Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kraft des Bösen

Kraft des Bösen

Titel: Kraft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
als würde man einen fernen UHF - Sender auf einem billigen Schwarzweißfernseher sehen, während aus einem Radio im Nebenzimmer verzerrte Geräusche drangen. Dann zog ihm jemand eine Kapuze über das Gesicht.
    Was wenig änderte. Von Zeit zu Zeit bekam er mit, daß er leicht rollte, als befände er sich an Deck eines kleinen Boots, aber die Impulse des Tastsinns waren flüchtig und trügerisch und viel zu kompliziert, sie zuzuordnen.
    Leute trugen ihn. Glaubte er jedenfalls. Möglicherweise waren es seine eigenen Hände auf seinen Armen und Beinen. Nein, seine eigenen Hände waren irgendwo hinter ihm, mit einem Band aus Haut und Knorpel zusammengeschweißt, das aus dem Nichts gewachsen zu sein schien.
    Eine unbestimmte Zeitspanne lang befand sich Harod nirgendwo - war weder bei Bewußtsein noch bewußtlos -, schwebte irgendwo in seinem Innern in einer angenehmen Ursuppe falscher Empfindungen und wirrer Erinnerungen. Er bekam wie aus weiter Ferne mit, daß zwei Stimmen sprachen, eine davon seine eigene, aber die Unterhaltung - sofern es sich tatsächlich um eine handelte - langweilte ihn, so daß er bald wieder in die innere Dunkelheit zurückkehrte, so wie sich ein Taucher von seinem Gewicht und einer sanften Strömung tiefer in purpurfarbene Tiefen hinabziehen läßt.
    Tony Harod wußte, daß etwas ganz eindeutig nicht in Ordnung war, aber das machte ihm überhaupt nichts aus.
    Das Licht weckte ihn. Das Licht und die Schmerzen in den Handgelenken, und Schmerzen, bei denen er an Ridley Scotts Alien denken mußte, wo das Ding aus der Brust dieses armen Teufels geplatzt kommt. Was für ein Schauspieler war das? John Hurt. Warum, zum Teufel, schien ihm das Licht in die Augen, und warum taten seine Handgelenke weh, und was hatte er getrunken, das ihm den Schädel so von innen nach außen gekehrt hatte?
    Harod richtete sich auf - versuchte sich aufzurichten. Er versuchte es noch einmal und brüllte vor Schmerzen. Dieser Schrei schien den letzten Film zwischen ihm und der Welt zu zerreißen, und Harod lag da und schenkte Dingen Aufmerksamkeit, die ihm die ganze Zeit nicht wichtig erschienen waren.
    Er war mit Handschellen gefesselt. Lag mit Handschellen gefesselt auf einem Bett. Sein rechter Arm lag neben ihm auf einem Kissen, die Schelle um das rechte Handgelenk war mit dem schweren weißen Metall des Kopfteils verbunden. Sein linker Arm lag nach unten gerichtet an seiner Seite, aber die Handschelle dort war mit etwas Solidem unter der Kante der Matratze verbunden. Harod versuchte, den linken Arm zu heben; Metall klirrte auf Metall. Dann das Seitenteil des Bettes. Oder eine Leitung. Oder irgendwas. Er war noch nicht bereit, den Kopf zu bewegen und nachzusehen. Vielleicht später.
    Verdammt, mit wem war ich gestern nacht zusammen? Harod kannte einige Frauen, die verdammt auf Fesselspiele und S/M standen, aber er selbst schlüpfte prinzipiell niemals in die Maso-Rolle. Zuviel getrunken? Hat Vita mich endlich doch in ihre Folterkammer schleppen können? Er schlug die Augen auf und ließ sie offen, obwohl das Licht seinen Sehnerven weh tat.
    Ein weißes Zimmer. Weißes Bett - Laken, Messinggestell weiß gestrichen -, weiße Wände, ein kleiner Spiegel mit weißem Rahmen an der gegenüberliegenden Wand, eine Tür. Eine weiße Tür mit einem weißen Knauf. Eine einzige kahle Glühbirne - etwa zehn Millionen Watt, schätzte Harod anhand der Helligkeit -, die an einer weißen Schnur hing. Harod trug weiße Krankenhauskleidung. Er spürte den Schlitz im Rücken und auch, daß er darunter nackt war.
    Okay, nicht Vita. Ihre Folterkammer war in Samt und Naturstein gehalten. Wen kannte er, der auf Doktorspiele abfuhr? Niemanden.
    Harod klapperte mit den Handschellen und spürte rohes Fleisch, wo er sich die Handgelenke schon wundgescheuert hatte. Er beugte sich nach links und sah nach unten. Weißer Boden. Das linke Handgelenk war an den Bettrahmen aus weißem Metall gefesselt. Er sah keine Veranlassung, sich noch einmal zu bewegen, es sei denn, er hatte die Absicht, auf den blitzblanken weißen Boden zu kotzen. Erst mal darüber nachdenken.
    Harod entschwebte eine Zeitlang. Als ihm etwas später wieder bewußt wurde, wo er sich befand - dasselbe weiße Licht, dasselbe weiße Zimmer, die Kopfschmerzen etwas besser -, dachte er über Nervenheilanstalten nach. Hatte ihn jemand einweisen lassen, als er nicht aufgepaßt hatte?
    In Nervenheilanstalten fesseln sie die Leute nicht mit Handschellen ans Bett. Oder doch?
    Angst erfüllte ihn

Weitere Kostenlose Bücher