brust aus. Er stöhnte, als die Wärme sein Herz füllte. »Was ... ist das?« flüsterte er, wohl wissend, daß der Mann mit der Gesichtsmaske ihn getötet hatte. Eine tödliche Injektion, wie die Regenbogenpresse immer schrieb. Harod war von jeher für die Todesstrafe gewesen. »Was ist es?«
    »Seien Sie still«, sagte der Mann und drehte ihm den Rücken zu, während Schwärze wirbelte und kreiste und Harod fortspülte wie Treibholz auf stürmischer See.

45. Kapitel
     
    In der Nähe von San Juan Capistrano: Freitag, den 24. April 1981
     
    Natalie erwachte aus dem Nebel der Betäubung und sah und spürte Saul, der ihr mit einem feuchten Tuch über die Stirn strich. Sie sah nach unten, erblickte die Gurte um Arme und Beine und fing an zu weinen.
    »Ruhig, ruhig«, sagte Saul. Er bückte sich und küßte zärtlich ihr Haar. »Alles

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